Kleve. Ein Gutachten zum Tod von Amad A. in der JVA Kleve stellt bisherige Angaben der Behörden infrage. Hätten JVA-Mitarbeiter den Syrer retten können?
Nach dem Tod des unschuldig inhaftierten Syrers Amad A., der bei einem Brand in der JVA Kleve ums Leben kam, wirft ein Gutachten Zweifel an der offiziellen Darstellung des Geschehens auf. Experten stellen darin infrage, dass A. erst nach 15 Minuten den Notruf betätigt haben soll.
"So wie der Brand von der Staatsanwaltschaft beschrieben wurde, ist er nicht möglich", sagte Korbinian Pasedag vom Institut für Brand- und Löschforschung in Dippoldiswalde dem ARD-Magazin Monitor. Das Institut hat das Gutachten im Auftrag von Monitor erstellt.
Nach 15 Minuten in brennender Zelle noch handlungsfähig?
Das nordrhein-westfälische Justizministerium und die Staatsanwaltschaft Kleve gehen bislang davon aus, dass der Brand etwa 15 Minuten bei geschlossenem Fenster eingewirkt habe, ohne dass sich der Syrer bemerkbar gemacht habe. Erst danach soll Amad A. die Rufanlage betätigt und das Fenster seiner Zelle geöffnet haben.
Nach Einschätzung des Inistituts für Brand- und Löschforschung wäre A. jedoch wegen des dichten Rauches und der giftigen Gase nach 15 Minuten nicht mehr in der Lage gewesen, den Notruf zu betätigen.
Der von der Staatsanwaltschaft beschriebene Brandverlauf wäre demnach nur bei ausreichender Luftzufuhr möglich gewesen, zum Beispiel durch ein geöffnetes Fenster, heißt es in dem unabhängigen Gutachten weiter. Gleichzeitig hätte Amad A. durch die Verbrennungen starke Schmerzen erlitten, sodass man in der JVA Schreie gehört hätte.
Behörden prüfen Verhalten der JVA-Mitarbeiter
Wann Amad A. das Fenster geöffnet oder auf sich aufmerksam gemacht hat, ist wichtig für die Beurteilung des Handelns der JVA-Bediensteten. Konkret geht es darum, ob sie den Brand früher hätten bemerken und A. retten können. Das prüfen Ministerium und Staatsanwaltschaft auch im Hinblick auf ein möglicherweise strafrechtlich relevantes Verhalten der Mitarbeiter.
Die Staatsanwaltschaft teilte mit, die Frage, ob, wie und wann Amad A. sich während des Brandgeschehens bemerkbar gemacht hat, sei Gegenstand der Ermittlungen. Das Justizministerium NRW wollte zu den Widersprüchen keine Stellung nehmen.
Monitor zeigt zu dem Thema einen Beitrag in der Sendung am Donnerstag (21:45 Uhr). (red)