Kleve. . Bewertungen von 1,0 bis 1,3 für die Clivia-Pflegegruppe. Anonyme Vorwürfe waren Auslöser für Überprüfung
Gleich zweimal innerhalb eines Jahres wurde die Clivia-Altenpflegegruppe in Kleve vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen überprüft. Und erhielt Bestnoten. Auslöser für die erneute Kontrolle war ein anonymes Schreiben gewesen, das vor einigen Wochen von „Ausbeutung des Pflegepersonals“, „Machenschaften“ im Unternehmen und unterbezahlten Ausländern berichtete.
Wie Clivia-Geschäftsführer Christian Nitsch der NRZ auf Anfrage bestätigt, wurden die Pflegeeinrichtungen der Gruppe „einem erneuten Gutachten zur Beurteilung der Qualität nach Paragraph 112 SGB XI in der ambulanten und den beiden stationären Einrichtungen unterzogen“. An zwei Tagen im August haben 14 Prüfer/innen aber keine Bestätigung für die Vorwürfe gefunden: in „keinem einzigen Punkt“. Das hätten die Prüfer schon im Abschlussgespräch den Verantwortlichen der Clivia-Gruppe mitgeteilt.
Die Noten folgten jetzt schriftlich: Beide vollstationären Pflegeeinrichtungen hätten ihre Ergebnisse im Vergleich zur turnusmäßigen Prüfung am Jahresanfang noch verbessern können. Sie schließen mit einer sehr guten 1,1 beziehungsweise 1,3 ab. „Sensationell“ sei die erneute Note 1,0 für den ambulanten Pflegedienst mit intensivpflegerischem Schwerpunkt. Nitsch: „Gerade im ambulanten Bereich hat die Clivia Gruppe durch den Bereich der außerklinischen Heimbeatmung und der Intensivpflege eine besondere Kompetenz in den letzten Jahren erworben.“ Und auch in der Umfrage unter den Kunden erlangte Clivia eine 1,0. „Wenn die Mitarbeiter tatsächlich ausgepowert wären, würde das auf die Zufriedenheit der Bewohner niederschlagen“, ist Christian Nitsch überzeugt.
Ein erstes anonymes Schreiben war Anfang des Jahres an den Clivia-Geschäftsführer geschickt worden. Es beklagte, dass Kollegen durch Überstunden und Zusatzdienste im „Pflegeimperium“ ausgepresst würden, der Chef kein Feedback gebe, Mitarbeiter mit ihren Nöten allein lasse, nicht fair entlohne.
Das zweite Schreiben beklagte detaillierter, dass spanische Mitarbeiterinnen unter „fadenscheinigen Versprechungen“ nach Kleve gelockt würden und hier aber nach Zwölfstundendiensten zu erschöpft seien für eine „freie Entfaltung“. Man arbeite wie am Fließband. Personalausfälle wegen Erschöpfung und psychischen Drucks gebe es im Bereich der Wachkoma- und Beatmungspatienten. Nitsch zur NRZ: Im intensiv-pflegerischen Bereich sei Clivia in einer „komfortablen Situation“, arbeite mit einem „exorbitant guten Pflegeschlüssel.“ Überall fielen in der Pflege Überstunden an, auch bei Clivia. Sie würden ausbezahlt.
Weiterer Anwurf: Christian Nitsch persönlich sei zu „geizig, vernünftige Gehälter zu zahlen“. Dazu antwortet Nitsch der NRZ: „Die Unterstellung ist töricht, dass wir anders bezahlen würden als mit den Kostenträgern vereinbart.“
Bezahlung laut Vereinbarung
Nitsch sagt: „Wir machen Personalkosten und Sachkosten transparent. Auch Einzelfallvergütungen sind mit den Kostenträgern abgesprochen. Wir müssen genau belegen, zu welchem Entgelt Personal beschäftigt ist, welche weiteren Kosten entstehen“, so der Geschäftsführer.
„Vergütet wird unabhängig von Geschlecht oder Herkunft.“ Wobei die in Spanien angeworbenen Pflegekräfte (die NRZ berichtete über die Aktion) eher Vorteile genössen, weil sie im ersten halben Jahr der Probezeit Flugkostenzuschuss und kostenlose Unterkunft im Appartement bekommen, bevor sie sich entscheiden zu bleiben – trotz der Sprachanforderungen und des veränderten Berufsbildes. In Zeiten des Pflegenotstandes sei es doch klar, dass man Arbeitsplätze und Leistungen so anbiete, dass man der Konkurrenz am Pflegedienst-Markt Stand halte.
Christian Nitsch hat auch mit den Mitarbeitern gesprochen. Sie hätten „unisono“ die anonyme Kritik nicht geteilt. Der Geschäftsführer ist „dankbar für die geschlossene Leistung aller in der Clivia-Gruppe beschäftigten Mitarbeiter, die zum Wohle unserer anvertrauten Patientinnen und Patienten tagtäglich ihr großes persönliches Engagement einbringen“.
Er empfindet „eine persönliche Betroffenheit. Die Inhalte des Schreigens sind so weit hergeholt. Sie stellen eine Belastung auch für die Mitarbeiter dar.“ Die Schreiben hätten „zum Ziel, die Entwicklung der Clivia-Gruppe in der Pflegebranche und damit in der gesamten Öffentlichkeit zu schaden“. Die Clivia-Gruppe habe Strafanzeige „wegen Verunglimpfung“ gestellt.