Essen. Ein Patient in der Essener Uniklinik bekommt eine Überdosis Schmerzmittel und stirbt fast. Was vorgefallen ist, soll jetzt das Gericht klären.
Eine Krankenschwester soll einem Patienten in der Essener Turmorklinik vor knapp zwei Jahren wider besseres Wissen eine tödliche Dosis Schmerzmittel verabreicht haben. Der schwer krebskranke Mann konnte gerade noch gerettet werden. Seit Mittwoch steht die 38-Jährige vor Gericht. Die Anklage lautet auf versuchten Totschlag.
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„40 Milliliter Polamidon.“ So stand es angeblich in der elektronischen Krankenakte. Ein fataler Fehleintrag. Das soll auch der erfahrenen Krankenschwester bewusst gewesen sein. Eigentlich hätte es wohl „40 Tropfen“ heißen müssen. Trotzdem soll sie dem Patienten die Überdosis verabreicht haben. In der Anklage heißt es dazu wörtlich: „Sie beabsichtigte, die Ärzte zu belehren, da diese die überhöhte Dosis – wenn auch versehentlich – angeordnet hatten.“
Es war der 6. Juli 2022. Die Angeklagte war zur Frühschicht eingeteilt. In der Nacht zuvor hatte es um den falschen Eintrag im Computer-System bereits hektische Diskussionen gegeben.
Angeklagte der Essener Uniklinik soll gesagt haben: Dosis ist tödlich – „ja, ich weiß“
Eine Nachtschwester hatte eine Ärztin alarmiert, weil sie sich über die viel zu hohe Dosis gewundert hatte. Am Morgen will sie die Angeklagte dann auch darauf hingewiesen haben. „Ich habe ihr gesagt, dass sie das nochmal mit den Ärzten abklären soll“, sagte sie bei ihrer Zeugenvernehmung am Essener Schwurgericht. Weil man den Patienten mit 40 Millilitern umbringen könne. Die Antwort der Angeklagten soll nur aus drei Worten bestanden haben: „Ja, ich weiß.“
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die diensthabende Ärztin von der Angeklagten allerdings erst informiert wurde, als der Patient die Überdosis schon geschluckt hatte.
Angeklagte der Essener Uniklinik: „Ich erwarte, dass er gleich einen Krampfanfall bekommt“
„Die Dosis ist zu hoch. Ich habe sie ihm aber verabreicht und erwarte, dass er gleich einen Krampfanfall bekommt.“ So oder so ähnlich soll sich die 38-Jährige damals gegenüber der Ärztin geäußert haben. Tatsächlich soll der Krampf zu diesem Zeitpunkt bereits begonnen haben. Der Patient hatte laut Anklage nur durch die sofortige Verabreichung eines Gegenmittels gerettet werden können. Im Prozess war von potenzieller Lebensgefahr die Rede.
Die angeklagte Krankenschwester war nach eigenen Angaben bereits dreieinhalb Jahre lang in der Tumorklinik im Essener Universitätsklinikum beschäftigt. Ihre Kollegin beschrieb sie als fachlich kompetent.
Ihre Meinung über die Ärzte sei allerdings nicht immer gut gewesen. „Wenn die Ärzte die Dinge nicht so angeordnet haben, wie sie es eigentlich sollten, dann hat sie sich darüber aufgeregt“, so die Kollegin. „Weil das immer wieder die gleichen Fehler waren.“ Der falsche Eintrag in der elektronischen Patientenakte hatte in der Nacht angeblich nicht geändert werden können. Grund soll ein System-Update gewesen sein. Deshalb stand er morgens angeblich immer noch in der Akte.
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Der Krankenschwester war nach Bekanntwerden der Vorwürfe gekündigt worden. Im Prozess am Essener Landgericht will sie sich nicht zu den Vorwürfen äußern. Ihr Verteidiger Yannic Ippolito sagt „Die Angeklagte weist die Vorwürfe pauschal zurück.“ Mit einem Urteil ist voraussichtlich Anfang Juli zu rechnen.
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