Essen. Ein Essener erzählt bei einer Preisverleihung im Polizeipräsidium: „Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich solche Kräfte mobilisieren kann.“

Sie haben Menschen in Not geholfen und sich für sie eingesetzt: Sechs couragierte Bürger hat Polizeipräsident Andreas Stüve im Essener Präsidium an der Büscherstraße empfangen. Der Behördenleiter sprach Paula Münstermann, Stevan Odiesch, Bernhard Pawlyta, Uwe Wermuth, Christian Hartmann und Jan Luca Matuszewski seinen „größten Respekt“ aus. „Wissen Sie“, sagte der Polizeipräsident, „die Sachverhalte in den Akten zu lesen, ist das eine. Aber die Geschichten von Ihnen persönlich zu hören, ist immer etwas Besonderes.“

So wie die von Stevan Odiesch aus Essen: Als er am 2. Juni gemeinsam mit einem Freund in Altendorf unterwegs war, wurde er von einer älteren Dame in der Grieperstraße angesprochen, die soeben von Trickbetrügern bestohlen worden war. „Wir haben nicht gezögert und sind den beiden Tätern sofort hinterhergerannt“, erinnerte sich der 19-Jährige. Sie haben die beiden Betrüger, die zuvor bei der Seniorin an der Haustür um eine Spende gebeten hatten, eingeholt, festgehalten und aufgefordert, die Beute auszuhändigen. Als Odiesch die Polizei verständigte, griffen die Täter ihn sogar an.

Die Geldbörse einer Seniorin sichergestellt

„Ich habe mich nicht provozieren lassen“, sagte der Essener gelassen. Als die Polizei kurz darauf eintraf, wurde die Geldbörse der 84-Jährigen sichergestellt. „Das war gut, denn die Dame wollte am nächsten Tag in den Urlaub fahren und brauchte dafür ihren Personalausweis.“ Auf die Frage, ob er noch Kontakt zu der Seniorin habe, antwortete der junge Mann: „Ich sehe sie ab und zu in der Nachbarschaft. Ich freue mich, dass ihr nichts Schlimmeres passiert ist und ich ihr helfen konnte.“

Ähnlich erging es auch Christian Hartmann. Am 15. Februar vergangenen Jahres wurde einem 61-Jährigen in der Manteuffelstraße der Rucksack entrissen und daraus die Geldbörse gestohlen. Christian Hartmann war dort zu Fuß unterwegs, als er die Tat bemerkte. Er stellte sich dem Täter in den Weg. Als dieser Fersengeld gab, verfolgte der 45-Jährige den Räuber. „Ich hatte gerade meine Krebs-OP hinter mir und habe nicht damit gerechnet, dass ich solche Kräfte mobilisieren kann“, erzählte der Essener lächelnd. „Ich bin sogar über eine rote Ampel gerannt. Als die Polizei eintraf, war ich völlig außer Atem und konnte nur noch auf den Täter zeigen. Es war eine filmreife Festnahme.“ Dann wurde Christian Hartmann ernst: „Ich habe als Rettungsassistent gearbeitet. Aufgrund meiner Erkrankung kann ich diesen Beruf nicht mehr ausüben. Und obwohl ich krank bin, kann ich anderen Menschen helfen.“ Es herrschte kurz andächtige Stille bei der Preisverleihung.

Die Täter lautstark vertrieben

Dabei waren auch Paula Münstermann und Luca Matuszewski. Am 24. Juli vergangenen Jahres fuhren die beiden mit dem Auto durch Stoppenberg, als sie „Im Mühlenbruch“ ein Mädchen bemerkten, das von vier Personen angegriffen und ausgeraubt wurde. „Das Mädchen hat geschrien, wir sind angehalten. Uns war nicht sofort bewusst, wie ernst die Situation war, dennoch war uns klar, dass wir anhalten“, erinnert sich Paula Münstermann an besagten Nachmittag des vergangenen Sommers. Durch lautstarkes Einschreiten vertrieb das Paar die Täter und parkte eines der Fluchtfahrzeuge zu, so dass zwei der Kriminellen zu Fuß flüchten mussten.

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Als sie diese beiden Männer kurz darauf an einer Haltestelle sahen, informierten sie unverzüglich die Polizei, die die beiden Täter mit einem Teil der Beute dank des Hinweises festnehmen konnte. „Ich war erleichtert, dass wir helfen konnten und es war ein schönes Gefühl, mutig gewesen zu sein, um Schlimmeres zu verhindern“, so Luca Matuszewski. Auf die Frage, ob die beiden sich vorstellen können, wieder zu helfen, antworteten beide: „Selbstverständlich. Es ist unserer Meinung nach wichtig, nicht die Augen zu verschließen und - je nach Situation - einzugreifen oder zumindest die Polizei zu verständigen.“

Andere ermutigen, Menschen in Not zu helfen

Durch seine Geschichte möchte das Paar andere Bürgerinnen und Bürger ermutigen, anderen Menschen in Notsituationen zu helfen. Hierzu rät die Polizei: Helfen Sie, aber bringen Sie sich nicht in Gefahr. In vielen Fällen hilft es schon, wenn Sie die Polizei unter 110 oder den Rettungsdienst unter 112 verständigen. Bitten Sie andere Menschen um Hilfe. Prägen Sie sich Tätermerkmale ein und sagen Sie als Zeuge aus. Kümmern Sie sich um das Opfer.

Einige Preisträger berichteten, dass auch andere Zeugen vor Ort waren, die aber nur zugeschaut haben oder vorbeigegangen sind. Alle Anwesenden waren sich einig, dass es für sie „völlig normal“ ist, anderen Menschen in Notsituationen zu helfen - für manche ist es das eben nicht. „Dabei können schon kleine Hinweise - zum Beispiel auf ein Kennzeichen oder bestimmte Personenmerkmale - der Polizei helfen, die Täter zu ergreifen. Wir hoffen, dass sich andere ein Beispiel an Ihnen nehmen“, betonte der Polizeipräsident. Weitere Informationen zum Thema Zivilcourage finden sich unter https://www.aktion-tu-was.de/

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