Kalkar. Der Zentralrat der Kurden in Deutschland traf sich in Kalkar. Bei einer Diskussion mit Ratsvertretern ging es um das Thema Integration.
Vertreter der Grünen, SPD und CDU nebeneinander an einem Tisch – „unter Kurden vermisse ich so etwas“, sagte Osman Güden, Vorsitzender des Vereins der Eziden am unteren Niederrhein in Kalkar. Hier trafen sich am Samstag Vertreter kurdischer Vereine in Deutschland zur Mitgliederversammlung des Zentralrats der Kurden in Deutschland. Vorgeschaltet war eine Diskussion mit Vertretern des Rats der Stadt Kalkar sowie der Bürgermeisterin Britta Schulz.
Eine spannende Diskussion, die Einblicke in die vielfältigen Schwierigkeiten erlaubte, die gemeinhin unter den Begriff Integration fallen. „Wir wollen in die Mitte der Gesellschaft, nicht am Rand bleiben“, formulierte Kahraman Evsen, Präsident des Zentralrats der Kurden. Er beklagte, dass sich nicht einmal die jesidischen Gruppierungen in Deutschland auf eine gemeinsame Linie einigen können.
In vielen Ländern wird die kurdische Sprache unterdrückt
„Daher wollen wir als Zentralrat uns definieren über unsere Arbeit in der europäischen Diaspora.“ Hierzu zählt die Verlegung des Vereinssitzes von Frankfurt nach Düsseldorf. Denn in NRW arbeitet der Zentralrat mit verschiedenen Ministerien eng zusammen.
Unter den neu aufgenommenen Mitgliedern des Zentralrates befinden sich zum Beispiel ein Menschenrechtsverein und eine Schriftstellervereinigung. Hier zeigte sich ein Problem der Kurden: Kurdische Schriftsteller schreiben je nach Herkunft in Arabisch, Farsi oder Türkisch. In vielen Herkunftsländern wird die kurdische Sprache unterdrückt.
Kalkarer Verein der Eziden ist aus dem Zentralrat der Eziden ausgetreten
Aber auch in Deutschland führt manches, was der Staat gut meint, zu neuen Problemen. „Alle Integrationsbeauftragten haben türkische Wurzeln“, sagte Evsen. „Es kann doch nicht sein, dass es keine fähigen Kurden gibt.“ Trennt ausgerechnet eine Institution, die Integration fördern soll, diejenigen, für die sie existiert?
Noch weiter gingen die Überlegungen von Osman Güden. So ist der Kalkarer Verein der Eziden letztes Jahr aus dem Zentralrat der Eziden ausgetreten, weil dieser von Feinden der Kurden finanziert werde, etwa von schiitischen Bewegungen oder Staaten. „Wir wollen aber unabhängig bleiben“, so Güden. Darum die Zusammenarbeit mit anderen kurdischen, auch muslimischen Vereinen im Zentralrat der Kurden.
Britta Schulz: Zur Integration gehört die Gleichberechtigung von Mann und Frau
Für Bürgermeisterin Britta Schulz gehört zur Integration gerade die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die in der Satzung des Zentralrats steht. „Dann geht Integration auch schneller“, sagte sie. Wobei die Eziden in Kalkar schon gut integriert seien. Das betonte auch Ansgar Boßmann (CDU): „Über die Kinder in der Schule gelingt die Akzeptanz sehr unkompliziert.“
Heirat mit Andersgläubigen
Walter Schwaya (SPD) stellte fest: „Fragen wie die nach der Heirat Andersgläubiger werden sich auch für Sie irgendwann stellen.“ Willibald Kunisch (Grüne) erinnerte daran, dass es vor einigen Jahrzehnten noch polnische Parteien im Ruhrgebiet gegeben habe – heute längst vergessen.
Ganz praktische Probleme bei der Integration bemängelte Gülizar Güden: So sei der Verein der Eziden in Kalkar eine Art Ersatz-Stadtrat für viele Eziden, weil die Stadt ihnen oft nicht helfe. „Leider habe ich bei der Stadt Kalkar auch selber schlechte Erfahrungen gemacht“, sagte die Akademikerin, die in einer internationalen Beratungsagentur arbeitet. Vielleicht war das Treffen für die Ratsmitglieder daher auch ein Anstoß, konkrete Problemlagen zu verstehen.