Kleve. . Der Spiegelturm war kurzzeitig mal das Kulturzentrum der Stadt.Archiv, Bücherei und Museum waren hier an Kleves Top-Adresse untergebracht.

Die Idee hat die Zeiten überdauert. Zumindest ihre Essenz. Die Schwanenburg als Kulturzentrum – diesen Plan erwogen die Stadtväter bereits 1911. „Um jene Zeit hatten die Pläne für die Errichtung eines neuen Gefängnisses greifbare Gestalt gewonnen, so dass damit gerechnet werden konnte, dass die Räume des Spiegelturmes und der anschließenden Arkaden in absehbarer Zeit für andere Zwecke nutzbar gemacht werden könnten“, hielt die Stadtverwaltung in ihrem Bericht aus dem Jahr 1926 fest.

Heute gibt es gelegentlich noch kulturelle Veranstaltungen im Spiegelturm, Lesungen etwa, ansonsten ist eher der Schwanenturm mit den angrenzenden Arkaden ins kulturelle Blickfeld geraten. Im Turm befindet sich ein kleines, schönes geologisches Museum, im Innenhof finden seit Jahren regelmäßig Konzerte statt. Damit ist die Burg Teil des kulturellen Stadtlebens geworden. Wie bereits in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

Unterschiedliche Funktionen für städtische Gebäude

Schon damals wies man städtischen Gebäuden im Laufe der Zeit unterschiedliche Funktionen zu. Als 1865 in Kleve eine Altertumssammlung entstand – offenbar auf Anregung des Regierungspräsidenten, nicht aus einem bürgerschaftlichen Interesse heraus –, brauchte man dafür Platz. Man fand ihn zunächst im Rathaus. Aber wie es so ist: Verwaltungen breiten sich aus, die Räumlichkeiten wurden für andere Dinge gebraucht. Die anwachsende Sammlung zog ins alte Gymnasium, dann in die ehemalige Landwirtschaftsschule an der Lindenallee.

Der Krieg durchkreuzt die Pläne

„Die Sammlung umfasst hauptsächlich römische Altertümer, die im Umkreise der Stadt gefunden sind, und zwar in einem Gebiete, das sich von Xanten bis Düffelward sowie bis zur Niers und zum anstoßenden Teile des Reichswaldes erstreckt“, heißt es im Verwaltungsbericht von 1910. Zu sehen waren Tongefäße, Legionssiegel, Stempel, Votivsteine, Münzen, Bronzegeräte, dazu mittelalterliche Kunst- und Handwerkserzeugnisse.

Die alte Landwirtschaftsschule sollte aber nur Zwischenstation sein. Als Ort für eine „würdige Unterbringung“ betrachtete man den Spiegelturm. Stadtbücherei, Stadtarchiv und Museum sollten hier gemeinsam Platz finden. Als der Krieg 1914 ausbrach, waren die Überlegungen von 1911 erst einmal Makulatur. Mitte 1920 beriet man erneut über den Plan, aber auch da geriet er „infolge der Ungunst der Verhältnisse“ wieder ins Strudeln. 1924 endlich nahm man noch einen Anlauf. Und siehe da, 1925 setzte man das Erdgeschoss des Arkadenbaus in Stand und richtete hier die Stadtbücherei mit Lesezimmer, Büchereiausgabe und Dienstzimmer für den Büchereileiter ein, außerdem das städtische Archiv. 1928 zog das Heimatmuseum als „Clever Landesmuseum“ in die obere Etage.

Ein Großteil der Kunstwerke fiel der Vernichtung anheim

Doch die „würdige Unterbringung“ an Kleves erster Adresse war nur von kurzer Dauer. Schon 1934 brachte man alles zurück in die ehemalige Landwirtschaftsschule. Manches Archivgut evakuierte man 1944 nach Helmstedt, wo es den Bombenkrieg überstand. Vieles, darunter ein Großteil der Kunstwerke, fiel bei den Luftangriffen der Vernichtung anheim. Stadtarchiv, Stadtbücherei und Museum wechselten in der Nachkriegszeit noch mehrmals ihre Behausungen, mal zusammen, mal – wie heute – getrennt. Die Spiegelburg, soviel ist klar, wäre für die heutigen Bestände auch viel zu klein. Aber wer weiß, was alles noch kommt.