Essen..

Als erste Stadt in Deutschland plant Essen, eine Vergnügungssteuer für gewerbliche Solarien einzuführen. Die Idee stammt aus den USA, wo die „Bräunungssteuer“ Mitte 2010 eingeführt wurde. Die Betreiber in Essen laufen Sturm.

Auf der Suche nach neuen Einnahmequellen gibt es immer einen, der den Anfang machen muss. Und der saß in diesem Fall jenseits des großen Teiches: Dort, in den USA, reifte vor einem Jahr der Plan, kosmetische Schönheitsoperationen zu besteuern, aber dann, der Himmel weiß warum, überlegte es sich die Regierung doch noch anders – und führte zur Jahresmitte 2010 ersatzweise eine zehnprozentige Bräunungssteuer („Tanning Tax“) ein. Die hiesige Solarien-Branche schüttelte den Kopf und versuchte es mit ein wenig Spott: „So etwas kann in Deutschland nicht passieren!“, hieß es in den Solarien-News. „Oder?“

Und ob: Als erste Stadt in Deutschland schickt sich dieser Tage die Stadt Essen an, eine Vergnügungssteuer für gewerblich genutzte Solarien einzuführen. 20 Euro pro Monat und Sonnenbank soll der Steuersatz betragen – zu entrichten von klassischen Sonnenstudios genauso wie etwa von Fitnessclubs, die derlei Gerätschaften „zur Bestrahlung des Körpers mit UV-Licht“ neben anderen Aktivitäten anbieten.

Volksgesundheit im Blick

Die Stadt verspricht sich von der neuen Steuer jährliche Einnahmen in einer Höhe von rund 150.000 Euro – und dazu eine gewisse Eindämmung des Sonnenstudio-Markts zwischen Karnap und Kettwig „aus Gründen der Volksgesundheit“.

Formulierungen wie diese entlocken Leopold Bergmann nur tiefe Seufzer: Er verantwortet die Internetseite des Photomed Bundesfachverbands Solarien und Besonnung e.V. , dem etwa ein Viertel der rund 50 Essener Sonnenstudios angeschlossen sind. Und Bergmann weiß nur zu gut, dass die sonnigsten Tage der Solarien-Branche längst vorbei sind: Binnen acht, neun Jahren hätte sich die Zahl der bundesweit bis zu 9000 Sonnenstudios auf jetzt noch etwa 4200 mehr als halbiert.

Gründe? Ein gnadenloser (Preis-)Wettbewerb auf einem mit Sonnenbänken überversorgten Markt und die „einseitige und militante Anti-Solarien-Stimmung der Hautarzt-Verbände“, wie Bergmann es nennt. Das Geschäft für ein Produkt oder eine Dienstleistung läuft eben nicht sonderlich prickelnd, wenn alle Welt es mit Krebsgefahr und Hautalterung in Verbindung bringt.

So ging die Statistik anno 2002 noch von durchschnittlich zwei bis drei Sonnenbank-Besuchen pro Einwohner aus, für Essen wären das 1,1 bis 1,7 Millionen Besuche. Die Zahl dürfte sich eher verringert haben, viele Studios krebsen am Existenzminimum, glaubt Branchen-Experte Bergmann: „Die meisten Studios sind eben Kleinstbetriebe mit sieben, acht Bänken, die Kapitalausstattung ist oft minimal.“

20 Euro pro Monat und Bank? „Das wäre womöglich für viele Studios der letzte Schubser über die Klippe, ich kann mir nicht vorstellen, dass das in dieser Größenordnung kommt.“ Und das nicht nur, weil es für die Stadt derzeit offenbar keine Handhabe gibt, einen Solariums-Besuch samt offizieller Sonnenbank-Zählung zu erzwingen. Es geht auch um die Frage, ob die Steuer eine „erdrosselnde Wirkung“ haben könnte, das wäre nämlich rechtlich nicht zulässig.

Die Stadt winkt schon im Vorfeld ab: Bei geschätzt rund 328 Betriebsstunden im Monat ergebe sich eine Steuerlast von sechs Cent je Gerät und Betriebsstunde, dies „stünde einem wirtschaftlichen Betrieb nicht entgegen“, heißt es. Branchen-Fachmann Bergmann widerspricht und kündigt schon jetzt Widerstand an: „Eine Klage ist durchaus möglich.“

Land muss Steuer-Premiere absegnen

Wenn die Branche schon über rechtliche Bedenken gegen die Solariensteuer fabuliert – handelt es sich bei den 150.000 Euro von der Sonnenbank also nur um Scheingewinne? Die Antwort auf diese Frage steht noch einige Zeit aus, denn zunächst muss der Rat am 22. September die Einführung der im Grundsatz bereits abgesegneten Sonnenbank-Steuer beschließen. Danach müssten – da die Steuer noch nirgends erhoben wird – sowohl das Innen- wie auch das Finanzministerium NRW die Steuer genehmigen. Dass die Chancen dafür so schlecht nicht stehen, zeigt eine andere gestern veröffentlichte Entscheidung: Danach geben die beiden besagten Ministerien grünes Licht für die so genannte „Übernachtungssteuer“, bei der die Stadt Köln im März Vorreiter spielte.

In Essen wurde diese Bettensteuer ursprünglich auch diskutiert, zumal die auf Bundesebene beschlossenen Steuererleichterungen für Hotels manche politischen Bedenken hinwegfegte. Die Ratsmehrheit von CDU, Grünen, FDP und Bürger Bündnis verzichtete am Ende jedoch auf die Einführung, weil man dies im Kulturhauptstadtjahr als falsches Signal empfunden hätte. Für 2012 ist eine Wiedervorlage geplant.