Essen. . Seit 1975 steht jungen Leuten im Katernberger Jugendhaus „Freie Schule“ die Tür offen. Ursprünglich hatten Studenten mit ihrem Professor die leer stehende Katernberger Schule besetzt. Heute bringt die Einrichtung Künstler hervor und ist darüber hinaus mit zahlreichen Angeboten eine Plattform für Kinder und Jugendliche.
Ob es wohl die Losung „Offen im Denken“ ihrer Essener Universität war, die eine Gruppe junger Studenten zusammen mit ihrem Professor 1975 dazu brachte, eine leer stehende Katernberger Schule zu besetzen? Martina Morzonek-Kolberg kann es heute nicht genau sagen; sie kam erst einige Jahre später zum nunmehr von der Stadt geduldeten, geschätzten und vor allem geförderten Besetzer-Team hinzu – dem der „Freien Schule Essen“, einem Jugendhaus an der Schalker Straße. Was die Diplompädagogin und Sport-Übungsleiterin aber weiß, ist, dass sich die Hartnäckigkeit ihrer Vorgänger, eine offene Tür für benachteiligte Kinder und Jugendliche zu gründen, gelohnt hat.
Heute kommen täglich junge Leute ins Haus – die einen wegen der warmen Mahlzeit am Mittag, die anderen um Freunde zu treffen und irgendwie alle, um sich sportlich, intellektuell, kreativ oder beim gemeinsamen Kochen kulinarisch zu betätigen. Denn von der Hausaufgabenbetreuung, Fitnessangeboten, Tanz-, Zeichen- und Malkursen, individueller Lese- und Sprachförderung bis hin zu Frauentreff, Kinderbetreuung und ebenso dem Prager-Eltern-Kind-Programm (Pekip) gibt’s heute fast alles in der Freien Schule, was dem Nachwuchs Spaß macht und ihm hilft. Wie etwa die eigene Kleiderkammer für Heranwachsende, die aus ihren Klamotten schon lange heraus gewachsen sind, deren Eltern aber kein Geld für neue Hosen, Pullis und Socken haben.
Ungeliebte Anträge
„Über die Jahre kamen immer mehr Angebote hinzu, aber alles, was wir hier tun, kostet Geld“, betont Morzonek-Kolberg. Geld, das der kleine gemeinnützige Verein nicht einfach im Schulkeller liegen hat, sondern sich, so wie andere Einrichtungen der Wohlfahrt, sammeln muss: „Die Zeit, die ich mittlerweile aufbringe, um Förderanträge zu schreiben, würd’ ich viel lieber in die Kinder und ihre Zukunft investieren“, meint Morzonek-Kolberg, die im Haus den Spitznamen „Motte“ trägt. Von der Sparkasse kam der Tipp, sich an die Freddy-Fischer-Stiftung zu wenden. Und wer den Essener Stifter Freddy Fischer kennt, weiß: Wenn es um benachteiligte junge Menschen geht, kann er nicht nein sagen.
Seit zwei Jahren unterstützt er die Freie Schule; fünf Jahre sind erst einmal zugesagt. Aus einer Idee, jungen Leuten aus Essens Norden Kultur zugänglich zu machen, startete damals ein Kunstprojekt. Bei Fahrten durchs Ruhrgebiet lernten sie ihre Heimat, den Pott, kennen. Dabei machten sie viele Fotos, die ihnen später als Inspiration für eigene Bilder und Collagen dienten. Um mehr über die Technik namhafter Künstler zu erfahren – und um sie zu kopieren – standen Museumsbesuche auf dem Nachmittagsstundenplan. Alleine mit Kohle und Koks kreierten die Kinder Werke aus dem Pott. „Sie sind sehr stolz auf ihre Bilder. Und das können sie auch sein“, sagt Freddy Fischer und zwar nicht einfach so: Er konnte die Präsidentin des Landgerichts dafür gewinnen, über 50 Werke auszustellen und einige davon zu versteigern (siehe Box).
„Für die Kinder ist es eine echte Wertschätzung, dass ihre Bilder ausgestellt werden“, weiß Martina Morzonek-Kolberg. Und vielleicht der Anfang mancher Katernberger Künstler-Karriere.
Auktion gegen Kinderarmut am 10. Januar
Zum Start ins neue Jahr stellt die „Freie Schule Essen“ über 50 Kunstwerke, gestaltet von jungen Leuten aus dem Essener Norden, im Landgericht aus. Zur Eröffnung der Ausstellung laden die Präsidentin des Landgerichts und der Verein „Justiz und Kultur in Essen“ am morgigen Dienstag, 10. Januar, um 18 Uhr an die Zweigertstraße. Einige Werke kommen am Abend bei einer Auktion mit dem Thema „Kinder für Kinder“ unter den Hammer. Der Erlös geht an Projekte gegen Kinderarmut in der Stadt. Zu sehen sind die Kunstwerke im Foyer im zweiten Obergeschoss. Die Ausstellung ist montags bis freitags von 8.30 bis 16 Uhr geöffnet.
Weitere Informationen gibt’s im Internet auf www.freddyfischer-stiftung.de sowie auf der Facebook-Seite von „Freie Schule Essen e.V.“.