Kleve. . Anfang der 30er Jahre erwärmten sich viele Klever für die NSDAP. 1933 wurde nach einer großen Eintrittswelle sogar ein Aufnahmestopp verhängt.
Eine der großen Propagandaaktionen der Nationalsozialisten in Kleve war die Einweihung des Ehrenmals für die im Ersten Weltkrieg gestorbenen Klever Soldaten am 22. Oktober 1934. Der kommissarische Bürgermeister Alwin Görlich hatte dieses Projekt kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten mit Vehemenz und rabiaten Methoden vorangetrieben, um die Bevölkerung für sich und die NS-Bewegung einzunehmen.
Angesichts der unruhigen Nachkriegszeit war das politische Leben in Kleve bemerkenswert stabil gewesen. Die katholische Zentrumspartei hatte sich mit Mehrheiten um die 60 Prozent als stärkste politische Kraft behauptet. Bei den Kommunalwahlen im November 1929 war Alwin Görlich mit einem Stimmenanteil von 3,8 Prozent als erstes NSDAP-Mitglied in den Stadtrat gewählt worden.
Mit ihm veränderte sich das politische Klima im Stadtrat wie auf der Straße. Dennoch hatte die Partei in Kleve keinen großen Zulauf. Selbst auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise erreichte die NSDAP bei den Reichstagswahlen 1932 zwar um die 20 Prozent, das Zentrum blieb aber mit etwa 50 Prozent die stärkste Kraft. Sogar bei den Kommunalwahlen am 12. März 1933 behauptete das Zentrum die absolute Mehrheit, trotz massiver Angriffe von Seiten der NSDAP, die 30 Prozent der Stimmen erhielt. Aber es gab nun andere Mittel, um die Entscheidungsgewalt in der Stadt an sich zu ziehen. Die beiden Ratsmandate der KPD wurden sofort eingezogen.
Verwaltungsspitze wurde entlassen
Die Verwaltungsspitze wurde mit dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums entlassen. An die Stelle des suspendierten Bürgermeisters Dr. Stepkes trat im Mai 1933 Görlich als kommissarischer Bürgermeister.
Durch eine Diffamierungskampagne versuchte man die Verbundenheit der Bevölkerung zur Stadtverwaltung und zum Zentrum zu zerstören. Ein NS-Untersuchungsausschuss unterstellte ihnen angeblich verschwenderische Ausgabenpolitik und zu hohe Aufwendungen. Die Auflösung der Gesamtpartei im Juli 1933 führte schließlich zum Ende der Klever Zentrumsfraktion. Ihre Sitze fielen nun an Vertreter der NSDAP. Die Einführung des Führerprinzips in der Verwaltung am 1. Dezember 1933 bedeutete das endgültige Ende der Bürgervertretung.
Deutlicher Stimmungsumschwung
In großen Teilen der Klever Bevölkerung war bis dahin ein erstaunlicher Stimmungsumschwung festzustellen. Sie näherte sich der NS-Bewegung an. Die Gründe hierfür waren vielfältig. Die Gewaltmaßnahmen gegen politische Gegner – besonders gegen KPD und SPD – und die damit verbundene Einschüchterung reichen als Erklärung nicht aus. Die geschickte NS-Propaganda setzte auf die Faszination Adolf Hitlers als dem langersehnten Führer, der Deutschland zu neuer Größe führen würde, und auf die Verheißungen der „NS-Volksgemeinschaft“. Hinzu kam, dass die katholischen Bischöfe Ende März 1933 ihre früheren Bedenken gegen die Zugehörigkeit von Katholiken zur NSDAP aufhoben. So überwog die Hoffnung auf einen Neubeginn.
Der Umbau des gesellschaftlichen Lebens vollzog sich in Kleve ohne große Widerstände. Bereits am 1. Mai 1933 wurde nach einer großen Eintrittswelle ein Aufnahmestopp in die NSDAP verhängt. Auch die Gleichschaltung der Vereine und der Eintritt in die NS-Verbände und -Organisationen geschahen problemlos.
Nachdem in den Behörden die entscheidenden Positionen mit Nationalsozialisten besetzt worden waren, arbeiteten die Beamten im Sinne des NS-Regimes. Es waren nicht nur Versprechen, sondern auch sichtbare Erfolge, die die Akzeptanz der Nationalsozialisten erhöhten. Die Zahl der Arbeitslosen sank, die Wirtschaft wuchs und der Austritt aus dem Völkerbund Ende 1933 zeigte, dass es Hitler ernst war mit der Revision des Versailler Vertrags. Bei der Reichstagswahl im November 1933, die mit der Volksabstimmung über den Austritt aus dem Völkerbund verbunden wurde, gab es auch in Kleve fast uneingeschränkte Zustimmung für die NSDAP.
Ehrenmal als Symbol der neuen Zeit
Nach dem Abflauen der Gewaltaktionen richtete sich die Mehrheit der Deutschen in der Diktatur ein und glaubte an die Vision der „Volksgemeinschaft“ – es sei denn, sie gehörten nicht dazu. Der Ausschluss aus der „Volksgemeinschaft“ wurde gerade in kleinen Städten wie Kleve sofort wirksam.
Ein Symbol der neuen Zeit sollte das Ehrenmal sein. Als der „tote Krieger“ enthüllt wurde, hatte Görlich sein Amt als kommissarischer Bürgermeister bereits räumen müssen und war durch den nicht weniger unfähigen Karl Puff ersetzt worden. Mit Weihespiel und Fackelmarsch wurde ein Schauspiel inszeniert, in dessen Zentrum der Dank Kleves an die „Toten des Großen Krieges“ stand. Ihr Opfermut sei Verpflichtung, das neue Deutschland – im nationalsozialistischen Sinne – zu vollenden.