Essen-Borbeck. Verein „TheaterLaien“ steht vor der Premiere, gibt einen Einblick in die eigene Geschichte und beweist Mut zu ungewöhnlicher Grammatik.
„Nie hat man mir die Chance gegeben, mal meine eigenen Wünsche zu erfüllen.“ Susanne Sack ist sichtlich aufgewühlt. Alle starren sie an. „Glaubt ihr, das ist einfach? Ihr wollt mich doch alle tot sehen.“ Keine Sorge, es geht Sack gut. Sie steht auf der Bühne der Aula im Mädchengymnasium Borbeck und probt. Zusammen mit 18 anderen Schauspielerinnen und Schauspielern des „TheaterLaien“, die an diesem Tag alle erschienen sind, denn die Zeit wird langsam knapp: Die Premiere ist am 15. März an gleicher Stelle.
Auf dem Spielplan steht „Ein mörderisches Manuskript“. Florian Wittbold inszeniert das Stück rund um den abgehalfterten Comedy-Autor Kevin Price, der seine Karriere zu retten versucht, indem er einen Krimi à la Agatha Christie schreibt: Im altehrwürdigen Landhaus der Familie Fletcher wird die Hausherrin am Morgen nach dem Geburtstag ihres Mannes tot aufgefunden.
Ein klassisches Szenario, so scheint es, in dem einer der Gäste der Mörder sein muss und ein Detektiv am Ende die Lösung findet. Marcel Witte spielt übrigens den Mörder. So viel darf verraten werden, denn ein klassischer Krimi ist das Stück dann doch nicht. „Ich trete nur ganz am Anfang auf“, erklärt Witte. „Die Handlung hat da sehr unterschiedliche Ebenen.“ In die auch der Autor selbst verstrickt ist.
Essener Theatergruppe bildete sich schon 1991
Den Detektiv gibt Oliver Schürmann, zweiter Vorsitzender und Gründungsmitglied des Vereins, den es mittlerweile seit 31 Jahren gibt. Schürmann: „Angefangen hat es zu meinen Schulzeiten im Jahr 1991. Ich war im ersten Jahrgang des Gymnasiums Borbeck, bei dem Leistungskurse mit denen des Mädchengymnasiums zusammengelegt wurden.“ Gemeinsam mit dem damaligen Musiklehrer entstand die Idee, eine Oper aufzuführen. Die Wahl fiel auf „Die Kluge“ von Carl Orff, was dann am Mädchengymnasium geprobt und gespielt wurde. Es folgten zwei weitere gemeinsame Musik-Projekte. „Dann war die Schulzeit zu Ende, doch wir wollten als Gruppe weitermachen. Daraus entstand das ,TheaterLaien‘.“
Die Stadt Essen unterstützt den Verein, sodass in den ersten Jahren in der Geschwister-Scholl-Realschule und später dann im Mädchengymnasium geprobt werden konnte. Dafür sorgen auch die beiden Hausmeister, die rechtzeitig zu den Probenzeiten die Aula aufschließen.
Von Anfang an hieß das Theater, allen grammatikalischen Regeln zum Trotz, „das TheaterLaien“ – nicht „die Theaterlaien“ und auch nicht „das Theater Laien“. „Wir wollten unbedingt den Laienspielgedanken im Namen haben“, so Schürmann weiter. „Ich glaube sogar, der Name mit dem großen T in der Mitte war meine Idee. Wir wollten einzigartig sein.“ Hat geklappt. Der Name verwirrt, aber prägt sich ein.
„Das Schöne ist auch, dass unsere Gruppe wirklich generationenübergreifend ist“, blickt sich Sack in der Aula um. „Unser Jüngster ist 13, die Altersstruktur geht bis Ende 50.“ 70 Mitglieder hat der Verein mittlerweile, etwa 30 sind regelmäßig aktiv – neben dem Beruf, versteht sich. Denn reich werden kann man mit einem Laientheater und sechs bis acht Aufführungen pro Jahr nicht.
Doch Spaß macht es, da sind sich alle einig, und aufregend ist es auch, vor allem wenn es auf die Premiere zugeht. Demnächst steht noch ein Wochenend-Workshop an, an dem intensiv geprobt und das Stück schließlich auch mal durchgespielt werden soll.
Noch ist das Bühnenbild nicht fertig
Mit dem Krimi „Ein mörderisches Manuskript“ präsentiert das „TheaterLaien“ das Debüt von Jungautor Finn Lohra. Erstmals wird es am zweiten Aufführungstag dabei nicht nur eine Abend-, sondern auch eine Nachmittagsveranstaltung geben. Sack: „Damit wollen wir neuen Besuchern eine Chance geben, uns kennenzulernen. Übrigens beginnt der Einlass schon ab 14 Uhr. Dann bieten wir bis 15.30 Uhr auch Kaffee und Kuchen an.“
Womit klar wird, dass bei den Aufführungen nicht nur Schauspielerinnen und Schauspieler benötigt werden. Die Kasse muss besetzt werden, die Bühnenbilder müssen gebaut, Requisiten besorgt, Make-up muss gemacht, Regie geführt und nicht zuletzt Kaffee und Kuchen verkauft werden.
„Ein mörderisches Manuskript“
Die Premiere des Krimis „Ein mörderisches Manuskript“ ist am 15. März um 19 Uhr, die zweite und dritte Aufführung finden am 16. März um 15.30 Uhr und um 19 Uhr statt.
Der Eintritt kostet im Vorverkauf über www.theaterlaien.de 7 bzw. 5 Euro oder 8 bzw. 6 Euro an der Abendkasse. Aufführungsort ist die Aula an der Drogandstraße im Mädchengymnasium Borbeck, Fürstäbtissinstr. 52-54.
Gastspiel: Am 12. und 13. April ist die Truppe mit dem Stück zudem zu Gast im „Szene 10 – Bühne im Girardet“, Girardetstraße 10 in Rüttenscheid: https://szene10.de/.
Zurück zur Probe: „Ich habe einen Schuss gehört, was ist passiert?“ Gerd Sack betritt aufgeregt die Bühne. Er hat eine Leiche gefunden. Noch eine. Grund genug, gleich in Ohnmacht zu fallen. Sanft sinkt er auf den Boden, lehnt sich gegen eine Rückwand, die leicht nachgibt. Allgemeines Gelächter. Das Bühnenbild ist noch nicht fertig, noch laufen die Proben vor einem schwarzen Vorhang ab. Da müssen einige Handlungen improvisiert werden: Nicht vorhandene Türen werden geöffnet, es wird durch nicht vorhandene Fenster geblickt, und auch die Ohnmacht wird irgendwann vor einer richtigen Wand hoffentlich unfallfrei ablaufen.
Das nächste Stück ist übrigens auch schon in Planung: Claus Martins „Dracula – das Grusical“. Mit von der Partie sind dann das Orchester des Gymnasiums Borbeck und der Chor des Mädchengymnasiums, denn es handelt sich um ein Musical.
Die Proben beginnen sofort nach den Aufführungen des Krimis. „Wir haben tatsächlich viele begabte Sänger hier“, sagt Sack. „Es gibt aber auch Sprechrollen, deshalb können wirklich alle mitmachen, die wollen.“
Sicher ist schon jetzt: Wenn „Kommissar“ Schürmann seinen Fall gelöst hat, wird sich „Dracula“ Witte in seine Vampir-Rolle verbeißen. Doch jetzt wendet sich Schürmann erstmal wieder seiner Rolle zu: „Das ist jetzt der richtige Moment für ein Glas Whiskey.“ Es gibt da noch den ein oder anderen Mord zu klären.