Essen. Als beim Probealarm der Radau losging, wurde es laut in Essen. Eine einzige von 62 Sirenen verweigerte den Dienst. Die Ursache ist noch unklar.

Ein letzter Appell auf den Social Media-Kanälen der Feuerwehr Essen, „halten Sie die Notrufnummern von Feuerwehr und Polizei frei“, dann ging es rund am frühen Donnerstagmittag. Als die Stadt Essen um punkt 11 Uhr gemeinsam mit den NRW-Kommunen heulte, konnte sie das etwas vernehmbarer tun: Am landesweiten Warntag schrillten zwischen Karnap und Kettwig nicht nur zigtausende Handys, sondern es fielen auch acht neue Heuler in den landesweiten Kanon von 6150 Sirenen ein. Fünf davon waren erst seit wenigen Tagen betriebsbereit, weiß Feuerwehrsprecher Christian Schmücker. Die jüngsten Standorte sind die Hafen-, Unter-, Ton- und Overrathstraße sowie Dahler Höhe.

Übersicht: Alle Standorte der Sirenen im Essener Stadtgebiet

Gegen 11.20 Uhr zog Schmücker ein erstes Fazit: „Wir sind sehr zufrieden.“ Nur eine der stadtweit 62 Sirenen habe ihren Dienst verweigert. Warum an diesem einen von zwei Geräten an der Hafenstraße eine Störung auftrat, werde nun untersucht. Es sprach die ältere der beiden dort installierten Tonschleudern nicht an. Alle anderen Warnmittel funktionierten zuverlässig, so Schmücker.

Warum schrillen um 11 alle Handys? Die Infos über „Cell Broadcast“ - so funktioniert der Handyalarm

Damit ist Essen seinem Ausbauziel wieder ein Stück nähergekommen: 24 Anlagen fehlen noch, um das ganze Stadtgebiet akustisch abzudecken. Dazu sind insgesamt 86 der Sirenen notwendig, hat ein Schallgutachten ergeben. Die fehlende Technik soll so schnell wie möglich aufgebaut und in das Zivilschutznetz eingebunden werden, so Schmücker. Doch andauernde Lieferschwierigkeiten durch weltweite Nachrüstung und entsprechende Nachfrage machen den Verantwortlichen immer wieder einen Strich durch den Zeitplan. Und das seit Jahren schon.

Feuerwehr Essen bespielt auch ihre Social Media-Kanäle

Als im Lagezentrum des Landes der Probealarm ausgelöst wurde, ging das Signal an Medien, Warn-Apps wie Nina und Katwarn, Cell Broadcast, digitale Informationstafeln - und der Radau richtig los, als die Essener Feuerwehr zeitgleich die Sirenen startete. Zudem bespielte die Behörde ihre Social Media-Kanäle, um die Aufmerksamkeit der Bevölkerung zur Aufklärung und Sensibilisierung zu nutzen. Cell Broadcast ist vor einem Jahr etwa erstmals in Betrieb genommen worden. Die Alarmtechnik macht es möglich, selbst Handys auszulösen, die lautlos geschaltet sind - zumindest so lange nicht der Flugmodus aktiviert ist. Die Entscheidung, Cell Broadcast deutschlandweit einzuführen, fiel nach der verheerenden Flutkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz.

Ziel der wiederkehrenden Warntage in Bund und Land ist es, die Bevölkerung zu sensibilisieren, Funktion und Ablauf der Warnung besser verständlich zu machen und auf die verfügbaren Warnmittel wie Sirenen und Apps aufmerksam zu machen. Der letzte landesweite Warntag war im März 2023. Damals wurden im Essener Stadtgebiet zwei Anlagen registriert, die nicht ordnungsgemäß funktionierten.

Eine zusätzliche Investition in die Sicherheit

Manchmal ist es eben zum Heulen mit den Sirenen, jedoch ist die Rückkehr der Tonschleudern aus Sicht der Feuerwehr eine zusätzliche Investition in die Sicherheit der Essenerinnen Und Essener. Im Schadensfall gebe es keine bessere Möglichkeit als ein solches System, um die Bevölkerung vor Ort möglichst flächendeckend zu warnen und gleichzeitig zu animieren, das Radio einzuschalten oder aufs Handy zu schauen, um bei Überschwemmungen, nach Explosionen oder während Großbränden mit womöglich giftigen Rauchschwaden zu erfahren, wie man sich zum eigenen Schutz zu verhalten hat. Der Standardhinweis „Türen und Fenster geschlossen halten“ hilft da nicht immer weiter.

Diese Pilzköpfe sind in Essen schon länger Geschichte.
Diese Pilzköpfe sind in Essen schon länger Geschichte. © dpa | Patrick Pleul

Vor diesem Hintergrund hatten die zuständigen Stellen der Stadt Essen bereits vor über zehn Jahren den Plan ausgeheckt, das Zivilschutzsystem wieder aufzubauen, nachdem eine gefühlt bedrohungslose Bundesregierung im November 1993 mit einem Paukenschlag verfügt hatte: Die schrillen Pilzköpfe auf den Dächern kommen weg. Wenn gewünscht, zahlte Bonn sogar den flächendeckenden Abbau - mit dem Ergebnis, dass 220 Sirenen alter Bauart aus dem Essener Stadtbild verschwanden. Die heutigen Systeme sind weitaus leistungsfähiger. Deshalb braucht es nicht mehr als 86 Standorte, um sich flächendeckend bemerkbar zu machen.

Alle Informationen der Stadt Essen zu den neuen Sirenen finden sich unter www.essen.de/sirenen. Die einzelnen Standorte sind im Geoportal verzeichnet. Die Bevölkerung war am Tag vor dem Probealarm und um punkt 11 Uhr am Donnerstag darum gebeten worden, die Notrufnummern 112 und 110 nicht mit Nachfragen zum Warntag zu blockieren. Was gut funktionierte: Lediglich zwei Anrufe gingen aufgrund des Radaus ein: Eine Frau meldete sich, die sich erschreckt hat, und ein weiterer Anrufer wollte die Feuerwehr darauf aufmerksam machen, dass Sirenen in der Stadt heulten.