Essen. Vom Groß-Asyl zum Bürokomplex: Rat beschließt Ankauf der passenden Immobilie hinter der alten Kruppschen Hauptverwaltung.
Ein eher schmuckloses Gewerbegebiet am westlichen Rand der Innenstadt mausert sich mehr und mehr zum neuen Groß-Standort für die Essener Stadtverwaltung. Denn nachdem die Stadt dem Industrie-Riesen Thyssenkrupp im vergangenen Jahr bereits die traditionsreiche ehemalige Krupp-Hauptverwaltung abkaufte, um dort das Sozialamt unterzubringen, sichert sie sich nun auch noch eine stattliche Immobilie in deren „Hinterhof“: Am Mittwochabend beschloss der Rat den Ankauf jenes Grundstücks an der Ecke von Altendorfer und Hans-Böckler-Straße, das einst als Groß-Asyl des Landes diente. Hier soll nach einem bereits laufenden Umbau demnächst die Kfz-Zulassungsstelle einziehen.
Der Wegzug aus dem Globus-Center – angesichts der Mängel für viele eine ausgesprochen gute Nachricht
Und so sehr manch einer in Steele womöglich den damit einhergehenden Verlust von Laufkundschaft beklagen dürfte – für die Belegschaft und viele Bürgerinnen und Bürger dürfte die ausgesprochen zentrale Unterbringung eine gute Nachricht bedeuten. Denn in der jetzt genutzten Immobilie, dem Globus-Center am Kaiser-Otto-Platz in Steele, beklagt die Stadt zahlreiche Mängel an vielen Stellen des Gebäudes, bis hin zu Wassereinbrüchen in der Decke. Schon jetzt müssen, weil Deckenelemente herabzufallen drohen, Teilbereiche zwischenzeitlich gesperrt werden, heißt es – während sich im Sommer wegen mangelnder Lüftungsmöglichkeiten die Hitze staut.
Am neuen Standort würden sich derlei Probleme in Luft auflösen, denn das Gebäude, das derzeit kernsaniert und um zwei Staffelgeschosse aufgestockt wird, soll modernen Bürostandard bieten: neue Fenster, neue Elektrik, neue Böden, Heizung per Fernwärme und Kühlung an heißen Tagen, dazu ist es durchgehend barrierefrei und besonders energiesparend. Hier sollen dann alle Dienstleistungen rund um Kfz-Zulassung und Führerschein-Fragen sowie die BürgerServiceStelle unter einem Dach vereint sein.
Auch künftig soll es für Kfz- und Melde-Serviceangebote Anlaufstellen in Steele und Borbeck geben
Die Stadt verspricht sich davon nicht nur bessere, weil kürzere interne Abläufe, sondern vor allem zu Spitzenzeiten einen deutlich verbesserten Bürgerservice. Damit im Gegenzug die Bürger im Großraum Steele und Borbeck nicht allzu lange Gesichter ziehen, wenn so mancher Service zugunsten der Zentralisierung in den Stadtteilen eingestellt wird, soll es dort auch künftig Anlaufstellen mit vergleichbarem Angebot geben: Kfz-Zulassungs-, Fahrerlaubnis- und Melde- sowie Pass- und Ausweisservice gäbe es damit an drei Stellen im Stadtgebiet und weiter wohnortnah.
Die Entscheidung, die Kfz-Zulassungsstelle größtenteils von Steele ins Westviertel zu verlagern, fiel nicht zuletzt mit Blick auf die hervorragende Anbindung des Geländes an den öffentlichen Nahverkehr: Das Areal liegt direkt an der Westtrasse der Straßenbahn, wird künftig auch durch die neue Citybahn angeschlossen und ist vom Berliner Platz aus fußläufig erreichbar.
Und es hat eine Geschichte: Vor gut zehn Jahren mietete das Land NRW die als Asyl genutzte leerstehende Immobilie des einstigen Opti-Gewerbeparks von dem Essener Immobilien-Unternehmer Peter Jänsch, um hier in großem Stil hunderte Flüchtlinge unterzubringen. Sie sicherte sich das Gebäude mit einem Mietvertrag, der bis ins Jahr 2026 reichte, um später mit einem großen Bau aber ohne genügend Flüchtlinge da zu stehen. Nur durch eine mühevoll ausgehandelte stattliche Abschlagszahlung von 16 Millionen Euro wand man sich aus dem Vertrag.
„Weststadt-Terrassen“ sind bereits im ersten Halnjahr 2025 bezugsfertig
Jetzt verkauft Jänsch der Stadt das – dann allerdings rundum sanierte – Gebäude für 23,8 Millionen Euro. Zusammen mit Grunderwerbssteuer, Makler-Courtage und einigen zusätzlichen Investitionen, etwa in die IT oder eine Alarmanlage, kommt die Stadt auf ein Investment von rund 28 Millionen. Gut angelegtes Geld für eine bereits im ersten Halbjahr 2025 bezugsfertige Anlaufstelle, finden die Fachleute im Rathaus und sehen sich durch ein Wertgutachten bestätigt. Auch wenn der Name „Weststadt-Terrassen“ vielleicht mehr Charme verspricht, als das Gebäude zu halten vermag: Die Aussicht von der Terrasse gilt nämlich vor allem einer Großtankstelle, ein paar Bürobauten, einem Bulletten-Bräter – und der vielbefahrenen Hans-Böckler-Straße.