Kalkar. Die Kalkarer Politik wird im Herbst noch einmal über das Kriegerdenkmal diskutieren. Fraktionsvorsitzende machen sich schon jetzt ihre Gedanken.
Was soll mit dem Kriegerdenkmal in Kalkar geschehen? Nach der spektakulären Sprühaktion vom Wochenende, für die der Klever Künstler Wilfried Porwol zumindest teilweise die Verantwortung übernahm (wir berichteten), drängt der schwierige Umgang mit dem Monument aus der NS-Zeit erneut auf die Tagesordnung der Kalkarer Politik.
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Der stellvertretende Bürgermeister und FBK-Chef Günter Pageler möchte im nächsten Kulturausschuss das Thema besprochen wissen: „Der Rat muss klar darüber entscheiden, was er will: Entweder das Mahnmal kommt weg oder wir entscheiden darüber, es zu halten. Nur dann müssen wir auch dafür Sorge tragen, dass es solchen Angriffen wie vom Wochenende standhält. Das kostet auch Geld“, so Pageler.
Grundsätzlich hält er die Aktion des Künstlers für Sachbeschädigung: „Das ist nicht der Weg, der zielführend ist. Das Eigentum aller sollte man nicht beschädigen. Die Kosten müssen jetzt wahrscheinlich die Bürger tragen“, so Pageler. Von einer Verlegung des Mahnmals hält er nichts: „Diese Leute werden es auch an anderer Stelle erneut beschädigen“, so der FBK-Vorsitzende.
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Kühnen: „Diese Aktion ist einfach strafbar. Punkt.“
Auch Lutz Kühnen (Forum) findet klare Worte: „Diese Aktion ist einfach strafbar. Punkt.“ Wenn man ernsthaft darüber diskutieren wolle, dann solle man die Ratsvertreter ansprechen. Gleichwohl sieht auch Kühnen, dass der Ratsbeschluss von 2016 noch nicht zufriedenstellend umgesetzt worden ist. Eine erläuternde Tafel mit Text und Bildern fehle noch, um dieses Mahnmal aus der Nazi-Zeit auch einordnen zu können.
Walter Schwaya (SPD) hält nichts davon, das Denkmal abzureißen oder zu verlegen – etwa zum Friedhof, wie es in der Vergangenheit schon einmal vorgeschlagen wurde. „Damit würde man das Problem nur verlagern“, meint er. Stattdessen solle das Monument mehr als Mahnmal betrachtet werden. „Anders als früher erinnert in Kalkar nicht mehr viel an den Krieg“, so Schwaya, der eine „etwas ausführlichere Darstellung“ des historischen Hintergrunds vor Ort als sinnvoll empfindet.
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Gulan fordert mehr Initiative der Schulen
Ähnlich positioniert sich Boris Gulan (FDP): „Wir müssen uns permanent mit der Geschichte auseinandersetzen, damit so etwas nicht noch einmal passiert. Umso wichtiger ist es, an die Zeit plastisch zu erinnern.“ Für die begleitende Erklärung gebe es allerdings „definitiv Verbesserungsmöglichkeiten“.
Gulan fordert auch von den Schulen eine direktere Auseinandersetzung im Unterricht. „Ich habe am Denk- und Mahnmal noch nie eine Klasse gesehen“, kritisiert er. Mit der „Kunstaktion“ hat der Liberale Probleme. „Wir haben zwar das Recht auf freie Meinungsäußerung, aber nicht das Recht, sich an den Dingen anderer zu vergreifen. Das Denkmal ist Allgemeingut und der Eigentümer vorher nicht gefragt worden. Diese Aktion hätte man anders gestalten können“, stellt Gulan fest.
Einigkeit im Kalkarer Rat
Ansgar Boßmann (CDU) fragt sich, wie man überhaupt mit diesem Mahnmal umgehen soll. Von dem Hitler-Zitat auf der Rückseite möchte er sich weit distanzieren: „Aber das sehen letztlich alle so im Rat.“ Er geht von einer erneuten Debatte im Kulturausschuss aus.
„Innerlich wenige Bezugspunkte“ hat Willibald Kunisch (Grüne) mit dem ehrenden Charakter des Ortes, den er vielmehr als „Mahnmal für die Leiden des Kriegs“ sieht. „Dort sollte allerdings schon längst eine Tafel stehen. Das ist überfällig. Wenn der Künstler mit seiner Aktion das provoziert, dann hat er Recht“, findet Kunisch.
>> KÖLNER HISTORIKER KRITISIERT KALKARER VERWALTUNG
Erste Pläne zur Errichtung eines Denkmals für die gefallenen Soldaten entstanden wenige Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, doch erst nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurden sie in die Tat umgesetzt. In einem Wettbewerb setzte sich der Entwurf „Treue um Treue“ von Bildhauer Heseding und Architekt Müller durch, der am 12. Juli 1936 im Beisein mehrerer Einheiten und Gliederungen der NSDAP eingeweiht wird. So berichtet es die Stadt Kalkar in den Erläuterungen auf ihrer Internetseite.
Der Historiker Dr. Hans Hesse wies die Verwaltung im Oktober 2014 darauf hin, dass die Inschrift auf der Rückseite des Denkmals auf einer Textstelle aus Adolf Hitlers „Mein Kampf“ basiert. In den Steinen in Kalkar steht geschrieben: „Mögen Jahrtausende vergehen man / wird nie von Heldentum reden kön- / nen ohne des deutschen Soldaten / im Weltkrieg zu gedenken.“
Er vermisst in dem Online-Erläuterungstext „völlig die Distanzierung der heutigen Stadtspitze von den Initiativen der damaligen Stadtspitze“. Der Kölner Historiker kritisiert, dass etwa eine Ächtung des Denkmals als Gedenkort für die Zukunft mitsamt Begründung sowie als Konsequenz ein neues Gedenkzeichen fehlten. Hesse bezeichnet Wilfried Porwols „nicht genehmigte Installation als temporäre künstlerische Intervention im öffentlichen Raum“.