Essen-Bergerhausen. Nachbarn fordern die Schließung der Einrichtung in einem Essener Wohngebiet. Dort haben zahlreiche Kinder das Schwimmen erlernt.

45 Jahre lang ging mit dem Vorgänger alles gut: Jetzt wollen Anwohnerinnen und Anwohner der Straße Hüskenbörde in Essen-Bergerhausen erreichen, dass die Schwimmschule Molly, die im Oktober 2023 dort eröffnet wurde, wieder geschlossen wird. Ein solcher Betrieb dürfe in einem reinen Wohngebiet gar nicht existieren, finden die Nachbarn. Der Betreiber sieht das anders. Tatsächlich fehlt bisher die entsprechende Genehmigung für die gewerbliche Nutzung des Schwimmbeckens. Das ist offenbar nicht das einzige Problem.

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Die Nachbarn beklagen sich über rücksichtsloses Verhalten von Besuchern sowie Verkehrs- und Parkprobleme in Zusammenhang mit der Schwimmschule. Jetzt versuchen sie beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zu erwirken, dass der Betrieb der Schwimmschule eingestellt wird. Dafür haben sich 13 Familien zusammengeschlossen, sagt Marko Heisters, der schräg gegenüber von der Schwimmschule wohnt und das Haus für seine Schwägerin verwaltet.

Seit 45 Jahren gibt es eine Schwimmschule in dem Essener Wohngebiet

Das Gebäude, in dem sich die Schwimmschule befindet, gehört heute Nicole Cantürk und ihrem Bruder, sie hätten die Immobilie von ihren Großeltern geerbt. Bereits vor 45 Jahren hatte Heinz Kammann dort die Schwimmschule Delphin gegründet, rund 79.000 Kinder hatten nach seiner Aussage dort das Schwimmen gelernt. 2023 verließ er den Standort. Nachfolger wurde die heutige Schwimmschule Molly.

„Heinz Kammann hätte weitermachen können. Wir hatten ihm einen neuen Vertrag zu gleichen Mietkonditionen, aber mit verkürzter Vertragslaufzeit angeboten“, so Nicole Cantürk. Nachdem sich der ehemalige Betreiber monatelang nicht zum Vertragsangebot geäußert habe, hätten sie und ihr Mann Yasin Cantürk überlegt, dort selbst eine Schwimmschule zu betreiben. „Kursplätze sind ja stark nachgefragt, und wenn es schon ein solches Schwimmbecken gibt, sollte man es der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen“, erklärt Nicole Cantürk.

Hoffen, dass sich die Fragen rund um ihre Schwimmschule Molly bald klären: Nicole Cantürk, Mitarbeiterin Sabrina Schütten und Yasin Cantürk (v.l.).
Hoffen, dass sich die Fragen rund um ihre Schwimmschule Molly bald klären: Nicole Cantürk, Mitarbeiterin Sabrina Schütten und Yasin Cantürk (v.l.). © FUNKE Foto Services | Livia Krimpelbein

„Wir haben rund 45.000 Euro in die Modernisierung gesteckt und sind auch noch nicht fertig damit“, sagt Yasin Cantürk, Geschäftsführer der Schwimmschule, der nach eigenen Angaben früher in der Druckerei des Springer-Verlags beschäftigt war.

„Schon zwei Tage vor der Eröffnung kam dann ein Schreiben vom Anwalt der Nachbarn, dass diese mit dem Weiterbetrieb der Schwimmschule nicht einverstanden seien“, sagt Nicole Cantürk. Dabei sei sie in der Straße aufgewachsen und immer davon ausgegangen, dass man ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis habe.

Nachbarn sorgen sich wegen der Lage des Schwimmbeckens in Hangnähe

Die Schwimmhalle befindet sich unter Terrasse und Garten des Hauses, in dem Familie Cantürk, die zwei Kinder hat, auch selbst wohnt. Im Anschluss an den Garten liegt unterhalb eines Steilhangs eine Kleingartenanlage. Als sie das Haus übernommen hätten, hätten sie die Statik überprüfen und sich die Sicherheit des Schwimmbeckens bestätigen lassen, erklärt Nicole Cantürk. Die Nachbarn sorgen sich dennoch, dass die Halle eines Tages abrutschen und das auch Auswirkungen auf ihre Häuser und Grundstücke haben könnte.

