Essen. Beim umjubelten Sinfoniekonzert der Essener Philharmoniker wurde nicht nur auf der Bühne gesungen. Auch die Zuhörer waren im Einsatz.
Die Geburtstagsfeier geht weiter. Diesmal sogar mit einem „Happy Birthday, liebes Orchester!“ von Aalto-Opernchor und Philharmonischem Chor samt Publikum. Das bot sich an, denn das große Gesangsorgan war beim 8. Sinfoniekonzert beteiligt an einem Werk, das 1906 in Essen unter dem städtischen Musikdirektor Georg Hendrik Witte aus der Taufe gehoben wurde. Wohl deswegen erklang der selten aufgeführte Halbstünder „Sea-Drift“ des englischen Komponisten Frederick Delius jetzt anlässlich des 125-jährigen Bestehens der Essener Philharmoniker.
Von Fliederduft, Meereswind und verlorenem Liebesglück
Von Fliederduft, Meereswind und verlorenem Liebesglück erzählt Walt Whitman in seinem Gedicht, das der englische Komponist nahezu oratorienhaft in spätromantisch-üppigen Wohllaut getaucht hat. Der Chor (Einstudierung: Patrick Jaskolka) badete druckvoll und stimmsicher bis in die Sopranspitzen in den melodischen Wogen, getragen vom schmelzend und farbnuancierend aufspielenden Orchester.
Aalto-Ensemblemitglied Heiko Trinsinger gab den Bariton-Part mit bekannt sonorer Präsenz und Kultur, ohne sich powernd in den Vordergrund zu drängen. Aber dazu fehlt es dem Stück auch schlicht an dramatischem Nerv.
„Siklón“ in Essen: Atemlos, bunt und berauschend
Das krasse Gegenteil: der 1975 in Tel Aviv geborene Avner Dorman und sein kraftstrotzendes „Siklón“ in deutscher Erstaufführung. Atemlos, bunt und berauschend in seiner rhythmischen Energie, als stamme es aus der Feder Bernsteins, spürte man bei den Philharmonikern die Spielfreude, die sich nicht zuletzt in den ausgedehnten, mitreißenden Marimba-Soli manifestierte.
Tschaikowskys Fünfte schließlich, schicksalhaft einschlagend wie die beiden Nachbarsinfonien, gelang dem Jubilar und Generalmusikdirektor Andrea Sanguineti in einer beispielhaften Wiedergabe: expressiv geschüttelt zwischen Resignation und Sehnsucht, angetrieben von innerer Dynamik und glühender Intensität bis hin zum finalen Freudentaumel. Der jubelnde Applaus ließ da nicht lange auf sich warten.
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