Essen-Nord. Die Essener Initiative BIGWAM entstand aus einem Zusammenschluss von Anwohnern. Heute hat sie fast 300 Mitglieder und viel bewirkt.

Manche Bürgerinitiativen kämpfen jahrelang für oder auch gegen etwas, ohne dass ihr Ziel jemals in greifbare Nähe rückt. Bei BIGWAM sieht es anders aus: Ziele werden erreicht, neue Ziele kommen hinzu. Und dort, wo Kapazitäten frei werden, verlagert man die Arbeit auf „Nebenschauplätze“. So zumindest schildert es Klaus Barkhofen, erster Vorsitzender des Vereins, der im April sein zehnjähriges Bestehen feiert.

Angefangen hat die „Bürgerinitiative gegen den wilden Automarkt“, wie sie mit vollem Namen heißt, als Zusammenschluss von Anwohnern, die genervt waren von den nicht immer legalen Begleiterscheinungen des populären Automarktes am Autokino.

Anwohner im Essener Norden wollten Folgen des wilden Autohandels nicht mehr hinnehmen

„Wir wohnen einen guten Kilometer Luftlinie vom Autokino weg“, erklärt Klaus Barkhofen. Angelockt vom Automarkt, hätten sich schon in den 1990er Jahren viele Händler und Werkstätten in unmittelbarer Nachbarschaft angesiedelt, „teilweise ohne oder mit einer mutmaßlich erschlichenen Genehmigung“. Einzelne Anwohner hätten sich damals beschwert, doch mit mäßigem Erfolg: „Die Polizei hat nur punktuell kontrolliert, und Politik und Verwaltung haben das Problem anfangs nicht als solches wahrgenommen“, sagt Barkhofen.

Klaus Barkhofen ist seit 2015 Vorsitzender der Bürgerinitiative BIGWAM.
Klaus Barkhofen ist seit 2015 Vorsitzender der Bürgerinitiative BIGWAM. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

In der Siedlung hätten sich zwar viele beklagt, sich aber lange Zeit nicht als feste Gruppe organisiert. Das Ansinnen der 25 Nachbarn, die sich schließlich doch zusammenschlossen, beschreibt Klaus Barkhofen so: „Wir wollten nicht bloß ‚anti‘ sein. Wir wollten das Problem aufarbeiten und die Händler in die Diskussion einbeziehen.“

Denn gegen das Geschäft als solches habe man nichts, wie er beteuert. Solange es „vernünftig“ betrieben werde: Das aber sei oft genug nicht der Fall gewesen. Da werde Restöl in Grünanlagen gekippt, da tausche man Motoren mitten auf der Straße aus, fahre Autos unangemeldet und unversichert durch die Siedlung und stelle sie auf Gehwegen anstatt auf dem eigenen Gelände ab. Oder man nehme mit dem Gabelstapler kurzerhand einen Fußweg als Abkürzung, „mit einem Auto auf der Gabel“.

Essener BIGWAM-Verein macht mit öffentlichen Aktionen auf Probleme aufmerksam

Mit einem Laternenumzug durch Altenessen machten Mitglieder der Initiative vor einigen Jahren auf ihr Anliegen aufmerksam und verteilten Bilder an die Autohändler, auf denen Kinder die Gefahren durch wildes Parken gemalt hatten.
Mit einem Laternenumzug durch Altenessen machten Mitglieder der Initiative vor einigen Jahren auf ihr Anliegen aufmerksam und verteilten Bilder an die Autohändler, auf denen Kinder die Gefahren durch wildes Parken gemalt hatten. © WAZ FotoPool | Dagmar Hornung

Dagegen wollte die Initiative vorgehen: systematisch und öffentlichkeitswirksam. So erfassten Vereinsmitglieder die für den Autohandel relevanten Betriebe im Umfeld und recherchierten, welche ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt waren, und welche nicht. „Dabei stellte sich heraus, dass es nicht nur um unsere Siedlung ging, sondern dass es sich um ein generelles Problem im Essener Norden und Nordwesten handelte“, erzählt Klaus Barkhofen.

