Kleve. . Bürgermeisterin und Stadtverordnete sind von den Bürgern gewählt worden. Ganz so demokratisch ging es im mittelalterlichen Kleve noch nicht zu

Im Sommer wird das neue Klever Rathaus bezogen und es wird das erste neu gebaute Rathaus in der 775jährigen Geschichte der Stadt Kleve sein. Als erstes Rathaus ist das Mitteltor bekannt. Dieses hatte seine Funktion als Stadttor mit der Erweiterung der Stadt 1341 verloren. Für 1437 ist die Ratsstube im Mitteltor belegt, es dürfte aber schon länger als Rathaus gedient haben, denn Schöffen und Bürgermeister traten am Tag nach der Wahl hier, „an einer gewohnten Stelle“, zusammen.

Um 1500 erwarb die Stadt das Haus des Münzmeisters Kersten unterhalb des Mitteltores als Rathaus. 1851 wurde ein weiteres Haus hinzugekauft, die dazwischen liegende Gasse überbaut. Trotz dieser Erweiterung wurde das Rathaus im 20. Jahrhundert zu klein und nach 400 Jahren an gleicher Stelle zog es 1926 in die alte Kaserne an der Arntzstraße/Rahmstraße. Nach der Kriegszerstörung wurde das Rathaus provisorisch in den Häusern Koekkoek und im gegenüber gelegenen Gebäude (heute Café Solo) untergebracht, bis man 1957 in das ehemalige St. Antonius-Hospital zog, wo es in Kürze wiederersteht. Damit schließt sich ein Kreis, denn das Rathaus steht auf einem Teil des ehemaligen Minoritenklosters und im großen Baumgarten des Klosters fand traditionell die Magistratswahl statt.

Das Recht zur freien Wahl

Kleve war Residenzstadt und die städtische Infrastruktur bot den Grafen und später den Herzögen von Kleve mancherlei Vorteile. Die Belange der Stadt wurden ab 1242 von einem Schöffenkollegium unter dem Vorsitz des vom Grafen eingesetzten Richters geregelt. Später kamen ein Bürgermeister und der Stadtrat hinzu. Das Recht der freien Ratswahl ist der Stadt irgendwann im Zeitraum 1275-1305 verliehen worden. Allerdings wurden in Kleve nur vier Ratsmitglieder gewählt, im Vergleich zu anderen Städten fast ein Witz, in Wesel, Emmerich, Kalkar und Rees gab es jeweils zwölf Ratsmitglieder. Das Schöffenkollegium hatte ein höheres Ansehen als der Rat, von Klaus Flink 1984 anschaulich kommentiert: „Auf der kommunalen Karriereleiter stand die Ratsmitgliedschaft ziemlich unten.“

Die Ratswahl ging folgendermaßen vor sich: jährlich am zweiten Sonntag nach Ostern waren alle eingesessenen Bürger unter Strafe verpflichtet, morgens um 7 Uhr - später nachmittags um 13 Uhr - im „Mönnekenbongert“ zu erscheinen, also im großen Baumgarten der Minoriten. Sobald der alte Magistrat und die gesamte Bürgerschaft, insbesondere „die ältesten, ehrbarsten und weisesten“ dort versammelt waren, wählte der abtretende Magistrat zunächst sechs Bürger, über die er sich vorher nicht verständigt haben durfte. Sobald diese sechs durch den Bürgermeister vereidigt waren, wählten sie vier weitere Bürger, die ebenfalls sofort vereidigt wurden. Diese zehn Personen wählten dann noch weitere acht Bürger, auch diese mussten sofort den Eid ablegen. Die 18 Bürger wählten nun in geheimer Wahl die weiteren Personen des Magistrats: den Bürgermeister, sieben Schöffen, vier Räte, zwei Rentmeister, von welchen jedoch der erste zugleich Ratsmitglied war, und einen Stadtboten.

Die Güter der Stadt hüten

Bürgermeister, Schöffen und Ratsmitglieder mussten unter Eid versprechen, ihr Amt bis zum nächsten Wahltag auszuüben, zum Wohle der Stadt und ihrer Bürger zu wirken und die Geheimnisse der Stadt für sich zu behalten. Der Bürgermeister musste geloben, die Siegel sowie die Kiste mit den darin enthaltenen Urkunden (= Priviligien) der Stadt zu hüten. Die Schöffen verpflichteten sich, in der Schöffenbank ein rechtes Urteil zu weisen und korrekte gerichtliche bzw. amtliche Aussagen abzugeben. Die Räte versprachen, die Güter der Stadt zu hüten und aufzubewahren.

Streit im Magistrat

Der neugewählte Magistrat begab sich vom Baumgarten zum Rathaus, der alte „aber zehrte am Abend freundschaftlich und manierlich auf Kosten der Stadt wegen des Vorteiles, den sie hatten von den neuen Amtleuten“.

Am Tag nach der Ratswahl bestellte bzw. bestätigte der Magistrat weiteres Personal, das Stadtrecht von ca. 1440 bezeichnet sie als „Gesellen“ des Bürgermeisters, so die koermeister, verantwortlich für die Qualität von Brot, Wein, Hopfen, Fisch, Fleisch, die Vorsteher der Nachbarschaften (burmeystere) und die Aufseher für die Sauberkeit der Straßen (slyckmeyster = Schlammmeister). Der Schreiber arbeitete als städtischer Bediensteter für Richter und Schöffen, seine Berufung galt unbefristet.

Das Wahlverfahren ist mit dem heutigen nicht zu vergleichen, von einer demokratischen Wahl kann in den ersten Jahrhunderten der Stadtgeschichte keine Rede sein. Im Prinzip lag die Wahl in den Händen des abtretenden Magistrates, was auf Dauer zu vielen Streitigkeiten führte.