Essen. Familienchronik und Fotokalender: Der Hobbyhistoriker Stoll forscht zu Rellinghausen und Bergerhausen. Aber noch sind viele Fragen offen.

Einen Kalender für 2025 mit historischen Fotos aus Essen-Bergerhausen, Rellinghausen und Stadtwald (Heide), fotografiert von Ludwig Potthoff, hat der Essener Hobbyhistoriker Johannes Stoll zusammengestellt. Einige der Häuser, die dort abgebildet sind, existieren noch, sind inzwischen zum Teil aufwendig renoviert, andere dagegen sind längst abgerissen. Stoll hofft nun auf Hinweise der Bürger.

Denn auch bei seinen bisherigen Recherchen zur Stadtteil-Geschichte ist er immer wieder auf überraschende Quellen gestoßen, die sich oft als sehr ergiebig und spannend erwiesen haben. So sei der aktuell fertiggestellte Kalender ein Nebenprodukt seiner Recherchen zum Buch „Die Bauerschaft Bergerhausen“. Darin hatte er im Nachwort die Leserschaft gebeten, ihm bei der Suche nach der verschollenen Abiturarbeit des Bergerhausers Heinz Potthoff von 1914 weiterzuhelfen, in der es um Bauernhöfe im Umfeld geht.

Essener Heimatforscher arbeitet die Geschichte von Rellinghausen und Stadtwald auf

Kurz nach Erscheinen des Buches hatte Stoll, der viele Jahre Vorsitzender der Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald war, bereits einen Kalender mit Bergerhauser Motiven veröffentlicht. Dazu erreichte ihn ein Anruf: „Ich habe, was Sie suchen.“ Am Apparat war Heinz Potthoff, der 82-jährige Sohn des verstorbenen Verfassers der gesuchten Abiturschrift.

Aufwendig renoviert wurde das Wohnhaus an der Kunstwerkerstraße in Bergerhausen, wie Hobbyhistoriker Johannes Stoll mit Blick auf das alte Foto erläutert.
Aufwendig renoviert wurde das Wohnhaus an der Kunstwerkerstraße in Bergerhausen, wie Hobbyhistoriker Johannes Stoll mit Blick auf das alte Foto erläutert. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

„Mein Verleger hat den Aufsatz dann schonend digitalisiert, eine 110 Jahre alte Arbeit mit Federzeichnungen, die durch transparentes Papier geschützt waren“, so Stoll. Als er das Original zurückgab, habe Potthoff, der wie sein Vater Heinz mit Vornamen heißt, die Chronik seiner Familie hervorgeholt, 1964 verfasst von seinem Onkel Ludwig Potthoff.

Dieser habe sich um die Ortsgeschichte verdient gemacht und mit seinem Band „Rellinghausen – Im Wandel der Zeit“ 1953 großes Interesse ausgelöst. Stoll war von dem Material sofort begeistert, dachte gleich über eine Veröffentlichung nach.

Diese Pläne wurden konkreter, als zu der Abiturarbeit und der Familienchronik ein weiterer Mosaikstein hinzukam: Über die Arbeitsgemeinschaft Essener Geschichtsinitiativen gelangte Stoll in den Besitz von 200 Dias, teils sogar in Farbe, aufgenommen von Ludwig Potthoff zwischen 1939 und 1946. „Damit war die Entscheidung gefallen, die Geschichte der Familie Potthoff aus Bergerhausen zu Papier zu bringen“, so Stoll.

Autor sucht Informationen zu alten Häusern und Höfen im Essener Süden

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Ludwig Potthoff schreibt über Bauernhöfe, bäuerliche Traditionen, den frühen Bergbau, Familiengeschichten und Namensgebung. Er wertet Kirchenarchive, Kommunalarchive und private Akten aus. 26 Jahre nach Potthoffs Tod 1965 gründete sich die „Arbeitsgemeinschaft Essener Geschichtsinitiativen“, die seine Arbeit auf breiterer Basis fortsetzt.

Die Familie Potthoff stammte eigentlich aus Frohnhausen. Teile der Familie zogen gegen Mitte des 19. Jahrhunderts aber ins Siepental nach Bergerhausen. Noch heute erinnert der Straßenname Potthoffs Börde an die Familie.

