Essen. Ein Gast des Hotels im Essener „Handelshof“ wurde fast umgebracht. Jetzt stehen zwei Männer vor Gericht. Die Hintergründe sind rätselhaft.
Es müssen für Beobachter schwer zu ertragende Szenen gewesen sein, die sich vor etwa neun Monaten im Essener „Select-Hotel Handelshof“ abgespielt haben. Damals war ein schwer verletzter Gast plötzlich aus dem Fahrstuhl getorkelt und im Empfangsbereich zusammengebrochen. Seit Dienstag (23.4.) beschäftigt der rätselhafte Fall das Essener Schwurgericht.
Angeklagt sind zwei polnische Arbeiter, 31 und 36 Jahre alt. Sie sollen den Hotelgast am 27. Juli vergangenen Jahres in dessen Zimmer fast totgeprügelt haben. Augenhöhlen, Jochbein, Nasenbein, Kiefernhöhlen und Kiefer: Es gab kaum noch einen Knochen im Gesicht des 45-Jährigen, der nicht gebrochen war.
Opfer hatte bei Angeklagte in Essen auf der Straße kennengelernt
„Wir bringen dich um!“ So oder so ähnlich sollen sich die Angeklagten damals ausgedrückt haben. Der 45-Jährige wehrte sich so gut es ging, hatte aber keine Chance. Irgendwann will er dann diese Worte gesagt haben: „Okay, Jungs. Dann bringt es zu Ende. Ich kann nicht mehr.“
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Das spätere Opfer war zwei bis drei Tage vorher im Hotel direkt gegenüber des Essener Hauptbahnhofs abgestiegen. Der 45-Jährige war beruflich unterwegs, sein Metier ist der Messebau. Die Angeklagten hatte er auf der Straße kennengelernt. Die gemeinsame polnische Muttersprache hatte sie zusammengeführt. Eine Wodka-Flasche machte die Runde. Erst vor dem Hotel, dann auf dem Zimmer. Die Angeklagten wollten angeblich kurz die Toilette benutzen. Warum die anfangs fast schon freundschaftliche Stimmung plötzlich gekippt ist, ist unklar.
Landgericht Essen: Anklage lautet auf Totschlag
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagten Kokain gefordert haben. Als sie das nicht bekamen, sollen sie zugeschlagen haben – mit den Fäusten, immer ins Gesicht. Außerdem sollen sie den Kopf des Hotelgastes mehrfach vor die Wand geschlagen haben. „Die wollten Weißes“, sagte auch der 45-Jährige den Richtern. Er habe mit Drogen jedoch überhaupt nichts zu tun. „Ich habe noch nie Kokain genommen.“ Kontakte zu Dealern habe er auch nicht.
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Die Ärzte hatten sein Gesicht damals mit Metallplatten stabilisieren müssen, die in diesem Sommer wieder herausoperiert werden sollen. Ob die psychischen Folgen jemals wieder verschwinden werden, ist ungewiss. „Ich habe Angst, auszugehen“, so der 45-Jährige im Prozess. „Wenn ich im Hotel bin, bleibe ich auf meinem Zimmer.“ Die Angst bleibe einfach im Kopf.
Dass sie den 45-Jährigen geschlagen haben, wollen die Angeklagten nicht bestreiten. Dass es ihnen egal gewesen ist, wenn der Mann stirbt, allerdings schon. Von den Verletzungen wollen sie erst später erfahren haben. Die Anklage lautet auf versuchten Totschlag. Die Richter haben signalisiert, dass auch eine Verurteilung wegen Mordversuchs in Betracht kommen könnte.
Mit einem Urteil ist voraussichtlich im Juni zu rechnen.
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