Kleve. . Am 16. Juli 1742 wurde in „Bad Cleve“ der erste Kurgast begrüßt.Die Entdeckung einer Mineralquelle am Springenberg belebte auch die Stadt
Im September 1741 teilte die Klever Kammer der Regierung in Berlin mit, dass „ein sicheres Quellwasser beim Springe im Tiergarten hieselbst mineralisch sei“. Die Quelle war ein Vierteljahr zuvor von Magister Johannes Blanckenhorn entdeckt worden. Er verfasste über den neuen Sauerbrunnen eine Doktorschrift in Heidelberg.
Die Berliner Regierung beauftragte den aus Soest stammenden Dr. Johann Heinrich Schütte, die Qualität des Wassers durch Schriften der Welt bekannt zu machen. Zunächst bewarb Schütte den Klever Brunnen im „Duisburger Adress- und Intelligenz-Zettel“ in 9 Folgen. Schon im Mai 1742 übersandte er „in tiefster Devotion“ König Friedrich d. Gr. die ersten acht Exemplare seiner Schrift „ Beschreibung des Clevischen Gesundbrunnens“. Nach weiteren Veröffentlichungen erschien 1748 Schüttes Hauptwerk „Amusemens...“, das ausführlich über die Klever Quelle und die Brunnenkur berichtet.
Im Frühjahr 1742 war die neue Quelle gefasst und die Röhre von 110 Fuß (ca. 30 m) Länge leitete das Wasser in eine provisorische Brunnenstube. Am Spaziergang zum Karpfenteich, vor dem Haus des Fontänenmeisters, entdeckte Schütte eine weitere Quelle, deren Wasser er zum Baden gebrauchen wollte. Ein Gutachten Berliner Medizinprofessoren stellte im Juni 1742 im Klever Sauerbrunnen die gleichen Bestandteile fest wie in Bad Schwalbach, Eger und Pyrmont.
Der 16. Juli 1742 war der Beginn von „Bad Cleve“. Der Brunnenmedicus konnte den ersten Kurgast begrüßen: es war die Äbtissin des Damenstifts Bedburg. Bis zum Ende der Saison zählte Schütte 85 Personen, vor allem aus den Niederlanden, Mitglieder der preußischen Regierung, aber auch Handwerker und Kaufleute, Diener und Mägde. Ein Kaffeepflanzer aus Suriname steht an der Spitze der veröffentlichten Liste. Bis 1745 steigerte Schütte die Brunnenfrequenz auf 180 Personen, die das Wasser „kurmäßig“ tranken.
Zur Trinkkur fanden sich die Gäste am Brunnenhaus ein, wo das Wasser in Gläser gezapft wurde. Zur Kontrolle über die Anzahl der getrunkenen Gläser erhielt jeder Kurgast eine runde Scheibe mit Zeiger und den Zahlen 1-18, bedruckt mit dem Trinkspruch „Pour la Santé“. Das Kurorchester „Collegium Musicum“ spielte zur Entspannung auf, man konnte im Wandelgang des Amphitheaters spazieren gehen und dort im Kuppelbau nachmittags Wein, Tee oder Kaffee trinken, eine Pfeife „Tobak“ rauchen oder auch Schüttes „Brunnenlieder“ singen.
Nicht so erfolgreich war Dr. Schütte darin, neue Badebauten für die Kurgäste zu errichten. Zwei Entwürfe für ein Kurhaus mit Quellhaus, Wandelgängen und Ballsälen – ein Plan erinnerte an das eben vollendete Schloss Sanssouci – wurden von der preußischen Regierung rigoros zusammengestrichen. Lediglich ein Brunnenhaus im Mai 1745 vollendet und ersetzte die provisorische Bretterhütte. Zuvor hatte Schütte der Regierung in Berlin ein Wirts- und Badehaus abgerungen, das im Frühjahr 1747 auf der östlichen Insel im Großen Kanal errichtet wurde.
Laut Schütte half die Kur vornehmlich bei „Scorbut, Schwindel, Haupt-Schmerzen, Milz-, Leber- und Gekröß-Verstopfung, Melancholey, Gelbsucht, Gicht und Podagra, Unfruchtbarkeit von Kälte der Gebährmutter, bleicher Farbe der Frauenspersonen, Krätze, Röthe der Augen, Blödigkeit des Gesichts (Sehschwäche?), alten Schäden und dergleichen mehr.“
Schon unter Schütte war 1752 ein Entwurf für ein „Lust-Büschgen“ vorgelegt worden. Die Kurgäste sollten auf sternförmig geführten Wegen lustwandeln oder in ein Labyrinth eintauchen können.
Erst 30 Jahre später verwirklichte der neue Kammerpräsident Julius Ernst von Buggenhagen den Kurpark in veränderter Form. Auch diesmal lag ein labyrinthischer Riss der Anlage zugrunde, so dass der Park von den niederländischen Gästen „Doolhof“ genannt wurde. Der Präsident nannte sein Werk „ Neue Plantage“, erst später bürgerte sich der Name „Forstgarten“ ein. Der botanischen Sammelleidenschaft der Zeit entsprechend, bemühte sich der Präsident seltene Bäume für sein Arboretum zu gewinnen.
Besonders intensiv war der Kontakt in die Niederlande. So lieferte Zürcher in Arnheim 1785 die ersten Exoten: Libanonzedern, Trompeten- und Amberbäume. Besonders rege war die Verbindung zu Zacharias Brakel, einem berühmten „Boom-Queker“ auf dem Gut Tulpenburg bei Utrecht. Aus Brakels Katalog bestellte Buggenhagen seine Lieblingsbäume: Weymouthskiefern und Tulpenbäume, von denen bis heute einige Exemplare im Forstgarten stehen. Als der Präsident 1793 Kleve verließ, zählte die Baumliste 156 Arten. Zur Finanzierung wurde eine eigene Baumschule angelegt, die viele Gärten in Deutschland belieferte, z.B. den Park von Schloss Anholt oder den Garten des Freiherrn vom Stein in Nassau.
Maximilian Friedrich Weyhe überzog ab 1822 den Forstgarten mit einem paisleyartigen Grundriss. Kleinteilige Rasenstücke in Blatt- oder Tropfenform trugen dichte Gehölze, zwei Teiche bildeten die Wasserpartien. Nach langjähriger Vernachlässigung und erbärmlicher Neuordnung 1935 wurde der historische Weyhepark nach Planungen des Büros Wörner seit 1978 nahezu wiedergewonnen, die ehemalige Baumschule als Blumenhof Weyhes Stil angeglichen.
Allein schon der aufwendigen Restaurierung wegen ist es unverständlich, dass die Anlagen immer wieder durch unangemessene „Events“ beschädigt und verändert werden.