Kleve. . Kleve wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört. Doch wohin mit all dem Schutt? Die Verwaltung dachte darüber nach, den Spoykanal zuzuschütten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war von Kleve kaum mehr übrig geblieben als ein riesiger Schutthaufen – genau genommen knapp 800 000 Kubikmeter. Man hätte damit eine 80 Kilometer lange und zehn Meter breite Straße um einen Meter höher legen können. So dachte die Stadt ernsthaft daran, den Kermisdahl bzw. Spoykanal zwischen heutiger Worcesterbrücke und Herzogbrücke zuzuschütten. Es sollte darauf eine Straße als Süd-Nord-Verbindung für die Unterstadt angelegt werden. Der Plan wurde verworfen, 250 000 Kubikmeter Schutt aus der Innenstadt wurden am Hang des Moritzparkes abgekippt, später mit Erde abgedeckt und Sträucher darauf gepflanzt.
„Bauhütte Schwanenburg“
Viele Trümmersteine wurden jedoch zum Wiederaufbau genutzt. In den Jahren 1945 bis 1947 wurden 930 beschädigte Wohnungen in Kleve in einen bewohnbaren Zustand versetzt. Der damalige Stadtdirektor Baak schrieb: „Was von Beginn der Baustofflenkung bis Ende 1947 an Baustoffen auf dem Wege der Verteilung nach Kleve gekommen ist, ist bitter wenig. Hier einige Zahlen: Ziegelsteine 27 000, Zement 617 t, Kalk 143 t, Gips 16 t, Glas 11 920 qm, Dachziegel 211 000 Stück …“.
Den Anblick der zerstörten Schwanenburg konnten viele Klever nur schwer ertragen. Die für die Justiz relevanten Teile wurden vom Land wieder aufgebaut, allerdings gehörten Spiegel- und Schwanenturm nicht dazu. Trotz der großen Wohnungsnot gab es innerhalb der Bevölkerung bald den Wunsch, auch den Schwanenturm wieder aufzubauen.
1948 begann der Wiederaufbau des Schwanenturms
So nahm sich der Klever Heimatbund dieses Problems an und gründete die „Bauhütte Schwanenburg“. Der Rechtsanwalt Dr. Heinz Will managte mit vielen Helfern die Entschuttung und den Wiederaufbau. Die finanziellen Mittel dazu warb die Bauhütte ab 1948 ein, durch Spenden, aber auch durch viele Veranstaltungen, bei denen „Baugroschen“ gesammelt wurden. Zunächst wurde der Spiegelturm instand gesetzt.
Ende 1948 ging es an den Wiederaufbau des Schwanenturms, dessen drei obere Geschosse durch einen Bomber abgerissen worden waren. Gleichzeitig richtete die Bauhütte mit Hilfe vieler Klever Künstler auch den Marstall wieder her. Hier konnten dann bald Ausstellungen stattfinden. Die Arbeiten am Schwanenturm gingen stetig voran, so dass schon am 1. Oktober 1950 Richtfest gefeiert werden konnte. An diesem Tag wurde der alte Schwan aus der Mitte des 15. Jahrhunderts wieder oben auf die Spitze gesetzt. Wer sich den Schwanenturm ansieht, kann erkennen, dass auch hierzu Trümmersteine verwendet wurden. Das Dach wurde zwei Jahre später gedeckt, die Fenster erst 1957 eingebaut.
Bezug des Rathauses
Im Jahre 1957 wurde auch das Rathaus bezogen. An der Stelle des heutigen Rathauses stand vor dem Krieg das St.-Antonius-Hospital. Die Klever hätten das Krankenhaus gern an alter Stelle belassen, die Regierung jedoch nicht, weil die Umgebung für die Kranken zu laut sei und überdies seit 1948 eine Verbindungsstraße zwischen Kavarinerstraße und Herzogbrücke geplant war, die inzwischen wieder zurückgebaute Minoritenstraße.
Zunächst baute man das Krankenhaus also an alter Stelle wieder auf, um es zumindest vorläufig nutzen zu können, bis anderswo ein moderner Krankenhausneubau entstehen würde. Am 1. November 1950 konnte es bezogen werden. Man scheute aber die große Investition ohne Nachfolgenutzung. Das Rathaus war von 1926 bis zum Krieg in der alten Kaserne an der Arntzstraße untergebracht und befand sich ab 1945 provisorisch im Haus Koekkoek sowie im gegenüberliegenden Gebäude mit dem Dr.-Arntz-Turm.
Als Ende März 1956 das Krankenhaus an die heutige Stelle zog, konnte die Umwandlung zum Rathaus beginnen. Die Außenwände mussten mit Klinkern verkleidet werden. Durch Bomben hatte sich das Gebäude schief gestellt, die Neigung machte zwischen Boden und Dachtraufe bis zu 25 Zentimeter aus. Durch die Klinkerverkleidung ließen sich die Wände lotrecht gestalten, was durch einen Putz nicht möglich gewesen wäre.
Weitsichtige Überlegungen
Ende 1957 war auch die Stiftskirche wiederaufgebaut, allerdings erhielt sie erst 1969 ihre beiden Türme wieder. 1960 wurde Haus Koekkoek als Museum eröffnet, die Stadthalle wurde 1965 gebaut. Die Zeiten, in denen das im Krieg so gut wie unversehrte Kolpinghaus als Notkirche und Versammlungsstätte diente, in denen die neue Kaserne an der Brabanterstraße für verschiedene Schulen genutzt wurde, in der die stehengebliebene Turnhalle der Spyckschule auf Verlangen der Besatzungsmächte bis 1954 als Kino benutzt wurde, waren vorbei.
Bemerkenswert ist, dass trotz der enormen Anstrengungen beim Wiederaufbau der Stadt neben der allernötigsten Infrastruktur auch in anderer Hinsicht weitsichtig gedacht wurde. So schrieb der damalige Stadtdirektor Dr. Scholzen 1955, dass Kleve als Gartenstadt die besondere Verpflichtung habe, den Baumbestand zu pflegen und das „Grün“ der Stadt zu mehren. Er notierte: „Wir wissen, daß in den großen Städten die Natur weitgehend verdrängt worden ist. Wirtschaftliches Denken war hierfür entscheidend. Es ist jedoch ein soziales und hygienisches Postulat, daß eine Stadtbauplanung sich von der Erhaltung der ursprünglichen Landschaft leiten läßt. … Jede Stadt repräsentiert sich in mannigfacher Weise durch ihr Stadtbild, ihre Wirtschaft, durch ihre Menschen, aber auch durch ihr kulturelles Gesicht. Eine Stadt würde sich selbst aufgeben, wenn sie sich nicht ihrer kulturellen und geistigen Sendung bewußt bliebe.“