Kreis Kleve. . Beim Volksbegehren sollen Bürger jetzt abstimmen. Listen liegen in den Rathäusern aus. Schulen haben meist schon Konzepte in der Schublade.
„Tatsächlich ist es ein entscheidendes Thema in Goch: G8 oder G9“, sagt Dr. Christoph Peters, Direktor des Gocher Gymnasiums Gogy. Gymnasialzeit in 8 oder 9 Jahren, die Frage soll nun zum Inhalt eines Volksbegehrens in Nordrhein-Westfalen werden. Laut einer Umfrage der „Landeselternschaft Gymnasien“ vom April 2016 plädierten 79 Prozent der befragten Mütter und Väter dafür, zu G9 zurück zu kehren.
Vom 2. Februar bis 7. Juni abstimmen
Vom Donnerstag, 2. Februar, bis 7. Juni müssen die Städte und Gemeinden die Möglichkeit geben, das Volksbegehren zu unterstützen und legen in den Rathäusern Listen bereit. Nach Ende der öffentlichen Auslegung dürfen die Initiatoren von „G9 jetzt“ noch bis 4. Januar 2018 weitere Unterschriften sammeln.
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Welche Meinungen sammelten die Schulleiter hier vor Ort? „Wir haben G8 gut im Griff, das ist nicht der Punkt. Auch werden die Schüler nicht ihrer Kindheit beraubt“, räumt Dr. Peters in Goch ein. Aber der Hoffnung bei G9 auf „mehr Zeit, mehr Ruhe, mehr Tiefe kann ich mindestens beim letzten Punkt nicht widersprechen“, sagt er. „Ich verfolge interessiert und bin teils überrascht, wie die politische Diskussion läuft und welche Konzepte aus dem Hut gezaubert werden.
Uns hat vom Ministerium noch keiner gefragt. Ich denke, eine Entscheidung wäre lokal zu sehen. Unsere Rahmenbedingungen sind andere als etwa in Duisburg. Der Tenor, den ich hier aufgreife: Zu G9 zurück zu kehren nach einem Konzept, das wir am Gocher Gymnasium ausgearbeitet schon in der Schublade liegen haben“, verrät Peters. Es beinhalte G8 als Möglichkeit für Springer.
Gaesdonck fährt G9 und G8 parallel
Genau dieses „D-Zug-Modell“ fährt das Collegium Augustinianum Gaesdonck bei Goch, seit es ab 2011/12 am Landesversuch teilnimmt – der nun bis 2020 verlängert wurde. G9 und G8, beides parallel. „Wir erhoffen uns, dass wir es auf Dauer so beibehalten dürfen, weil es gut zu uns passt und wir bemerken, wie zufrieden Schülerschaft, Eltern und Kollegium sind“, sagt Direktor Peter Broeders.
„Die Gaesdonck steht für breite Bildung. Ziel ist ein gutes Abitur, aber nicht nur das, sondern eine breite Entwicklung auch von Kunst, Musik, Freizeitaktivität. Es gibt immer auch Schüler, die das in acht Jahren schaffen. Für diese Springer gibt es dann ein zusätzliches Förderprogramm in den Kernfächern.“ Schüler und Eltern müssen sich nicht zu Beginn der Gaesdonck-Laufbahn, sondern erst in Klasse 9 für zwölf oder 13 Schuljahre entscheiden. „Oft wird das ja später erst klarer“, sagt Broeders.
„Springer hat es auch zu früheren G9-Zeiten immer gegeben“, erinnert Susanne Janßen vom Gymnasium Kalkar. „Wenn es ermöglicht wird, zu G9 zurück zu kehren, würden wir es sofort umsetzen.“ Das hat sie bereits vorsorglich im Kollegium erfragt. „Wir würden die Mehrarbeit, die eine Umstellung bedeutet, nicht scheuen. Auch die meisten Eltern sind dafür“. Denn „wenn Eltern immer das Gefühl haben, ihr Kind werde überfordert, nutzen keine Sachargumente. G8 kann funktionieren, aber nicht, wenn sich so viele Bedenken verfestigt haben. Eine klare Entscheidung muss jetzt her“, und zwar von den Bildungspolitikern.
Endlich Verbindlichkeit gefordert
„Endlich Verbindlichkeit“ durch „klare Vorgaben“ vom Schulministerium, nicht lokal, wünscht sich Georg Lettmann, stellvertretender Schulleiter des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums Kleve. Auf dessen Schulkonferenzen sei das verkürzte Abitur in den vergangenen Jahren kein Thema mehr gewesen: „Man nimmt es so hin“, meint er. Unter Eltern mache seiner Beobachtung nach weniger das aktuelle G8 Sorgen, als die Frage „wie es damit weitergeht in NRW“.
„Wir sind offen für eine gute Lösung“ , sagt Heinz Bernd Westerhoff, Leiter des Konrad-Adenauer-Gymnasiums Kleve. „G9 hört sich gut an“, wenn es eine Struktur erhalte wie die ursprüngliche Gymnasialzeit, also etwa mit der zweiten Fremdsprache erst ab Klasse 7, und keine Mogelpackung werde. „Dann hat G9 wirklich Charme“. Mittlerweile steuere ja auch die Wirtschaft nach, weiß er – wobei die Idee des G8 einst ja nicht etwa aus dem Schul-, sondern vom Wirtschaftsministerium kam. Westerhoff erklärt, dass Schüler in Vorbild Frankreich zwar nach zwölf Jahren mit der Schule fertig sind, aber vor dem Studieren ein Vorstudium absolvieren müssen.
1,06 Millionen Unterschriften nötig
Es gibt in NRW 532 522 Schüler/innen in den 625 Gymnasien. Ein Volksbegehren muss von mindestens 8 Prozent Stimmberechtigten gestellt werden, „demnach ca. 1.060.000 Unterschriften erforderlich. Es gibt hierbei keinen Zusammenhang zur Schülerzahl,“ antwortet Dagmar Groß, Pressesprecherin der Bezirksregierung, auf NRZ-Anfrage. Stimmberechtigt sind alle volljährigen Deutschen. Auch an vier Sonntagen müssen die Büros in Rathäusern oder Bürgerbüros für das Volksbegehren offen sein: am 19. Februar, 26. März, 30. April und am 28. Mai.
Infos gibt es unter : www.g9-jetzt-nrw.de