Das Jagdhaus Schellenberg diente ursprünglich der Unterbringung von Waldarbeitern. Schon lange wird es aber als Restaurant genutzt.
Das Jagdhaus Schellenberg diente ursprünglich der Unterbringung von Waldarbeitern. Schon lange wird es aber als Restaurant genutzt. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Aus der Fotosammlung ergeben sich für den Hobbyhistoriker aber bis heute etliche Fragen. „Vielen der Dias im Nachlass Potthoff fehlt eine Beschriftung“, so Stoll. Er hat einige ältere Mitbürger aus Bergerhausen, Rellinghausen und Stadtwald zu einem Treffen eingeladen, in der Hoffnung, dass sie auf den Fotos etwas wiedererkennen. Bei einem vorangegangenen Treffen habe er damit schon gute Erfahrungen gemacht, obwohl die in den 1940er Jahren entstandenen Aufnahmen zum großen Teil inzwischen bereits verschwundene Gebäude zeigen. Sollte der neue Termin weitere Erkenntnisse bringen, würde Stoll weitere Dias beschriften und dem Stadtarchiv übergeben.

Viele der abgebildeten Häuser existieren nicht mehr

Die Fotos im Kalender zeigen unter anderem die ehemalige Möllenbecksche Mühle, die an der Frankenstraße stand und in den 1960er Jahren abgerissen wurde. Heute steht ein Autohaus auf dem Grundstück. Das 1670 erbaute Küsterhaus von St. Lambertus am Glockenberg ist dagegen bis heute bewohnt.

Ein anderes Bild zeigt das Jagdhaus Schellenberg der Freiherren von Vittinghof gen. Schell nahe der Korteklippe, das Waldarbeitern als Unterkunft diente. Nach dem Umbau 2001 beherbergt es bis heute ein Restaurant. Ebenfalls noch genutzt wird die Annenkapelle.

Ein anderes Fachwerkhaus an der Frankenstraße wurde im Zuge des evangelischen Kirchenneubaus 1934 zwischen Frankenstraße und Oberstraße errichtet, aber rund 30 Jahre später wegen Baufälligkeit abgebrochen, die Fläche nicht wieder bebaut. Abgerissen wurde 1962 auch der Hof Stiepel, nur noch der Stumpf des Stiepelturms erinnert an die Vergangenheit.

Ein Kalenderbild zeigt ein Fachwerkhaus an der Oberstraße, genannt Kotten Siepmann. Es befand sich oberhalb des Cafés Söhnchen. Das zugehörige große Grundstück reichte bis an die Frankenstraße und diente Ziegen als Weide. Die festliche Kleidung der Passantin und der Kinder auf dem Foto lässt laut Stoll auf einen Feiertag schließen.

Nicht nur einzelne Gebäude, sondern auch ganze Häuserzeilen sind auf den Kalenderblättern abgebildet, wie hier an der Straße Waldsaum in der Eyhof-Siedlung in Stadtwald.
Nicht nur einzelne Gebäude, sondern auch ganze Häuserzeilen sind auf den Kalenderblättern abgebildet, wie hier an der Straße Waldsaum in der Eyhof-Siedlung in Stadtwald. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Aufwendig saniert wurde ein kleines Wohngebäude an der Kunstwerkerstraße, in dem wohl zunächst ein leitender Angestellter der nahen Dinnendahlschen Fabrik wohnte, später Arbeiter des Unternehmens lebten. Dem Neubau mehrerer Wohngebäude weichen musste dagegen ein kleines Fachwerkhaus an der Oberstraße / Ecke Eginhardhöhe / Riesweg, das als Werkswohnung der Zeche Langenbrahm genutzt wurde, wie Stoll recherchiert hat.

Einige Hausbesitzer in Essen haben historische Gebäude behutsam renoviert

Bis heute existieren nicht nur die Häuser am Waldsaum in der Eyhof-Siedlung, sondern auch einige der abgebildeten Häuser an der Westfalenstraße sowie im Siepental, die dank behutsamer Renovierung und Modernisierung an vergangene Zeiten erinnern.

Der Kalender mit den historischen Fotos ist in einer Auflage von 200 Stück erschienen und ab sofort für 11 Euro bei folgenden Verkaufsstellen an der Frankenstraße erhältlich: Zeitschriften Domeinski (im Hellweg-Baumarkt), Tankstelle Goldmann, Lotto Schlüsener, Buchhandlung Leselust.

Wer die Stadtteile noch von früher kennt und glaubt, längst abgerissene Häuser noch zuordnen zu können, kann sich bei Johannes Stoll per Mail melden: stollconsult@freenet.de

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