Kranenburg. Günter Steins hat einen Windpark im Reichswald noch nicht abgeschrieben. Unter den neuen Vorzeichen wünscht er sich eine neue Diskussion

Eigentlich ist das Thema schon längst „durch“. Nach der langen Diskussion über einen Windpark am Kartenspielerweg in Kranenburg in den Jahren 2016 und 2017 haben sowohl Politiker aus dem Kreis Kleve als auch auf Landesebenen entschieden, dass es keine Windvorrangflächen im Reichswald geben soll. Für Kranenburgs Bürgermeister Günter Steins war das damals eine Niederlage. Aber er hat das Projekt noch nicht abgeschrieben. Vor dem neuen Vorzeichen der Klimadebatte wünscht sich Steins eine neue Diskussion über Windkraft im Reichswald: „Die potenzielle Fläche ist da, die Gutachten sind da, die FNP-Beschlüsse sind da. Es müsste nur gehandelt werden“, sagt der Kranenburger Bürgermeister im NRZ-Gespräch.

Er ist sich sicher, dass man ohne einen Ausbau der Windkraft die angestrebten Klimaschutzziele in Deutschland nicht erreichen werde. Für die Zukunft sei nicht mit einer Abnahme des Strombedarfs zu rechnen, im Gegenteil. Seiner Meinung nach habe bei der Ablehnung des Windparkprojektes 2017 keine richtige Abwägung stattgefunden. Steins verweist auf die enormen Mengen CO2, die man durch die Windkraftanlagen hätte einsparen können. „Die Frage, was wichtiger ist – CO2-Einsparung oder der Erhalt des Landschaftsbildes – ist damals nicht richtig erörtert worden“, sagt er.

Für Steins haben sich die Rahmenbedingungen geändert

Der Kartenspielerweg in Kranenburg.
Der Kartenspielerweg in Kranenburg. © NRZ | Andreas Gebbink

„Die CO2-Einsparung hat für den Kreis Kleve gar keine Rolle gespielt.“ Mit der heutigen Klima-Debatte fragt er sich: „Inwieweit ist der Bau von Windkraftanlagen im Wald heute vertretbar? Kann ich eine Veränderung des Landschaftsbildes für 30 Jahre ertragen? Windenergie ist nur eine Brückentechnologie.“ Für Steins haben sich die Rahmenbedingungen erheblich verändert: Klimaschutz sei kein Gedöns mehr, sondern die heißen Sommer würden zeigen, dass der Klimawandel in Zukunft vermutlich noch extremer wird. Auf eine energiepolitische Planung des Kreises Kleve für die Region könne man lange warten: Der Kreis gehe dieses Thema nicht an.

Steins rechnet vor, dass allein der Windpark dafür sorgen würde, dass Kranenburg mit einem Schlag klimaneutral ist. 90.000 Tonnen CO2 würde man einsparen, seine Gemeinde emittiert insgesamt 69.000 Tonnen (Verkehr, Haushalte, Kommune, Wirtschaft). „Es müssen ja nicht zwölf Windräder sein, man könnte ja auch weniger aufstellen“, schlägt er vor.

Für die Bürgerinitiative „Gegenwind im Reichswald“ hat sich auch mit der neuen Klimadebatte nichts Grundlegendes geändert: „Es ist nach wie vor nicht sinnvoll, Windkraftanlagen in einem Wald zu platzieren“, sagt Sprecherin Katja Eis. „Eigentlich zeigt die Diskussion eher das Gegenteil: Es wäre sinnvoller, Wald aufzuforsten.“ Daher solle man überlegen, den Nadelwald in Mischwald zu verwandeln. Dies sei für den Klimaschutz besser.

Ohne den Ausbau der Windkraft sind Klimaziele nicht zu erreichen

Auf Steins’ Schreibtisch liegen unschöne Bilder vom Zerfall des Reichswalds: Abgestorbene Bäume sollen dokumentierten, dass der Borkenkäfer kräftig zuschlägt: „In ein paar Jahren sehen große Teile des Waldes so aus“, unkt Steins. Für ihn noch ein Argument, den Nadelwald am Kartenspielerweg für Windkraft zu nutzen.

Um das CO2-Problem anzugehen, hält er den Ausbau von Windkraftanlagen für den effektivsten Weg. Das Thema Aufforstung bringe vor Ort wenig: „Mit einem halben Hektar zusätzlichen Wald erreiche ich nicht viel.“ Wichtig seien hingegen die Gebäudesanierungen im Bestand. Hier ließe sich noch eine Menge machen. Auch beim Thema Verkehr müsse man neue Wege gehen: Carsharing, E-Hubs für Autos oder die weitere Umstellung auf Elektroautos. „Allerdings brauchen wir hierfür Strom“, sagt Steins.