Bedburg-Hau. . Dr. Brigitte Bohnsack ist neue Chefärztin in Bedburg-Hau im Bereich Sucht. Ambulante Hilfe wird ausgebaut, auch Spiel- und Esssucht therapiert.
Sie hat auf der Inneren gearbeitet, war im Rettungswagen unterwegs, hat ihren Facharzt in der Neurologie gemacht und Kinder bekommen. Nach fünfjähriger Familienpause kehrte Dr. Brigitte Bohnsack ins Arbeitsleben zurück und fand in der LVR-Klinik Viersen heraus, was der Schwerpunkt in ihrer Mediziner-Karriere werden sollte: die Abhängigkeitserkrankungen. Nach zehn Jahren als Leitende Oberärztin im Nachbarkreis wechselte Bohnsack nun nach Bedburg-Hau, um in der hiesigen Klinik Chefin zu werden. Chefärztin der Erwachsenen-Psychiatrie II, umgangssprachlich die Suchtabteilung.
Ihr liegt der Umgang mit Süchtigen
„Ich habe im Laufe der Jahre festgestellt, dass mir der Umgang mit Süchtigen liegt. Ich fühle mich bei der Arbeit mit diesen Patienten wohl, habe den Eindruck, akzeptiert zu werden, irgendwie gut anzukommen.“ Dabei sei sie ursprünglich durchaus eher „somatisch orientiert“ gewesen, kümmerte sich also um die körperlichen Erkrankungen. Was ihr vermutlich bei den Suchtkranken hilft, denn wer jahrelang legale oder illegale Rauschmittel konsumiert, hat in der Folge fast immer auch körperliche Probleme.
„Duale Abteilungsleitung“ in der Psychiatrie
Anita Tönnesen-Schlack, Ärztliche Direktorin an den Rheinischen Kliniken, ist froh darüber, dass die Vakanz in der Abteilung mit der Einstellung der neuen Kollegin beendet werden konnte. Prinzip in diesem Bereich der Psychiatrie ist eine „duale Abteilungsleitung“ – Hans-Jürgen Tübbing, der Pflegedienstleiter, ist da ein wichtiger Mann und kennt die Erwachsenen-Psychiatrie II seit vielen Jahren. Er und das übrige Mitarbeiterteam wollen es der neuen Chefin leicht machen, sich schnell einzuleben.
Ambulante Hilfe für Cannabis-Konsumenten ausbauen
Brigitte Bohnsack ist 57 Jahre alt, hat zwei studierende Kinder und einige Ideen für ihre neue Arbeitsstelle. So möchte sie das ambulante Hilfsangebot für junge Cannabis-Konsumenten ausbauen und auch den Menschen mit „Doppeldiagnosen“ helfen.
„Sucht geht oft mit Psychosen einher, Alkoholmissbrauch mit Depression“, weiß die Fachärztin. Drogenkranke haben es oft mit psychosomatischen Störungen zu tun. Ein weiteres Tätigkeitsfeld, das noch in der Entwicklung ist: die „nicht-stoffgebundene“ Abhängigkeiten wie Spiel-, Ess- oder Kaufsucht. Auch sie sollen künftig in Dr. Bohnsacks Abteilung therapiert werden.
Anschluss an ihre Familien nicht verlieren
Grundsätzlich werden auf der Erwachsenen-Psychiatrie II alle Menschen mit Suchterkrankungen behandelt, unabhängig vom Schweregrad. „Bei älteren Heroinkonsumenten geht es oft ,nur’ darum, ihr Leben zu erhalten, jüngeren Menschen versuchen wir zu helfen, den Anschluss an ihre Familien nicht zu verlieren oder nach einer Reha vielleicht zurück in den Arbeitsmarkt zu finden“, erklärt die Ärztin.
Patienten bleiben etwa 18 Tage, dann Langzeittherapie
Das sei jedoch immer ein weiter Weg, denn mit der Entgiftung ist es weder beim Alkohol, noch bei illegalen Substanzen getan. „Die Patienten bleiben im Durchschnitt 18 Tage bei uns. Wir haben 80 Betten und pro Jahr rund 1650 Fälle, die in der Abteilung behandelt werden. Etwa jeder Zehnte startet im Anschluss eine Langzeittherapie“, berichtet Pflegedienstleiter Tübbing. Das sind nicht allzu viele. „Mancher kommt zwei oder dreimal, bis er einsieht, dass er eine intensive Therapie braucht“, sagt die Chefärztin. Sie setzt auf eine Motivationstherapie.