Bedburg-Hau. Reinhard Kohls ist Arzt in Bedburg-Hau und Mitbegründer des Vereins „Herzenswunsch“. Er will seine Zeit mit Sinnvollem verbringen.

Was man als Kind oder Jugendlicher erlebt, prägt einen möglicherweise das Leben lang. Reinhold Kohls, Arzt in Bedburg-Hau und Mitbegründer des Vereins „Herzenswunsch Niederrhein“, kennt das aus eigener Erfahrung. Ihn haben zwei Sätze begleitet. Einer stammt von seinem Vater. Als Kohls überlegte, Medizin zu studieren, sagte sein Vater: „Probier’s doch mal. Wenn’s nicht hinhaut, ist es auch nicht so schlimm.“ Kohls: „Das hat mich so beeindruckt, dass ich es auch meinen vier Kindern weitergegeben habe.“

„Lass die Spatzen von den Dächern pfeifen, geh du deinen Weg.“

Den anderen Satz hat ihm sein Volksschullehrer ins Poesiealbum geschrieben: „Lass die Spatzen von den Dächern pfeifen, geh du deinen Weg.“Kohls hat den Ratschlag befolgt.

Als erster aus einem kleinen Dorf bei Paderborn machte er Abitur, und weil er mit der merkwürdigen Begründung, er sei allzu wissbegierig, von der Krankenpflegeschule abgelehnt wurde, wandte er sich der Sozialpädagogik zu. Beim Praktikum im Krankenhaus lernte er eine Patientin kennen, die einen offenen Bauch hatte und deshalb immer vom Bett in den Waschraum getragen werden musste. „Das eiterte, blutete, weshalb das niemand machen wollte.“ Er hatte Mitleid – und siehe da: Kohls, der bis dahin kein Blut sehen konnte, ohne dass ihm schlecht wurde, hatte auf einmal keine Probleme mehr damit.

Er hat die Medizin noch „ganzheitlich“ gelernt

So kam er an die Medizin. Wobei er Wert darauf legt, dass er die Medizin noch „ganzheitlich“ gelernt hat. „So etwas gibt es ja heute gar nicht mehr.“ Früh war er ein Freund der Naturheilkunde, bewunderte die Lehren von Pfarrer Kneipp, vertiefte sich in die alte chinesische Medizin, lernte Akupunktur und Homöopathie kennen. „Pharmareferenten haben es bei mir nicht leicht“, sagt er lachend. Ihm mache es Spaß, in der Szene als Quertreiber mitzumischen, fügt er hinzu.

Statt nur Symptome zu therapieren, sei ihm wichtig, Zeit für den ganzen Menschen zu haben, für Körper, Seele und Geist. Egal, was die Spatzen von den Dächern pfeifen.

Für Sterbende und Hinterbliebene Gutes tun

Dazu gehört auch ein Verein, den er zusammen mit Fritz Kup und Eckart Liwerski 2004 gründete. Ursprünglich ging es um würdevolle Sterbebegleitung. Daraus erwuchs 2004 „Herzenswunsch“.

Es geht einerseits darum, Sterbenden einen besonderen Wunsch zu erfüllen. Ein todkranker Junge, der beim FC Bayern auf der Tribüne hinter dem Trainer sitzt und mit Boateng sprechen kann. Eine Frau, die unverhofft Peter Maffay treffen kann, den großen Helden ihres Lebens – und der sich dann noch eine Stunde Zeit für sie nimmt. „Das sind Momente, die unheimliche Freude bereiten“, sagt Kohls.

Gemeinschaftsgefühl, gepaart mit Projekten

Andererseits ist es Ziel des Vereins, hinterbliebene Jugendliche zusammenzubringen. Um die kümmere sich nach wenigen Wochen ja sonst kaum noch jemand. Dabei müssten sie den Verlust eines Elternteils ja irgendwie verarbeiten. „Ein Achtzehnjähriger, der seine Mutter verloren hat, versteht sich sofort mit einem Dreizehnjährigen, der dasselbe Schicksal hat“, berichtet er. https://dcx.funkemedien.de/dcx/documents#/doc/doc72ywpezfa0xomoxr22hw

Gemeinschaftsgefühl, gepaart mit Projekten: Derzeit zieht eine Fotoausstellung durch die Kommunen. Aktuell arbeiten die Jugendlichen beim Theater Miniart an einem Theaterstück. „Sie sollen sich austoben und ihr Potenzial entdecken“, sagt Kohls. Er ist sicher: „Sie dürfen sich entfalten und werden es einmal weitergeben.“

Übrigens spricht auch Kohls selber so einen Satz aus, der das Zeug hat, jemanden durchs Leben zu begleiten: „Mach was Gutes aus der Zeit, die dir bleibt.“ Das ist sein Motto. Und er tut sein Bestes, um dem Anspruch gerecht zu werden.