Kreis Kleve. . CDU-Bundestagsabgeordneter Stefan Rouenhoff spricht über die Bahnlinie nach Düsseldorf, die Schleuse Brienen und den Streit in der Union.

Der Berliner Politikbetrieb hat sich in die Sommerpause verabschiedet. Die parlamentarische Unterbrechung gibt Stefan Rouenhoff, CDU-Bundestagsabgeordneter für den Kreis Kleve, Zeit für Termine im Wahlkreis, ein paar Tage Urlaub und ein Gespräch mit der NRZ über aktuelle Kreisthemen – von der Zukunft der Bahnlinien über den Ärztemangel bis zum Mobilfunk.

Herr Rouenhoff, gemeinsam mit Stephan Haupt führten Sie in der vergangenen Woche ein Gespräch mit Martin Husmann, dem Vorstandssprecher des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR), das für Aufsehen gesorgt hat. Der VRR möchte unter anderem zwischen Geldern und Düsseldorf ab 2025 eine zusätzliche Zuglinie einführen und einen zweigleisigen Ausbau in Abschnitten zwischen Kleve und Geldern prüfen. Muss angesichts der großen Probleme auf der Strecke nicht früher etwas passieren?

Für Verbesserungen auf der Bahnlinie Kleve-Düsseldorf soll der politische Druck aufrecht erhalten werden.
Für Verbesserungen auf der Bahnlinie Kleve-Düsseldorf soll der politische Druck aufrecht erhalten werden. © Andreas Gebbink

Die Situation muss sich für die Fahrgäste, also für Berufspendler, Schüler, Studierende und Passagiere des Flughafens Weeze, tatsächlich deutlich verbessern. Dies ist durch ein parteiübergreifendes Schreiben mittlerweile bei allen Beteiligten angekommen. Und es muss auch kurzfristig etwas passieren. Das haben meine Landtagskollegen Margret Voßeler und Dr. Günther Bergmann jüngst unterstrichen. Und das sehe ich genauso. Es müssen dicke Bretter für Verbesserungen auf der Strecke gebohrt werden. Da sitzt nicht nur der VRR mit im Boot. Wir werden hier den politischen Druck weiter aufrecht erhalten.

Kleve-Nimwegen nicht aus dem Blick verlieren

Mit Barbara Hendricks, Ihrer Klever SPD-Bundestagskollegin, schienen Sie in dieser Frage zuletzt nicht immer einig.

Sicherlich gibt es an der ein oder anderen Stelle unterschiedliche Ansatzpunkte. Aber unser gemeinsames Ziel sollte es sein, für den Kreis Kleve etwas zu erreichen. Die Öffentlichkeit möchte stärker sehen, dass unabhängig von der parteipolitischen Farbe bei Kreisthemen an einem Strang gezogen wird.

Auch eine mögliche Reaktivierung der Verbindung von Kleve nach Nimwegen beschäftigt die Politik. Glauben Sie, dass statt Draisinen in absehbarer Zeit wieder Züge auf dem Gleis fahren?

Ich halte einen intensiveren deutsch-niederländischen Austausch in der Frage für wichtig und richtig. Wenn wir von einem Zusammenwachsen Europas sprechen, dann dürfen wir gerade auch eine Linie wie Kleve-Nimwegen nicht aus dem Blick verlieren. Auch Landrat Wolfgang Spreen ist mit einem Runden Tisch an der Sache dran. Wir sollten gemeinsam alles daran setzen, dass der Weg für eine Wiederbelebung offen bleibt. Dafür müssen sich zunächst die Anrainerkommunen darauf verständigen, dass sie dieses Projekt weiter am Leben halten wollen. Danach geht es um die planungsrechtlichen Herausforderungen, eine Kosten-Nutzen-Abwägung und schließlich die Finanzierung. Wir reden hier allerdings von längeren Zeiträumen, sicherlich nicht nur von drei oder fünf Jahren.

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Sehr bald schon muss dagegen eine endgültige Entscheidung zur Schleuse Brienen fallen. Die Stadt Kleve fordert Zugeständnisse vom Bund.

