Essen. Der „Anzeigenhauptmeister“ ist nicht allein: 2023 zählte die Stadt Essen täglich etwa 34 Bürgeranzeigen wegen Falschparkens - so viele wie nie.

Der sogenannte „Anzeigenhauptmeister“, der sich deutschlandweit dem privaten Kampf gegen Parkvergehen verschrieben hat, ist in Essen zwar noch nicht aufgetaucht, laut Stadtverwaltung herrscht aber auch so an ehrenamtlichen Anzeigeerstattern kein Mangel.

Die so genannten „Drittanzeigen“ nehmen seit Jahren zu und liegen auf einem Höchststand. „Das liegt nicht zuletzt auch an gängigen Apps, über die Meldungen an das Ordnungsamt abgesetzt werden können, wie beispielsweise weg.li und Co.“, glaubt Essens Stadtsprecherin Silke Lenz.

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Die Tendenz ist eindeutig: Während im Jahr 2023 insgesamt 12.423 Anzeigen durch Bürger beim Ordnungsamt eingingen, waren es 2022 genau 10.864, im Jahr 2021 rund 9500 jedoch 2019 erst 5423. Im Jahr 2017 waren die Drittanzeigen mit 600 registrierten Fällen noch ein Randphänomen. Das spricht für die These, dass vor allem die viel leichter mögliche Umsetzung der Anzeigen per Handy-App für das Wachstum sorgte. Eine Prognose für das Jahr 2024 ist laut Stadtsprecherin derzeit noch nicht möglich, eine erneute Steigerung dürfte aber wahrscheinlich sein.

Falschparker: Stadt Essen akzeptiert auch Anzeigen, die über private Portale und Apps eingehen

Drittanzeigen können laut Stadt Essen auf verschiedene Weise beim Ordnungsamt eingereicht werden: Postalisch, per E-Mail oder eben online im Service-Meldeportal der Stadt Essen unter https://service.essen.de. „Auch eingereichte Anzeigen über unabhängige Online-Portale und Apps werden vom Ordnungsamt akzeptiert und entsprechend bearbeitet, unter der Voraussetzung, dass alle formalen und inhaltlichen Vorgaben erfüllt werden“, betont Silke Lenz. Damit kam die Stadt auch Forderungen von Fahrradverbänden nach.

Längst nicht alle Städte verfahren so. Im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter) haben beispielsweise die Verantwortlichen der Anzeigen-App weg.li Schreiben von städtischen Amtsleitern veröffentlicht, die es ablehnen, mit ihnen zusammenzuarbeiten - was natürlich von den Betreibern kritisch kommentiert wird. Moniert wird auch eine Aussage von Essens Ordnungsdezernent Christian Kromberg, der sich in dieser Zeitung 2022 mal zum Thema so äußerte: „Ich befürworte es nicht und rufe nicht dazu auf, sich ein Hobby daraus zu machen, seine Nachbarn anzuzeigen.“

Falschparker in Essen: Zwei Drittel der Anzeigen kommen über das Meldeportal der Stadt Essen

Trotz solcher Bauchschmerzen lässt Kromberg die Bürgeranzeigen aber wie erwähnt bearbeiten. Rund zwei Drittel erreichen das Ordnungsamt über das Service-Portal der Stadt Essen. „Im Rahmen einer Vorprüfung wird durch das Ordnungsamt grundsätzlich entschieden, ob der Tatbestand eines Halt- oder Parkverstoßes vorliegt, die Beweise ausreichen und ob eine Verfolgung geboten ist“, so Lenz. Anonyme Anzeigen wie auch solche mit unvollständigen oder nicht hinreichend belegten Angaben würden außer Acht gelassen und nicht weiterverfolgt.

Bei immerhin 8162 der im Jahr 2023 eingegangenen 12.423 Anzeigen waren die Voraussetzung aber erfüllt und sie endeten daher in der Regel mit einem Verwarnungsgeld. Die Quote scheint in etwa gleich zu bleriben, auch im Jahr zuvor bewertete die Stadt rund zwei Drittel der Bürgeranzeigen als ausreichend belegt.

Vergleicht man diese Zahlen mit den Anzeigen durch Mitarbeiter des Ordnungsamtes, zeigt sich aber, dass private Bürgeranzeigen noch eher die Ausnahme sind. Allein im Jahr 2023 wurde städtischerseits rund 168.000 Mal ein Verstoß im Bereich des ruhenden Verkehrs geahndet. Neben Falschparken zählen dazu allerdings auch die deutlich selteneren Verstöße gegen das absolute Halteverbot oder das Fehlen einer TÜV- oder Umweltplakette.

„Anzeigenhauptmeister“ Niclas M. wurde in Essen noch nicht gesehen

Ob die privaten Anzeigeerstatter auch in Essen bald Hilfe durch den selbst ernannten „Anzeigenhauptmeister“ erhalten, bleibt abzuwarten. In Duisburg wurde er schon gesichtet. Das Hobby des aus Sachsen-Anhalt stammenden Niclas M. ist es, Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung zu dokumentieren und diese den Ordnungsbehörden zu melden.

Sein persönliches Ziel soll es sein, in jeder deutschen Stadt mindestens einen Falschparker anzuzeigen. Bekanntheit erlangte M. durch eine Spiegel-TV-Reportage. Seither genießt der in einem orangefarbenen Dress gekleidete 18-Jährige, der auf einem Fahrrad unterwegs ist, Kultstatus, wird allerdings auch angefeindet.

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