Bedburg-Hau. . Forensische Patienten können sich in Freiheit auf ein Netz von Hilfen verlassen. Fachtagung in der LVR-Klinik in Bedburg-Hau.
Wenn forensische Patienten aus der LVR-Klinik in Bedburg-Hau entlassen werden, dann begleitet sie ein dichtes Hilfenetz zurück ins Leben ohne Zäune. Die Mitarbeiter in der forensischen Nachsorge und die Betreuer in der Gemeindepsychiatrie, Bewährungshilfe und Führungsaufsicht halten den Kontakt zu den aktuell rund 100 Menschen, von denen nach der Behandlung in der Klinik keine schweren Straftaten mehr erwartet werden. Angesichts der steigenden Zahl der Entlassungen aus dem Maßregelvollzug beschäftigte sich nun eine Fachtagung in der LVR-Klinik in Bedburg-Hau mit der Frage, ob „forensische Patientinnen und Patienten die Nachsorgesysteme an ihr Limit bringen“.
Dr. Jack Kreutz, Leiter der forensischen Psychiatrie in Bedburg-Hau, antwortete mit einem „Jein“, das einen großen „Nein“-Anteil beinhalte. Er verwies auf die „außergewöhnlich guten Erfolgsquoten der Behandlung im Maßregelvollzug“ – bundesweit liege die Rückfallquote deutlich unter zehn Prozent – „nicht zuletzt aufgrund dieser intensiven Betreuung“. Allerdings räumte er ein Platzproblem in Bedburg-Hau ein. Auf dem Klinikgelände gebe es zwar viele Gebäude, „doch nur wenige sind für uns nutzbar“. So seien die beiden Forensischen Überleitungs- und Nachsorgeambulanzen (FÜNA) derzeit provisorisch in Gebäuden untergebracht, die verkauft werden sollen. „Ich hoffe, dass irgendwann durch den Neubau Gebäude frei werden, in die die Ambulanzen dann ziehen können“, sagte Kreutz. Andernfalls müsse der Platzbedarf extern befriedigt werden.
Größere Toleranz am unteren Niederrhein
Entscheidend für ein erfolgreiches Leben in Freiheit ist für forensische Patienten die gesellschaftliche Akzeptanz. „Die Bevölkerung kann sich sicher sein, dass ein Patient nicht mehr gefährlich ist. Sonst würde er nicht entlassen werden“, betonte Kreutz. Dennoch seien insbesondere Brandstifter und geistig behinderte Sexualstraftäter mit Stigmatisierungen behaftet, die eine Integration in betreutes Wohnen teilweise erschwere. „Glücklicherweise sind diese oft irrationalen Ängste am unteren Niederrhein nicht ganz so ausgeprägt. Vielleicht ist die Toleranz größer, vielleicht hat auch unsere jahrelange Aufklärungsarbeit gefruchtet“, sagte der Leiter der forensischen Psychiatrie.
Gute Nachsorge für forensische Patienten ist die beste Prävention – diese Kernbotschaft ging von der Tagung aus, an der 150 Fachleute teilnahmen. „Es gibt kaum ein Klientel, das so eng betreut wird“, stellte Dr. Rudolf Schlabbers, Chefarzt der Forensik II fest. Dazu trägt etwa „Papillon“, der Verein für sozialtherapeutische Angebote und Beratung im Kreis Kleve bei, der derzeit acht Menschen in Wohnheimen, neun im ambulanten betreuten Wohnen und eine Person in Tagesstätten betreut.
Zusammenarbeit im Kreis Kleve
„Papillon“-Geschäftsführer Josef Berg betonte als Sprecher des Verbunds für Teilhabe und Behandlung im Kreis Kleve die Bedeutung der Zusammenarbeit. „Wir sind stolz, dass wir es geschafft haben, uns mit derzeit 29 Einrichtungen zusammen zu schließen. Wir stellen das Verbindende in den Vordergrund“, sagte Berg.
„Das System ist gut aufgebaut“, bestätigte die Genesungsbegleiterin Claudia Franck, die jedoch „eine Lücke bei der beruflichen Qualifizierung“ ausmacht. „Wir können keine Ausbildung bis zum Gesellenbrief anbieten, aber in Teilbereichen Prüfungen abnehmen“, sagte Dr. Jack Kreutz. Ein bereits eingestellter Jobcoach soll zudem als Schnittstelle zwischen Patienten und Arbeitgebern fungieren und Praktika vermitteln.