Das Bundesverkehrsministerium hat sich eindeutig positioniert, dass eine Finanzierung für eine Sanierung oder einen Neubau nur 50-prozentig gewährt wird. Dennoch ist nicht aller Tage Abend. Auch wenn es in der verbleibenden Zeit sehr schwer wird, werde ich gemeinsam mit meinem Landtagskollegen Dr. Günther Bergmann nichts unversucht lassen, um nach Töpfen des Bundes oder Landes zu suchen, aus denen die Schleuse mitfinanziert werden kann.

Ärztenetz zum Informationsaustausch schaffen

Neben den drängenden infrastrukturellen Fragen ist der Ärztemangel im Kreis Kleve ein großes Thema. Wie können mehr Mediziner den Weg aufs Land finden?

Die heutige Bedarfsplanung für Haus- und Fachärzte spiegelt den tatsächlichen Bedarf in der Realität nur unzureichend wider. Diese Erkenntnis setzt sich zunehmend durch, wie ich in einigen Gesprächen unter anderem mit Vertretern von Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein vernommen habe. Es gibt Abgeordnete im Bundestag, die die Bedarfsplanung nicht beim Bund, sondern auf regionaler Ebene sehen möchten, weil die Regionen am besten über die Versorgungssituation vor Ort Bescheid wissen. Das ist eine Überlegung, die man anstellen sollte. Eine andere Option ist es, neue Bedarfskennzahlen zu entwickeln. Ob eine solche Veränderung dann aber tatsächlich auch eine Verbesserung der Versorgung herbeiführen würde, steht auf einem anderen Blatt. Sollte dieser Weg eingeschlagen werden, so müssten die Verantwortlichen hierfür Sorge tragen.

Welche Maßnahmen halten Sie darüber hinaus für sinnvoll?

Bei den Hausärzten verzeichnet der Kreis Kleve eine deutliche Überalterung, aber nicht nur hier. Es werden in den nächsten Jahren einige Ärzte altersbedingt aus dem Dienst ausscheiden. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein beabsichtigt, Mittel aus dem neuen Strukturfonds auch für den Kreis Kleve bereitzustellen. Hiermit könnten etwa Neuniederlassungen erleichtert, Zuschüsse zur Vergütung oder die Vergabe von Arzt-Stipendien gefördert werden. Auch Praxisbörsentage für junge, eine Niederlassung anstrebende Ärzte könnten – statt wie bisher in großen Städten wie Düsseldorf, Köln und Bonn – im ländlichen Raum durchgeführt werden, also da, wo Ärzte dringend benötigt werden. In der Region Nordrhein bietet sich der Kreis Kleve an. So finden junge Ärzte auch den Weg zu uns.

Dr. Wolfgang Brüninghaus kämpft gegen den Ärztemangel im Kreis Kleve.
Dr. Wolfgang Brüninghaus kämpft gegen den Ärztemangel im Kreis Kleve. © NRZ

Ein weiterer Baustein kann die Schaffung eines Ärztenetzes sein, in dem Mediziner mit entsprechender Zustimmung Patienteninformationen schneller und effizienter austauschen. So bleibt den Ärzten mehr Zeit für Diagnose und Behandlung. Versuche, ein solches Ärztenetz im Kreis Kleve zu schaffen, verlaufen bislang jedoch sehr schleppend. Und auch der Idee von Dr. Wolfgang Brüninghaus und anderen Medizinern, in unterversorgten Regionen die Praxen für mehr Patienten zu öffnen, kann ich einiges abgewinnen. Ich habe Bundesgesundheitsminister Jens Spahn diesen Punkt gerade erst in einem Brief vorgetragen.

Kampf gegen die Funklöcher

Gemeinsam mit weiteren niederrheinischen Abgeordneten versuchen Sie, den neuen Mobilfunkstandard 5G frühzeitig in die Region zu bringen. Gibt es etwas Neues zur Bewerbung als Testregion?

