Kreis Kleve. . In der Klever Hochschule wurde kontrovers über den Wolf diskutiert. Amtliche Zahlen belegen, Wölfe fressen Schafe oder Ziegen so gut wie nicht.

Er ist ganz gewiss kein Schmusetier, aber ist der Wolf gleich ein „Killer“? Eine Bestie, die elf Rehe tötet, um anderthalb Kilo Fleisch zu fressen? Ein Jäger im Rudel, der rastlos auf der Suche nach Beute ist und den Tierhaltern großen Schaden zufügt? Die Schäfer aus dem Kreis Kleve erzählten auf einer Informationsveranstaltung des Naturschutzbundes (Nabu) in der Hochschule Rhein-Waal einige Schauergeschichten. „Der Wolf ist ein großes Raubtier. Das größte Raubtier, das wir haben. Und wir als Landbevölkerung müssen dafür herhalten, dass die feinen Herren in Düsseldorf den Naturschutz nach NRW holen wollen. Ich möchte mal sehen, welche Panik ausbricht, wenn der erste Wolf durch Essen oder Duisburg läuft“, sagte ein verärgerter Schäfer während einer Informationsveranstaltung in der Hochschule Rhein-Waal.

Große Vorbehalte

Der Wolf und was er frisst Grafik NRZ Wesel.JPG

Die Schäfer im Kreis Kleve haben Angst. Wenn das Tier sich am Niederrhein dauerhaft niederlässt, „dann werden ganz viele ihren Betrieb einstellen müssen“, sagte Hans-Josef Geurtz, Vorsitzender des Vereins für Schafhalter im Kreis Kleve. Denn gerade in der Grenzregion gebe es viele Halter mit einer kleinen Herde, die könnten sich teure Schutzhunde und entsprechende Zäune nicht leisten. Auch Versicherungsfragen seien nach wie vor ungeklärt: „Wenn ein Wolf meine Herde hetzt und diese bei einem Nachbarn Schaden anrichtet, dann bekomme ich zwar Geld von meiner Tierhalterhaftpflicht, aber der Nachbar erhält nichts. Das ist dann höhere Gewalt“, sagte Hans-Josef Geurtz, der 490 Schafhalter im Kreis Kleve vertritt.

Die Ängste vor dem Wolf sitzen tief. Da konnte Karlheinz Pompe, Wolfsberater des Naturschutzbundes, auch mit guten Sachargumenten die Bedenken nicht nehmen. Pompe erklärte, dass es in Deutschland mittlerweile 206 ausgewachsene Wölfe gebe. Verglichen mit anderen europäischen Ländern ist das wenig. So gibt es in Italien 800 Tiere, in Norwegen/Schweden 250, im ehemaligen Jugoslawien 4000, in Spanien 2500, in den Alpen 200, in den Karpaten 3000 und in Russland 2500.

500.000 Euro Schaden in Niedersachsen

In NRW gibt es jetzt ein Wolfsgebiet rund um Schermbeck und im Kreis Kleve wurde bislang sechs Mal ein gechipter Wolf auf Durchreise nachgewiesen. Umfangreiche Untersuchungen von Losungen belegen, dass ein Wolf pro Mahlzeit drei bis vier Kilogramm Fleisch zu sich nimmt und er alle drei bis vier Tage frisst. Der Wolfskot belegt, dass er zu 52,1 Prozent Rehe verspeist hat, aber nur zu 0,8 Prozent Nutztiere wie Schafe oder Ziegen.

Die Kosten, die ein Wolf verursache, seien gering, so Pompe. Das Land Niedersachsen, in dem elf Wölfe leben, hat im vergangenen Jahr 500 000 Euro Entschädigungen an Schafhalter bezahlt: „Das ist im Vergleich zum restlichen Landeshaushalt nichts“, so Wolfsexperte Pompe.

Schäfer haben Angst um ihre Herden.
Schäfer haben Angst um ihre Herden. © NRZ

Im Kreis Kleve wurde zu Beginn des Jahres die Wölfin Naya nachgewiesen, die heute in Belgien lebt (wir berichteten). Naya kam über die Niederlande nach Emmerich, hat dann über die Rheinbrücke den Rhein überquert, lief in einem Bogen über Weeze in die Niederlande. Wolfsexperte Karlheinz Pompe sagte, dass Wölfe aus den benachbarten Niederlanden nicht in die deutsche Statistik aufgenommen werden. Allerdings gibt es auch einen Wolf, der sich wohl dauerhaft in der Veluwe aufhält.

Für die Schäfer im Kreis Kleve ein Problem: „Für uns ist der Wolf aus der Veluwe eher ein Problem als der aus Schermbeck“, sagte ein Schafhalter. Für Wolfsgebiete auf der anderen Seite der Grenze gebe es keine weiteren Schutzmaßnahmen in Deutschland. Auch hier wünsche man sich eine schnelle Regelung: „Bislang denken deutsche Behörden aber nicht grenzüberschreitend.“ Die anwesenden Schäfer sehen vielmehr ihren Berufsstand gefährdet.

Nabu-Experte Pompe warnte vor Hysterie. Auch in anderen Ländern gebe es Wölfe, nur in Deutschland habe man verlernt, damit umzugehen: „Wir unterschreiben alle drei Tage eine Petition für Tiere in Afrika, aber kommen selbst mit dem Wolf nicht klar. Das erschließt sich mir nicht“, so Pompe.

Eine Dame aus dem Publikum sah es ähnlich: „Der Mensch nimmt der Natur immer mehr Lebensraum. Wir müssen die Probleme einfach vernünftig regeln.“

INFORMATIONEN

Ein Wolf legt täglich mindestens einen Marathon zurück, er schafft aber auch bis 75 Kilometer. Im Gegensatz zu Haushunden läuft er mit einem hängenden Schwanz und bewegt sich direkt zwischen A und B. Ein Wolf schnüffelt nicht umher.

Für die Statistik werden nur die erwachsenen Tiere gezählt. Jedes Paar bekommt bis zu acht Welpen.