Kreis Kleve. . Seit einigen Tagen hält sich ein Wolf am unteren Niederrhein auf. In Groesbeek soll er ein Schaf gerissen haben und in Rees-Haffen wurde er gestern gefilmt
Im Kreis Kleve wurde gestern erneut ein Wolf gesichtet. Das Landesumweltamt bestätigte gestern Abend, dass die Handyaufnahmen eines Landwirtes aus Rees-Haffen eindeutig einen Wolf zeigen. Das Tier hielt sich auf einem Deich auf. Bereits in der vergangenen Woche berichtete die niederländische Tageszeitung De Gelderlander über einen Vorfall in Groesbeek. Hier soll ein Wolf ein Schaf gerissen haben. Die Bissspuren seien nicht eindeutig zuzuordnen gewesen. Auch in der Nähe von Kranenburg soll nach Angaben des Schäfers Jens Holtkamp ein Schaf gebissen worden sein. Das Tier lebe aber noch und dies spreche weniger für eine Wolfsattacke, so der Schäfer. In Millingen aan de Rijn und in Persingen wurde das Tier ebenfalls gesehen, und es wurden Videos ins Internet gestellt.
Wie bereits im Januar von der NRZ gemeldet, lief die Wolfshündin Naya von Emmerich nach Weeze und dann Richtung Belgien. Das Tier ist gechipt und lässt sich anhand der Sendedaten eindeutig zuordnen. Ob es sich bei dem Wolf in Rees-Haffen um die Wolfshündin Naya handelt, war gestern Abend nicht zu klären.
Ein wohlgenährter Wolf
Marianne Krüsel und ihre Nachbarin Elisabeth Vennemann trauten gestern ihren Augen nicht. „Keine 30 Meter von uns entfernt, auf der Weide zwischen den Häusern, lief plötzlich ein wohlgenährter Wolf vorbei“, erzählen die beiden Frauen. Für sie sei sofort klar gewesen, dass es sich um einen Wolf handelt. Erstaunt seien sie schon gewesen, übrigens der Mann der Nachbarin auch, der das Tier ebenfalls gesehen hatte. Angst hätte sie aber nicht gehabt.
Kurze Zeit später, etwa gegen 11 Uhr am Montag, traute auch Landwirt Christian Wellmann seinen Augen nicht. Mit dem Trecker war der 24-Jährige zum Feld unterwegs, gut einen Kilometer entfernt vom Hof. „Hinter einer Kurve, etwa fünf Meter weg, stand der Wolf, schaute mich an und lief weiter“, sagt der Bauer, der den seltenen Gast noch flott mit dem Handy fotografiert und kurz gefilmt hat.
Das Foto schickte er befreundeten Jägern. Über ihren Sohn kam auch Marianne Krüsel ans Bild, schickte es gleich weiter an Peter Malzbender vom Naturschutzbund in Wesel. „Der hat sofort bestätigt, dass es sich um einen Wolf handelt“, sagt sie. Und auch, dass es schon unüblich sei, dass sich ein Wolf tagsüber so nah an Häusern sehen lassen würde. „Der sucht jetzt wohl erst mal ein Nachtquartier“, hätte der Nabu-Mann gemeint. Und dass Wölfe täglich bis zu 60 Kilometer laufen.
Das Telefon von Christian Wellmann stand nicht mehr still. Der Landesjagdverband meldete sich, wollte Details wissen, sogar ein Wolfbeauftragter klingelte an.
Diese Sichtung des Tieres wurde auch dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) gemeldet – dass gestern auch offiziell bestätigte, dass es sich um einen Wolf handelt. „Beim LANUV gehen jährlich 200 Sichtungen von wolfsähnlichen Tieren ein“, so Pressesprecher Wilhelm Deitermann. Die ersten Dokumentationen über die Sichtung machen Luchs- und Wolfsberater vor Ort.
Schäfer sind auf der Hut
Schäfermeister Friedhelm Hoss aus Kleve hat den Wolf noch nicht gesehen, aber er weiß, dass seine Kollegen auf der Hut sind. Er selbst betreut mehrere Schafherden am unteren Niederrhein: „Vor einem Angriff kann man sich nicht schützen“, sagt Hoss. „Das Wichtigste ist, dass man sich nicht verrückt machen lässt. Jeder hat jetzt auf einmal einen Wolf gesehen“, sagt er. Über die aufgebauten Elektrozäune würde das Tier nur müde lächeln: „Da springt er mit einem Satz drüber. Eigentlich müsste man die Schafe jetzt im Stall halten, aber wer kann das schon?“