Wir haben unseren Hut in den Ring geworfen, doch noch ist keine Entscheidung gefallen. Wir werden nach der Sommerpause das Gespräch mit dem Bundesverkehrsministerium suchen, um erneut aufzuzeigen, warum der ländliche Raum für 5G prädestiniert ist. In den Bereichen ÖPNV /autonomes Fahren, medizinische Versorgung und Landwirtschaft kann die Digitalisierung die Attraktivität des ländlichen Raums enorm steigern.

Werden die Funklöcher im Kreis Kleve dann auch kleiner?

Das eine ist 5G, das andere sind weiße Flecken beim Telefonieren und Surfen im Internet. Wegen der vielen Funklöcher in unserer Region habe ich vor einiger Zeit die Bundesnetzagentur schriftlich kontaktiert und mich zudem mit dem Vizepräsidenten der Bundesnetzagentur, Dr. Wilhelm Eschweiler, in Bonn getroffen. Mittlerweile habe ich zu der verbesserungswürdigen Versorgungslage auch Gespräche mit zwei der drei Funknetzbetreibern geführt. Bis Ende 2018 will Teléfonica Deutschland nun 61 ihrer Mobilfunk-Basisstationen im Kreis auf LTE umrüsten. Auch Vodafone hat im Gespräch mit mir angekündigt, noch in diesem Jahr mehrere neue Antennen-Standorte errichten zu wollen. Ein Gespräch mit der Deutschen Telekom steht noch aus. Fest steht jedoch schon jetzt: Es kommt Bewegung in die Sache.

Herr Rouenhoff, vor rund zehn Monaten wurden Sie in den Bundestag gewählt. Wie fällt Ihre Zwischenbilanz aus?

Mir macht die Tätigkeit unglaubliche Freude, weil man mit Einsatz etwas bewegen kann. Das, was ich erwartet habe, ist auch auf mich zugekommen. Dazu gehört, dass das ständige Pendeln zwischen Berlin und dem Wahlkreis fordernd ist. Dies erschwert, dass sich ein wirklicher Lebensmittelpunkt entwickelt. Das soll mich jedoch nicht von meiner Arbeit abhalten.

Rouenhoff: „Die AfD betreibt Hetze“

Sie sind in sehr turbulenten Zeiten als Neuling ins Parlament gekommen. Zuletzt drohte sogar ein Auseinanderbrechen der Union. Glauben Sie, dass der Konflikt wirklich beigelegt ist?

Die Form des Unionsstreits zwischen Angela Merkels CDU und Horst Seehofers CSU bedauert Stefan Rouenhoff.
Die Form des Unionsstreits zwischen Angela Merkels CDU und Horst Seehofers CSU bedauert Stefan Rouenhoff. © dpa/Bernd von Jutrczenka

Ich persönlich bedauere, wie innerhalb der Union die Diskussion um die Flüchtlingspolitik geführt wurde. Ich hoffe zugleich, dass die Auseinandersetzung allen Beteiligten sehr deutlich vor Augen geführt hat, welche Verantwortung wir als Union für die Stabilität unseres Landes tragen. Dieser Verantwortung müssen wir wieder gerecht werden, weil auf der Agenda viele andere Themen stehen, die mindestens genauso wichtig sind.

Wie erleben Sie die AfD in der parlamentarischen Arbeit?

Der Einzug der AfD in den Bundestag hat die politische Landschaft und die politische Auseinandersetzung in der Sache deutlich verändert. Ich möchte nicht bestreiten, dass wir in der Flüchtlingspolitik vor Herausforderungen stehen, für die wir noch nicht die abschließenden, passenden Antworten haben. Nachjustierungen sind notwendig. Die AfD jedoch vergiftet das politische Klima in Deutschland, weil sie einen Keil zwischen die Menschen treibt.

Woran machen Sie das fest?

Die AfD betreibt Hetze. Worte haben eine unglaubliche Macht. Wenn man nicht vorsichtig mit ihnen umgeht, dann schafft man ein ganz gefährliches Klima und einen Nährboden für Ausgrenzung und Intoleranz. Wir als Christdemokraten und auch alle anderen demokratischen Parteien müssen dafür Sorge tragen, dass wir uns davon abgrenzen. Wir dürfen nicht in diese Falle tappen, die unser demokratisches System ins Wanken bringt.