Kleve. Bundespräsidenten-Kandidat Christoph Butterwegge sprach im Klever XOX-Theater. Armut war sein Thema bei den Linken im Kreis Kleve

Die Kälte zieht hinauf ins XOX-Theater. Nicht nur die winterliche Kälte, auch die soziale. Es geht um die Armut. Die Kinderarmut, die Altersarmut. Eingeladen haben die „Linken“, vorne stehen zwei ihrer Exponenten. Christoph Butterwegge ist ihr chancenloser Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten. Matthias W. Birkwald ist ihr Rentenexperte im Bundestag. Beide glauben, dass es bessere Möglichkeiten gibt als die derzeit genutzten, um die jetzige und künftige Armut zu bekämpfen.

Wer über Reichtum nicht reden will

„Wer über den Reichtum nicht reden will, sollte von der Armut schweigen“, sagte Butterwegge in Anlehnung an einen Satz des Philosophen Wittgenstein. Der war übrigens von Geburt an reich, verschenkte dann aber seinen ganzen Besitz. Sein Beispiel hat keine Schule gemacht. Das reichste Geschwisterpaar in Deutschland, so Butterwegge, habe im letzten Jahr allein 964 Millionen Euro Dividende aus BMW-Aktien erhalten.

Anderswo nennt man sie Oligarchen

Unvorstellbarer Reichtum. „Bei uns heißen diese Leute Familienunternehmer, anderswo nennt man sie Oligarchen.“ Wer eine Packung Windeln kauft, zahlt 19 Prozent Umsatzsteuer. Kauft man Aktienpakete für 30 Millionen Euro, zahlt man keine Umsatzsteuer. Hm.

Demontage des Sozialstaats, des Rentensystems, dagegen Förderung der Reichsten – man kennt diese Vorwürfe. Aber kennt man auch die Armen? Butterwegge hat vom Rechtsextremismus über die Migration bis hin zur Armut schon alle gesellschaftlichen Problembereiche wissenschaftlich untersucht. Jetzt, als Kandidat, nutzt er die mediale Aufmerksamkeit, um das Phänomen der sozialen Ungerechtigkeit in den Fokus zu rücken.

Und es stimmt ja: Wenn von zehneinhalb Millionen Kindern unter 15 Jahren in Deutschland etwa 1,5 Millionen in Hartz-IV-Verhältnissen aufwachsen, dürften Politiker nachts eigentlich nicht mehr ruhig schlafen. Nicht nur die.

Um die Rente wird ein „Klassenkampf“ entstehen

Dem Kölner Bundestagsabgeordneten Matthias W. Birkwald merkte man den Politiker deutlich an. Aber zwischen so manchen beifallsheischenden Parolen legte er im Hinblick auf die Rentenpolitik doch den Finger in die Wunde. Nach heutigem Standard wird ein großer Teil der jüngeren Bevölkerung auch trotz Riester-Rente im Alter arm sein.

Und im Jahr 2030 müssten die Beschäftigen 18,1 Prozent des Lohns für Rentenversicherung, Riester und Betriebsrente ausgeben, die Arbeitgeber nur 10,9 Prozent. Birkwald: „Das ist Klassenkampf!“

Vorbild könnte Österreich sein: deutlich höhere Rente

Andererseits scheinen ein Rentenniveau von 53 Prozent wie unter Helmut Kohl, eine solidarische Mindestrente, eine Einbeziehung der Beamten ins Rentensystem illusorisch. Gibt es aber alles schon, so Birkwalds Fazit. In Österreich nämlich. Dort erhalten männliche Rentner im Schnitt über 1100 Euro mehr Rente als in Deutschland, weibliche immerhin noch 411 Euro mehr.

Demnächst fährt er mit dem Rentenausschuss des Bundestags nach Österreich. Das ist die hohe Ebene der Politik. Die untere fasste Butterwegge so zusammen: „Wir brauchen mehr außerparlamentarischen Druck.“