Kreis Kleve. . „Untragbare Qualitätsprobleme“: Der VRR fordert von der Nordwestbahn schnelle Verbesserungen und Entschädigungen für Fahrgäste.

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hat die Nordwestbahn bei einem Krisengespräch am Montagabend wegen der „anhaltenden und für die Fahrgäste untragbaren Qualitätsprobleme“ abgemahnt. Gleichzeitig forderte der VRR von dem Eisenbahnunternehmen, das auch die Linie RE 10 zwischen Kleve und Düsseldorf betreibt, die Einbindung von externer Beratung und Entschädigungen für Fahrgäste. In den vergangenen Wochen und Monaten war es zu zahlreichen Ausfällen und Verspätungen von Zügen gekommen. Rund um den Jahreswechsel hatten Krankmeldungen von Lokführern die Probleme noch vergrößert.

Der VRR als Aufgabenträger im Schienenpersonenverkehr habe in den zurückliegenden Wochen massiv und kontinuierlich auf das Unternehmen eingewirkt und die kurzfristige Erstellung und Umsetzung eines Notfallplans eingefordert. „Die Nordwestbahn konnte die Betriebsstabilität und damit die Betriebsqualität allerdings nicht verbessern“, stellt der VRR in einer mit deutlichen Worten formulierten Pressemitteilung fest. „Der Personalmangel verschärfte die Situation seit Dezember 2018 zusätzlich. Auch der unzureichend eingerichtete Schienenersatzverkehr mit Bussen konnte keinen adäquaten Ersatz bieten. Zudem wurden die Fahrgäste nicht ausreichend über Ausfälle informiert.“

Externer Berater soll helfen

Rund um den Jahreswechsel fielen einige Verbindungen der Linie RE 10 der Nordwestbahn aus.
Rund um den Jahreswechsel fielen einige Verbindungen der Linie RE 10 der Nordwestbahn aus. © Klaus Schürmanns

Mit der Abmahnung sei das Management der Nordwestbahn aufgefordert worden, einen neutralen, externen Berater zu beauftragen. Dieser solle dabei unterstützen, betriebliche Schwachstellen zu identifizieren und Maßnahmen zu finden, mit denen schnellstmöglich Verbesserungen erzielt werden können, so der VRR. „Der Ball liegt im Feld der Nordwestbahn“, stellte VRR-Pressesprecherin Sabine Tkatzik klar.

„Mit Blick auf die andauernde schlechte Qualität und eine desaströse Betriebsstabilität der Nordwestbahn mit massiven Auswirkungen für unsere Fahrgäste war die Abmahnung gegen das Unternehmen der logische erste Schritt“, sagte VRR-Vorstandssprecher Ronald R.F. Lünser. „Darüber hinaus werden wir weitere Sanktionen prüfen und regelmäßige Gespräche mit der Geschäftsführung der Nordwestbahn führen, um nachzuvollziehen, wie wirkungsvoll die Maßnahmen des Managements zur Verbesserung der betrieblichen Stabilität und Qualität sind.“

Nordwestbahn kündigt verbesserte Information an

Rolf Erfurt, Geschäftsführer der Nordwestbahn, reagierte auf den Schritt des VRR: „Wir nehmen die Abmahnung sehr ernst. Wir sind mit unserer Leistung in jüngster Zeit nicht zufrieden und bedauern, dass wir unseren Kunden leider keinen verlässlichen Service bieten konnten, trotz des hohen Einsatzes zahlreicher Mitarbeiter, die zusätzliche Dienste übernommen haben. Die Verärgerung der Fahrgäste können wir selbstverständlich nachvollziehen.“

Die Nordwestbahn sei dabei, mit höchster Priorität Sofortmaßnahmen einzuleiten, um die Situation für die Fahrgäste schnellstmöglich zu verbessern. Unter anderem sollen die Kunden künftig schneller und zuverlässiger über Störungen informiert werden. „Die automatische Fahrgastinformation wird in den nächsten Tagen aktiviert“, kündigte Steffen Högemann, Pressesprecher der Nordwestbahn, an.

VRR fordert „angemessene Entschädigung“

Er betonte, dass es in der Verantwortung, aber auch im eigenen Interesse des Unternehmens liege, einen Schienenersatzverkehr einzusetzen. „Wir haben uns darum bemüht, häufig aber auf kurzfristige Anfragen bei Busunternehmen Absagen erhalten“, so Högemann.

Nach Ansicht des VRR resultieren die Ausfälle aus dem Personalmangel und Koordinierungsmängeln bei Werkstattleistungen in Verbindung mit dem laufenden Betrieb. „Diese nicht akzeptable Leistungsqualität des Unternehmens spiegelt sich auch in massiven Fahrgastbeschwerden wider. Der VRR fordert die Nordwestbahn auf, den betroffenen Fahrgästen eine angemessene Entschädigung zu zahlen“, heißt es in der Pressemitteilung. Gleichzeitig belege der VRR die Nordwestbahn für jede einzelne nicht vertragsgerecht erbrachte Zugfahrt weiterhin mit Sanktionen, die „für das Unternehmen empfindliche finanzielle Einbußen bedeuten“.

>> POLITIK: AUCH DIE MARODE INFRASTRUKTUR ANPACKEN

Stephan Haupt, FDP-Landtagsabgeordneter aus Bedburg-Hau.
Stephan Haupt, FDP-Landtagsabgeordneter aus Bedburg-Hau. © Stephan Haupt

Stephan Haupt, FDP-Landtagsabgeordneter aus Bedburg-Hau, bezeichnete die Abmahnung als „folgerichtig“. Anfangs habe er den Eindruck gehabt, dass die Nordwestbahn ihre Leistungen nicht erbringen wolle. „Mittlerweile habe ich das Gefühl, sie ist nicht fähig. Es scheint strukturelle Probleme bei der Nordwestbahn zu geben“, so Haupt. Dass der VRR nun empfehle, einen externen Berater hinzuzuziehen, sei ein Offenbarungseid.

Haupt nannte es eine „Selbstverständlichkeit“, den Fahrgästen eine angemessene Entschädigung zu zahlen. „Dies sind wir den Menschen schuldig, die teils stundenlang im Freien auf die Züge warten. Sie bezahlen für Leistungen, die schlicht nicht erbracht werden.“

Haupt blickt auf neue Ausschreibung

Günther Bergmann, Landtagsabgeordneter der CDU aus dem Kreis Kleve.
Günther Bergmann, Landtagsabgeordneter der CDU aus dem Kreis Kleve. © Günther Bergmann

Der FDP-Politiker betonte erneut, dass er eine Beteiligung der Nordwestbahn an einer neuen Ausschreibung kritisch sehe. „Ich glaube, dass die Fahrgäste nach der Schlechtleistung dafür wenig Verständnis hätten.“ Gleichzeitig müsse jedoch die marode Infrastruktur auf der Strecke zwischen Kleve und Düsseldorf verbessert werden, die für 60 bis 70 Prozent der Verspätungen verantwortlich sei, forderte Haupt.

Dies unterstrich auch Günther Bergmann. „Ich finde gut, dass der VRR jetzt aktiv geworden ist. Aber wir dürfen die zweite Seite der Medaille nicht vergessen: Die Infrastruktur muss von der DB Netz angepackt werden“, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete.