Essen. Christiane Meusch (53) aus Essen erzählt von ihrem vergeblichen Kampf gegen das Übergwicht. Doch sie schafft die Wende – ohne Operation.
Christiane Meusch aus Essen hat sich jahrzehntelang herumgequält mit Übergewicht und Diäten, mit schlechtem Gewissen und Jo-Jo-Fallen, bis sie endlich einen radikalen Schnitt macht – und dem Teufelskreis entkommt. Ihr Erfolg ist imposant: Binnen 15 Monaten hat die 53 Jahre alte Essenerin ihr Gewicht von 108 auf 65 Kilogramm reduziert. Ein Minus von 43 kg.
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Wie hat sie das bloß geschafft? Beim Besuch in der Redaktion berichtet sie über den langen und scheinbar aussichtslosen Kampf gegen Hüftgold, Rettungsringe und Speckröllchen. Über kleine Siege und große Rückschläge – bis es endlich geklappt hat. Was unübersehbar und unüberhörbar ist: Christiane Meusch – 1,79 Meter groß – ist mega-stolz auf diesen Triumph gegen die Kilos. Konfektionsgröße 48 – das ist längst vorbei. Jetzt trägt sie 38 und zeigt es gern.
Essenerin erinnert sich an unschöne Ess-Erlebnisse ihrer Kindheit
Andere hätten sich bei so viel Leibesfülle womöglich operieren und den Magen verkleinern lassen. Oder auf die Wunderkraft einer Abnehmspritze gesetzt. Christiane Meusch wählte einen eher konventionellen Weg – den mit der strengen Weight Watchers-Arithmetik.
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Ihr Kampf gegen die Pfunde hat schon vor gut 30 Jahren begonnen. „Ich war als Kind und junge Frau eigentlich ein schlanker Typ“, erinnert sie sich. Aber mit „siebzehn oder achtzehn“, noch während der Ausbildung zur Justizangestellten beim Essener Amtsgericht, beginnt sie zuzulegen. „Bei der Arbeit habe ich gerne eine ganze Tafel Ritter Sport in mich reingestopft.“
Ungern erinnert sich die Frohnhausenerin an das strenge Regiment ihrer Mutter, wenn es an den Tisch ging. „Ich musste Dinge essen, die ich nicht mochte – und ich hatte den Teller gefälligst leer zu essen.“ Sofort fallen ihr die Königsberger Klopse ein. Sie habe auf die Kapern gebissen und würgen müssen. Weil sie die Klopse jedoch auf Biegen und Brechen zu essen hatte, sei ihr nichts anderes übriggeblieben, als den Brechreiz zu bekämpfen. Ein traumatisierendes Erlebnis: „Seitdem habe ich nie wieder Königsberger Klopse gegessen, der Ekel davor ist bis heute geblieben.“
Essenerin hat gehungert für die Hochzeit: „500 Gramm am Tag, ein halbes Äpfelchen, Brühwürfel“
Das Dickwerden beschreibt Christiane Meusch als einen schleichenden Prozess. Nach der Mahlzeit abends bei Muttern ging es noch mal mit Freunden rüber zur Pizzeria. Statt Sport zu treiben, setzte sie sich lieber aufs Sofa. „Couch potato eben.“
Mit 23 Jahren und 80 kg macht sie ihre erste Diät. Die Hochzeit habe damals angestanden, sie musste ins schicke Brautkleid passen und eine gute Figur abgeben. „In drei Wochen habe ich fast zehn Kilo abgenommen, besser gesagt runtergehungert.“ 500 bis 600 Gramm Lebensmittel am Tag, ein halbes Äpfelchen, Brühwürfel – und das drei Wochen lang.
