Essen. Wenn Rot-Weiss Essen spielt, bedeutet das für die Polizei einen Großeinsatz. Pyrotechnik, Drohnen, Stadionzelle: Wir haben die Beamten begleitet.

Rot-Weiss Essen gegen den MSV Duisburg, das Stadion an der Hafenstraße ist ausverkauft, die Stimmung hitzig. Die Fans des einen Vereins können rein rechnerisch noch auf den Aufstieg hoffen, die anderen bangen vor dem drohenden Abstieg. 2500 Gästefans reisen an. Für die Polizei ein Hochrisikospiel. Die beiden rivalisierenden Fanlager auseinanderhalten, ist eine der wichtigsten Aufgaben. Und: Dafür sorgen, dass an der Hafenstraße alles friedlich bleibt. Dafür werden im Stadion und drumherum viele Polizeikräfte eingesetzt, die wir an diesem Spieltag begleiten.

Carina Fischer ist Chefin der Essener Polizeiinspektion Nord. Wir treffen sie im Kontrollraum, ganz oben im Stadion, gleich neben dem Raum des Stadionsprechers, mit Blick auf das Spielfeld. Polizistinnen und Polizisten sitzen hier vor Bildschirmen und behalten die verschiedenen Stadionbereiche im Blick. „Es gibt zwei, drei Spiele pro Saison, bei denen wir mit einem enorm hohen Kräfteeinsatz vor Ort sind“, erklärt Fischer. Das seien in der Regel die Spiele gegen Arminia Bielefeld, gegen Preußen Münster – und eben gegen den MSV Duisburg.

Polizei Essen ist mit Hundertschaften und Reiterstaffel im Stadion

Wie viele Polizisten genau eingesetzt werden, verrät die Polizei aus einsatztaktischen Gründen nicht. Es seien aber mehrere Hundert, so Fischer. Im Einsatz sind unter anderem die Bereitschaftspolizei und mehrere Hundertschaften. Wasserwerfer dagegen sind nicht vor Ort.

Die Bereitschaftspolizisten tragen Uniform und Schussweste, die Beamten der Hundertschaft auch Helme, Beinschutz und Oberkörperprotektoren. Im Umfeld des Stadions trotten die Pferde der Reiterstaffel umher – eine Präventionsmaßnahme. „So zeigen wir Präsenz“, sagt Polizeisprecher Pascal Pettinato. Und: „Wenn es Ausschreitungen gibt, kann man die Gruppen mit den Pferden gut trennen.“

Pascal Pettinato ist Sprecher der Essener Polizei. Er erklärt, wie die Beamten durch verschiedene Maßnahmen Präsenz zeigen.
Pascal Pettinato ist Sprecher der Essener Polizei. Er erklärt, wie die Beamten durch verschiedene Maßnahmen Präsenz zeigen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Einsatz bei RWE-Spielen: „Keine gravierenden Auseinandersetzungen“ in den letzten Jahren

Aufgrund des hohen Risikos läuft heute alles etwas anders als sonst. Die Hafenstraße wird zum Beispiel früher abgesperrt. „Ziel ist es, dass sich die Fangruppen möglichst nicht begegnen“, schildert Fischer. Damit sei man in der jüngsten Vergangenheit erfolgreich gewesen: „Ich mache das seit anderthalb Jahren, in dieser Zeit gab es keine gravierenden Auseinandersetzungen.“

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Immer wieder gibt es aber Fans, die es darauf anlegen, sich an Dritt-Orten zu verabreden. Fürs Aufspüren solcher Orte ist Christian Kersjes zuständig. Er ist ein sogenannter szenekundiger Beamter, behält also die Fanszene im Blick, kommuniziert beispielsweise mit der Bundespolizei oder mit den örtlichen Beamten bei Auswärtsspielen. Er ist in die Einsatzvorbereitung involviert und versucht herauszufinden, auf welchem Weg möglicherweise gewaltbereite Fans anreisen.

Der extremste Moment, seit er diesen Job macht? „Das war noch zu Regionalligazeiten. RWE spielte gegen Schalke II und es drohte eine Auseinandersetzung am Bahnhof“, erinnert sich Kersjes. Er habe zwischen den beiden Gruppen gestanden, im letzten Moment sei dann doch Schlimmeres verhindert worden.

Polizeiwache im RWE-Stadion: Wer sich danebenbenimmt, könnte in der Zelle landen

Im Stadion an der Hafenstraße gibt es sogar eine eigene Polizeiwache. Wer sich danebenbenimmt, droht, hier in der Zelle zu landen und zumindest eine Zeit lang auf grau geflieste Wände und Gitterstäbe zu schauen. „Das kam in dieser Saison aber nur einmal vor“, erklärt Carina Fischer. Es habe damals einen Gästefan getroffen, der an einer körperlichen Auseinandersetzung beteiligt gewesen sei.