Wenn wir nichts mehr machen würden, würde der Schlendrian zurückkehren.
Klaus Barkhofen - Vorstand BIGWAM

Daraufhin habe man verstärkt den Kontakt zu Behörden gesucht und gleichzeitig durch Aktionen auf das Anliegen aufmerksam gemacht. Bei einem Laternenumzug beispielsweise seien von Kindern gemalte Bilder an die Betreiber und Mitarbeiter der Werkstätten übergeben worden. „Abgebildet waren die Gefahren, die aus Sicht der Kinder durch das wilde Parken entstehen“, erzählt Barkhofen. Viele der Angesprochenen hätten sich einsichtig gezeigt, kurzzeitig habe sich die Situation gebessert, doch nach einigen Wochen sei alles beim Alten gewesen.

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Doch die Initiative blieb hartnäckig, machte Pressearbeit, veranstaltete Bürgerversammlungen, zu denen in den Hochzeiten regelmäßig um die 80 Menschen gekommen seien, und sprach gezielt Politiker an. Letztere seien als Mitstreiter nämlich immer willkommen gewesen, auch wenn die Gruppe im Ganzen parteipolitisch neutral bleiben wollte. Oberbürgermeister Thomas Kufen etwa habe zu den ersten 30 Mitgliedern gehört. „Wer uns hilft, hilft uns“, sagt Barkhausen schlicht.

Bürgerversammlung mit Festreden

Die Jubiläums-Veranstaltung findet am Donnerstag, 11. April, im Gemeindehaus Kreuzer, Friedrich-Lange-Str. 3-5, statt. An diesem Abend soll auf die Entwicklung, auf Projekte und Erfolge der Initiative geblickt werden.

Gäste und Festredner sind unter anderem Oberbürgermeister Thomas Kufen, Ordnungsdezernent Christian Kromberg, Ordnungsamtsleiter Jörg Stratenwerth sowie die Bezirksbürgermeisterin des Bezirks 4, Margarete Roderig, Bezirksbürgermeister des Bezirks 5, Hans-Wilhelm Zwiehoff, und der Vorsitzende der IG Altenessen, Peter-Arndt Wülfing.

An die Bürgerversammlung um 19 Uhr schließt sich die zehnte Jahreshauptversammlung für BIGWAM-Mitglieder an.

Heute hat der Verein 283 Mitglieder. „Es war immer ein Ziel, als Gruppe so groß wie möglich zu werden, um eine stärkere Stimme gegenüber den Verantwortlichen zu haben“, so Barkhofen, denn: „Wir wurden nicht immer ernst genommen“. Doch die kontinuierliche Lobbyarbeit in eigener Sache habe der Bewegung Auftrieb gegeben. Im Laufe der Jahre seien viele Kontakte geknüpft worden, sodass man sich heute als Verein auch im Hintergrund halten und die Behörden ihre Arbeit machen lassen könne.

Klaus Barkhofen und die anderen Vorstandsmitglieder planen dennoch weiter Projekte und Aktionen. Demnächst wird ein Autohändler bei einer Bürgerversammlung sein Geschäft vorstellen. Man müsse im Gespräch bleiben, sagt Barkhofen dazu, und einander auf Augenhöhe begegnen.

Verein: Zahl der Autohändler im Essener Norden rückläufig

2022 hätten sie die Karte aus den Anfangsjahren aktualisiert und die von ihnen angestoßene Entwicklung noch einmal deutlich sehen können: In den betroffenen Gebieten seien zahlreiche Betriebe überprüft und auch stillgelegt worden, die Zahl der Autohändler sei „eher rückläufig“.

Das macht sich für den Verein auch auf anderer Ebene bemerkbar: Früher hätten alle sechs bis acht Wochen sehr gut besuchte Bürgerversammlungen stattgefunden, heute treffe man sich seltener, mit nur noch etwa halb so vielen Teilnehmern wie damals. Ist das eine schlechte Entwicklung? Nicht unbedingt: „Viele Probleme sind beseitigt worden“, so Barkhofen. Die Situation habe sich stabilisiert, auch wenn es noch immer einige große Themen gebe. „Doch wenn wir nichts mehr machen würden, würde der Schlendrian zurückkehren.“

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