Gelsenkirchen. Silbermond haben 6100 Fans im Gelsenkirchener Amphitheater entzückt. Die Feiernden tragen Sängerin Stefanie Kloß auf Händen. Kurz wird es still.

Silbermond müssten in diesen Tagen eigentlich Silberhochzeits-Mond heißen. 25 gemeinsame Musikerjahre haben Stefanie Kloß, Johannes Stolle, Thomas Stolle und Andreas Nowak aus dem sächsischen Bautzen immerhin absolviert.

Dass ihre anfängliche Teenager-Freundschaft beim Jugendmusikprojekt „Ten Sing“ später zu beachtlichen Erfolgswellen führte, daran lässt die deutschsprachige Rock-Pop-Band in mehr als zwei rasanten Konzertstunden in Gelsenkirchen wenig Zweifel aufkommen.

Radio-Ohrwürmer reihen sich geschmeidig aneinander. 6100 Fans arbeiten akribisch mit, lassen kaum einen Zentimeter im ausverkauften Amphitheater frei. Silbermond singen „Auf, auf“, das Publikum geht ab, ab. Der Titelsong ihres erst vor gut drei Wochen erschienenen siebten Albums startet den Gute-Laune-Marathon.

Silbermond in Gelsenkirchen: Gute Laune am Strand des Lächelns

„Oh, ich lieb's, oh, ich lieb's, wenn der Krokus blüht. Die Kraniche zurückkommen, genau wie meine Energie. Ich war noch nie so durstig. Nach Menschen, Freiheit, Nähe. So voller großer Pläne.“ Der Auftakt schaltet direkt in den Sehnsuchtsmodus. Würde den Rhein-Herne-Kanal eine Badeküste zieren. Das Amphitheater wäre jetzt: Strand des Lächelns.

„Warum hat uns keiner vorher von dieser grandiosen Bühne erzählt?“, fragt Sängerin Stefanie Kloß bei ihrer Nordsternpark-Premiere und mustert die sommerlich anmutende Umgebung. Die Mundwinkel sind weit nach oben gezogen. 1998 hießen Silbermond noch „Exakt“ und spielten Cover-Songs, später nannten sie sich in „Jast“ um. Erst seit 2002 schimmert der heutige Silbermond.

Okay, Teenager sind sie nicht mehr: Die Silbermonde pendeln gemeinschaftlich um die 40 Lenzen herum. Stefanie Kloß ist seit fünf Jahren Mutter eines Sohnes, hat mit Gitarrist Thomas Stolle bandintern ihren Lebenspartner gefunden. Und ihre Anhänger in Gelsenkirchen? Ein zeitloser Klatsch-Appart: Gleichaltriges Publikum von damals. Mütter und Väter mit Söhnen und Töchtern. Komplette Familien samt Oma und Opa.

Das Quartett bleibt sich treu, zeigt sich trotzdem beweglich: Stefanie Kloß verfällt dem Crowdsurfing und lässt sich im Innenraum zu „Verschwende deine Zeit“ mal eben von den Händen der Zuschauer zu einer kleinen Zweitbühne auf den Rängen tragen. Mehr Fannähe geht nicht.

Silbermond in Gelsenkirchen: „Das Beste“ wird zum Tauschkonzert

Silbermond können sich auf die Fahne schreiben, Anfang der 2000er-Jahre den deutschen Pop schon ein wenig aus dem Dornröschenschlaf musiziert zu haben. Ohne das Genre dabei sonderlich neu zu erfinden. Es ist die Zeit, als die Bandkollegen von Juli die „Perfekte Welle“ starteten. Jeanette Biedermann neben Ralf Möller in „Hai-Alarm auf Mallorca“ mitspielte - und bei Konzerttouren wie Britney Spears tirilierte.

Was bei Silbermond geblieben ist, sind tausende Fan-Arme, die Stefanie Kloß dirigiert. Sie schlagen von vorne nach hinten. Wahlweise von links nach rechts. Die 38-Jährige verteilt Gütesiegel: „Ey Gelsenkirchen, was geht denn hier ab? Ihr seid Spitzenklasse!“

Stefanie Kloß muss es wissen. Sie hörte als Coach in Casting-Shows wie „The Voice of Germany“ und „The Voice Kids“ bereits fleißig aufstrebenden Talenten zu. Zuletzt griff sie beim Vox-Format „Sing meinen Song - das Tauschkonzert“ im Wechselspiel mit Musiker-Kollegen zum TV-Mikrofon.

Ein Tauschkonzert ist es auch in Gelsenkirchen: Kaum hat die 1,67-Meter-Frau „Das Beste“ angestimmt, übernehmen die Fans stimmlich das Kommando. Der Rollentausch ist perfekt: Die Anhänger singen, die Band staunt.

Silbermond in Gelsenkirchen: Stefanie Kloß widmet Song ihrer Mutter

Kurz wird es still: Stefanie Kloß widmet den Song „Hey Ma“ ihrer Mutter, bei der sie sich immer sicher gefühlt habe. Die Sängerin spricht von einer gesungenen Liebeserklärung. Sie erzählt es den 6100 Fans als würde sie vertraulich mit der besten Freundin plaudern. „Vielleicht muss man erst selbst Kids haben, um den Wert zu schätzen.“

Bei den Hits sind Silbermond an diesem Abend ziemlich komplett: „Symphonie“, „Irgendwas bleibt“, „Durch die Nacht“ und „Krieger des Lichts“. Nur wer auf „Zeit für Optimisten“ wartet, hofft an diesem Abend vergebens.

Die Fans schauen in den Himmel. Der Mond ist längst aufgegangen. Zufriedene Gesichter!

>>> Amphitheater Gelsenkirchen: Howard Carpendale tritt auf - „Hello again“

Nach Nena, Peter Maffay und Silbermond nehmen weitere deutschsprachige Musiker schallstark Kurs auf das Amphitheater Gelsenkirchen. Am Samstag, 29. Juli, sagt Schlager-Großmeister Howard Carpendale: „Hello again!“ Tickets: ab 60 Euro.

Eigentlich ist er noch ein Frischling, trotzdem kann Ben Zucker schon auf fünf Schlagerjahre zurückblicken. Am Donnerstag, 17. August, singt der Ohrwurm-Musiker mit der rauchigen Stimme: „Was für eine geile Zeit“. Tickets: ab 65 Euro.