Kleve / Kamp-Lintfort. . Rücktritt vom Rücktritt. Doch es gibt andere personelle Änderungen an der Hochschule Rhein-Waal in Kleve und Kamp-Lintfort.

Dr. Heide Naderer bleibt Präsidentin der Hochschule Rhein-Waal. Sie zog ihr Rücktrittsangebot offiziell mit sofortiger Wirkung zurück. Davon setzte sie gestern die Hochschule und deren Gremien in Kenntnis.

Wie berichtet, hatte es im Frühjahr anonym Kritik von Hochschulprofessoren gegeben, die „nicht sachlich zu erfassen“ war. Angeblich gab es Intrigen um Stellenplan und Forschungsgelder. In einer öffentlichen Senatssitzung erhielt Naderer dann zwar großen Rückhalt der entsetzten Kollegen und ausdrücklich der Studentenvertretung, bot aber ihren Rücktritt an (wie berichtet).

Ausschlaggebend für den Rücktritt vom Rücktritt waren nun aktuelle Diskussionen und Unsicherheiten über die weitere Entwicklung der Hochschule. Es sei an vielen Stellen innerhalb der Hochschule der Wunsch nach personeller Kontinuität an der Spitze geäußert worden, so Hochschul-Sprecherin Gabriele Stegers.

Reichlich Ermutigung erfahren

Dr. Heide Naderer sagt. „Als Präsidentin der Hochschule habe ich in den vergangenen Wochen reichlich Ermutigung erfahren, die weitere Hochschulentwicklung gemeinsam mit allen Hochschulangehörigen anzugehen. An dieser Stelle möchte ich mich sehr herzlich für die erfahrene Bestärkung in meiner weiteren Amtsführung bedanken“, erläutert Dr. Naderer.

Gleichzeitig kündigte Dr. Naderer eine Neuaufstellung des fünfköpfigen Präsidiums an. Ziel sei, die Vielfalt der Kompetenzen und Meinungen an der Hochschule in dem Gremium adäquat abzubilden. Dies sei in der derzeitigen Zusammensetzung des Präsidiums so nicht möglich. Zudem trat vorige Woche Professor Dr. Georg Hauck vom Amt des Vizepräsidenten für Personal- und Organisationsentwicklung zurück. Eine personelle Umbesetzung sei nötig.

Ein Vizepräsident trat zurück

„Ich bedauere diesen Schritt von Herrn Professor Hauck sehr, da ich in den vergangenen Jahren vertrauensvoll mit ihm zusammenarbeiten konnte und ihn auch persönlich sehr schätze“, so Dr. Naderer. Der eine Schritt von ihr habe mit dem anderen von ihm nichts zu tun. Prof.Dr. Hauck bleibt an der Hochschule tätig.

Zu ihren Kritikern sagt Dr. Naderer: Sie lade insbesondere diejenigen zur gemeinsamen weiteren Gestaltung der Zukunft der Hochschule ein, die sich „augenblicklich noch nicht angemessen“ einbezogen fühlten. „Ich bin davon überzeugt, dass die Hochschule die in den vergangenen Wochen identifizierten Aufgaben auf konstruktivem Wege und gemeinsam lösen muss. Daher freue ich mich, an diesem Prozess zusammen mit allen Gremien der Hochschule verantwortlich mitwirken zu können“, so die Politikwissenschaftlerin, die in New York gearbeitet hat und für die RWTH Aachen die Internationalisierung voran trieb.

„Sie empfängt offenbar konträre Signale“

Prof. Aloys Krieg, Vorsitzender des Hochschulrates, Prorektor für Lehre an der Exzellenz-Universität RWTH Aachen, kündigt für den 8. August eine vorgezogene Sitzung des Hochschulrates Rhein-Waal an. Grund sei „die neue Lage,“ der Rücktritt vom Rücktritt. In den letzten Wochen habe sich der Hochschulrat in Verhandlungen um eine Klärung der Lage bemüht und Dr. Naderer das Angebot einer anderen Stelle innerhalb der Hochschule gemacht, sagt Krieg. Sie hatte abgelehnt. Dass Heide Naderer innerhalb der Hochschule den Wunsch nach „personeller Kontinuität an der Spitze“ vernahm, kommentiert Prof. Krieg: „Sie empfängt offenbar konträre Signale“ zu dem, was er höre.

Mehr als nur ehrenamtliche Nebentätigkeit

„Es ist keine ehrenamtliche Nebentätigkeit mehr, was da passiert“, sagt er als Vorsitzender des Hochschulrates. Auf jeden Fall sei die Besetzung des Kanzlers mit Michael Strotkemper „ein guter Schritt für die Hochschule gewesen. Momentan ist er sehr mit Problemlösung beschäftigt statt mit anderen Aufgaben“, doch es sei „wichtig, dass die Hochschule Rhein-Waal in ruhiges Fahrwasser gerät“, so Prof. Krieg.

Prof. Dr. habil. Jens Gebauer, Vizepräsident für Forschung und Wissenstransfer, hält sich neutral: „Die Hochschule ist wichtig für die Region und die Region ist wichtig für die Hochschule“, weiter gebe er keine Stellungnahme ab.

Wie zerrissen die Hochschule im Innern schon lange ist, zeigte bereits die Wahl von Dr. Heide Naderer. Sie war im November 2014 als Gegenkandidatin zur Gründungspräsidentin Prof. Marie-Louise Klotz zur Wahl angetreten und bekam zehn zu neun Stimmen vom Senat. Die Amtszeit endet nach sechs Jahren, von nun an also in zweieinhalb Jahren. Sie kann wiedergewählt werden.

KOMMENTAR

Mit ihrem Angebot, als Hochschulpräsidentin zurück zu treten, schien Dr. Heide Naderer im Frühjahr noch verletzt und geschwächt. Intriganten versuchten sie zu zermürben, es schien zu gelingen. Nun will die Politikwissenschaftlerin aus Kamp-Lintfort doch alte Seilschaften entflechten und der Hochschule eine lange Phase an Unsicherheiten ersparen. Die Frau zeigt Resilienz – was lateinisch „zurückspringen“ oder „abprallen“ bedeutet. Wirklich abgeprallt sind die anonymen Angriffe sicher nicht, aber mit gestärkter psychischer Widerstandskraft springt Naderer zurück in die Verantwortung. Das kann der Hochschule nur gut tun.