In den Jahren nach dem Ja-Wort und der Geburt der beiden Töchter (28 und 16 Jahre) verfällt sie wieder in den alten Trott. Leckere Mahlzeiten, Süßigkeiten, das Gläschen Wein, keine Bewegung. Sie empfindet ihre Situation als frustrierend. „Ich wollte abnehmen und schlank sein, aber ich hatte einfach nicht die Kraft dazu. Und so schaukelt es sich über die Jahre langsam wieder hoch. „Von 70 auf 80 kg und dann auf 88/90.“
2016, als die Waage bereits 94 kg anzeigt, probiert sie zum ersten Mal die Weight-Watchers-Methode aus – und scheitert. „Ich habe fünf Kilo abgenommen und dann wieder fünf draufgepackt.“ An der Konfektionsgröße – mal 44, mal 42 – habe sich nichts geändert. Als mollig und korpulent beschreibt sie sich, wenn sie die Bilder von damals sieht. „Ich sah von hinten aus wie ein Preisboxer: keine Taille, nur dick und breit, keine Figur.“ Sie habe damals Schwierigkeiten gehabt, sich zu bücken, um die Schuhe schnüren zu können.“
Christiane Meusch legt Wert auf ein schickes Outfit. Auch in den „dicken Jahren“ habe sie nicht an Kleidung gespart. „Ich wollte immer gut aussehen, aber ich habe oft das Falsche gewählt: enge Jeans, enges Oberteil.“
Essenerin wiegt 108 kg: „Zuletzt bin ich gar nicht mehr auf die Waage gegangen“
Irgendwann durchbricht die Essenerin die 100-Kilo-Schallmauer. „Zuletzt bin ich gar nicht mehr auf die Waage gegangen.“ Ende 2017 schließlich fasst sie den guten Vorsatz, im folgenden Jahr „fünf bis sechs Kilogramm“ abzunehmen. Eine Teilnehmerin aus der Weight-Watchers-Gruppe habe sie angespornt. „Nicht reden, Christiane, machen!“.
Da habe es bei ihr Klick gemacht. Sie fasst den Entschluss, den inneren Schweinehund endlich zu überwinden. „Ich habe nicht angefangen zu hungern, sondern die Ernährung grundlegend umzustellen und Sport zu treiben.“ Chips und Süßigkeiten lässt sie fortan weg, stattdessen gibt‘s sehr viel Gemüse und Salate, kaum Kohlenhydrate.
Sport zu treiben, das sei leichter gesagt als getan. „Das kostet Überwindung.“ Denn nach den Fitness-Übungen ist der Blutdruck hoch und der Kopf rot.
Aber so langsam purzeln die Pfunde.
Essenerin meidet Toastbrot und Brötchen, trinkt viel Wasser und passt auf bei Obst
23 Punkte Tagesbedarf – das ist jetzt das Gesetz, an das sie sich zu halten hat. Da sind der Streuseltaler vom Bäcker und die geliebte Thunfisch-Pizza (beide 36 Punkte) tabu. Stattdessen gibt‘s Thunfisch-Salat. Das belegte Brötchen mit Butter und Käse, früher eine Selbstverständlichkeit, verbietet sich ebenfalls. Es hat 13 Punkte, also die Hälfte des Tagesbedarfs. Sie meidet Toastbrot und Brötchen, passt auch bei Obst auf – „wegen des Fruchtzuckers“, trinkt sehr viel Wasser, gerne auch Kaffee oder Light-Getränke.
In den ersten vier Wochen hat sie das erste Ziel bereits erreicht: fünf, sechs Kilo sind schon runter. Danach sind es monatlich rund drei Kilo weniger. Zwischen Januar 2018 und März 2019 sind schließlich 43 kg runter. Abzunehmen ist die eine Seite der Medaille, das erreichte Gewicht zu halten die andere. Es ist eine Frage der Disziplin. „Ich achte sehr genau darauf, was ich esse. Das ist mir in Fleisch und Blut übergegangen.“
Die 53-Jährige lässt nicht unerwähnt, dass sie seit drei Jahren eine neue Hüfte besitzt – eine Folge des langjährigen Übergewichts. Auch für notwendige Schönheits-OPs w - zum Beispiel Bauchstraffungen - hat sie nach der erfolgreichen Radikal-Diät Geld lassen müssen.
Aber unterm Strich ist Meusch mit sich im Reinen. Sie hat eine Top-Figur, ist sonnengebräunt und geschminkt, das Haar wasserstoffblond. „Ich zeige gerne, dass ich nicht mehr dick bin“, sagt sie. Steht auf, dreht sich in ihrem schicken, tief ausgeschnittenen Minikleid, lächelt und geht.
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