Carina Fischer leitet die Polizeiinspektion im Essener Norden – und häufig auch die Einsätze beim RWE-Spiel.
Carina Fischer leitet die Polizeiinspektion im Essener Norden – und häufig auch die Einsätze beim RWE-Spiel. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Vor dem Spiel verschafft sich Fischer gern einen Eindruck von der Situation rund ums Stadion: „Das mache ich, um ein Gefühl für den Spieltag zu bekommen.“ So schaue sie beispielsweise, ob viele potenziell gefährliche Glasflaschen auf dem Boden liegen. Das sei aber nicht mehr so ein großes Problem, seit der Verein ehrenamtliche Helferinnen und Helfer fürs Flaschenaufsammeln einspanne.

Revierderby RWE gegen MSV: Zebra-Fans wurde die Choreo untersagt

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Auch auf die Ankunft der Gästefans hat Fischer gern ein Auge. Sie strömen über eine kleine Brücke zum Eingang des Gästeblocks. Für die Kontrolle sind grundsätzlich die von RWE engagierten Ordner zuständig. Die Polizisten der Einsatzhundertschaft sind aber durchgehend vor Ort, falls es Probleme gibt.

Diesmal sind unter anderem große Blockfahnen verboten: Den Zebra-Fans wurde untersagt, eine Choreo umzusetzen. Die muss nämlich unter anderem von der Polizei genehmigt werden. „Beim letzten Spiel gab es hier Probleme“, erklärt Fischer. Heißt: Bei der Begegnung von RWE und MSV an der Hafenstraße 2023 hätten Fans die Blockfahnen genutzt, um sich darunter zu verstecken und Pyrotechnik zu zünden.

Auch die Reiterstaffel ist beim RWE-Spiel gegen den MSV Duisburg vor Ort.
Auch die Reiterstaffel ist beim RWE-Spiel gegen den MSV Duisburg vor Ort. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

MSV-Fan zündet Bengalo vor dem Stadion

Der erste Bengalo wird an diesem Tag schon vor dem Stadion gezündet. Ein MSV-Fan hatte ihn ins Stadion schmuggeln wollen, war aber dabei erwischt worden. Die Polizei spricht einen Platzverweis aus. Wenn während des Spiels im Gästeblock Böller oder Pyrotechnik in die Luft gejagt werde, gingen die Einsatzkräfte in der Regel nicht hinein, um das zu unterbinden, sagt Fischer. Denn damit gefährde man schlimmstenfalls Unbeteiligte.

„Beweise können wir trotzdem sichern“, so die Polizeioberrätin. Zum Beispiel durch die Videoüberwachung im Stadion. Eingreifen müsse man beispielsweise, wenn Fans auf den Platz stürmen würden. Das sei aber schon lange nicht mehr vorgekommen und wegen der Schließvorrichtungen auch sehr unwahrscheinlich. Das bedeutet also: RWE hat selbst dafür gesorgt, dass Fans nicht so einfach das Spielfeld entern können.

Polizei Essen identifiziert mögliche Anreiserouten der Gästefans

Etwas abseits, mit Blick auf den Trainingsplatz hinter dem Stadion, steigen große Polizeidrohnen in die Luft. Sie liefern Luftbilder der Situation um das Stadion herum, die eine Einheit sichtet und bei möglichen Problemen die Kolleginnen und Kollegen informiert. „Es gab gerade zum Beispiel eine Situation, in der sich zu viele Gästefans auf der Brücke befanden und sie blockiert haben“, berichtet ein Beamter. Das habe man dank der Drohne gesehen und so den Kollegen im Lautsprecherwagen bitten können, eine Durchsage zu machen.

Polizeidrohnen liefern Luftbilder von der Situation um das RWE-Stadion herum.
Polizeidrohnen liefern Luftbilder von der Situation um das RWE-Stadion herum. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Vor dem Spiel bleibt es ruhig. Die Polizei hatte zuvor verschiedene Routen identifiziert, über die Fans und auch potenzielle Störergruppen anreisen könnten und dementsprechend verschiedene Einheiten an unterschiedlichen Orten im Einsatz. Die Bundespolizei etwa schaut am Hauptbahnhof nach dem Rechten.

Zwischenfall nach dem Derby: MSV-Fans randalieren im Bus

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Nach Anpfiff werden laut Polizeisprecher Pascal Pettinato sechs Böller im Stadion gezündet, dabei werden zwei Ordner verletzt. Als es im Gästeblock unruhig wird, marschiert eine Gruppe aus der Hundertschaft vor den Block. Auch hier gilt: In erster Linie sei Präsenz das Ziel, erklärt Pascal Pettinato. In den Block hinein gehen die Einsatzkräfte nicht.

Noch einmal stellen sich die Polizisten vor dem Gästeblock auf, als das Spiel beendet ist und RWE den MSV 4:1 nach Hause schickt, den Abstieg fast besiegelt. Durch das Stadion tönen laute, wütende Pfiffe. Kurz vorher hatten RWE-Fans die Duisburger mit weißen Taschentüchern symbolisch in die Regionalliga verabschiedet.

Entladen wird sich die Stimmung erst später, als die Polizei zum Rheinischen Platz eilen muss, weil MSV-Fans Scheiben eines Fanbusses eingeschlagen haben. Man habe die Lage unter Kontrolle, heißt es von der Polizei, ein Tatverdächtiger sei ermittelt worden. Nach einem weiteren Zwischenfall auf der Schützenbahn reisen die letzten Fans ab.

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