Der Konflikt zwischen Nachbarn und Schwimmschule existiert offenbar erst seit dem Betreiberwechsel. Laut Marko Heisters habe es in der Vergangenheit keine großen Probleme gegeben: „Heinz Kammann war gute Nachbarschaft immer wichtig, er hat bei seinen Kursteilnehmern auf entsprechendes Verhalten hingewirkt.“

Die Situation sei jetzt völlig anders, finden die Anwohner. Oft gebe es kein Durchkommen, weil Eltern ihre Kinder zum Schwimmunterricht brächten, auf der schmalen Straße wendeten oder im Winter mit laufendem Motor warteten. Teils würde in Vorgärten, Einfahrten und Zufahrten zu fremden Grundstücken geparkt. Schottersteine, auf denen vor der Schwimmschule geparkt werde, könnten durch die Luft fliegen und Schäden an anderen Autos verursachen oder gar Passanten verletzen, befürchtet Anwohner Walter Knepper.

Schwimmschulplätze sind in Essen stark nachgefragt

„Nicht, dass wir falsch verstanden werden: Wir sind natürlich dafür, dass möglichst alle Kinder schwimmen lernen, aber das sollte im Rahmen der Gesetze erfolgen“, betont Marko Heiters. „Ein solcher Schwimmbetrieb hat in einem Wohngebiet nichts zu suchen.“

Anwohner der Straße Hüskenbörde in Essen-Bergerhausen ärgern sich über Dinge, die mit dem Betrieb der dortigen Schwimmschule Molly zusammenhängen. Im Bild (v.l.) Dieter Jablonski, Marko Heisters und Walter Knepper.
Anwohner der Straße Hüskenbörde in Essen-Bergerhausen ärgern sich über Dinge, die mit dem Betrieb der dortigen Schwimmschule Molly zusammenhängen. Im Bild (v.l.) Dieter Jablonski, Marko Heisters und Walter Knepper. © Essen | Kerstin Kokoska

Die Nachbarn fühlen sich „nicht mit ins Boot genommen“. Anfängliche Versuche, mit den neuen Betreibern ins Gespräch zu kommen, seien gescheitert, klagen sie Nachbarn, während Nicole und Yasin Cantürk versichern, dass sie gesprächsbereit seien und sich wundern, dass ein Beschwerdebrief bereits eingetroffen sei, bevor die Schwimmschule im Oktober überhaupt eröffnet habe.

Die Anwohner hatten bereits im vergangenen Jahr 75 Unterschriften gegen den Betrieb der Schwimmschule gesammelt und einen Rechtsanwalt eingeschaltet, so Marko Heisters, dessen Unterlagen zum Thema Schwimmschule schon einen ganzen Ordner füllen.

Erwachsene kommen in den Abendstunden zum Kurs

Nach Aussage der Anwohner läuft der Schwimmbetrieb bis 21.20 Uhr. „Bis die Teilnehmer angezogen sind und wegfahren, ist es 22 Uhr“, sagt Knepper. Dass das zu Problemen führe, bestreitet der Betreiber. Der normale Kursbetrieb in Kleingruppen gehe montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr, samstags bis 16 Uhr, abends laufe lediglich ein Kurs mit drei Erwachsenen.

Marko Heisters sieht Immobilienbesitzer benachteiligt: „Potenzielle Mieter sagen angesichts der schwierigen Parkplatzsituation ab. Die Situation führt so zur Wertminderung der Häuser“, fürchtet er.

Dass das Verhältnis zu den Nachbarn so abgekühlt sei, belastet Nicole und Yasin Cantürk, wie sie sagen. Sie können nicht verstehen, warum die Nachbarn plötzlich den Schwimmbetrieb ablehnen, den sie jahrzehntelang akzeptiert hätten. „Es ist nichts vorgefallen, es hat sich im Vergleich zu früher nichts verändert.“

Auch bei der Stadt beschäftigt man sich inzwischen mit der Schwimmschule Molly. Nach Auskunft von Stadtsprecher Burkhard Leise liegt die Baugenehmigung für ein privates Schwimmbad vor, aber keine Genehmigung für eine gewerblich betriebene Schwimmschule. Für Letztgenannte müssten zum Beispiel Parkplätze nachgewiesen und Angaben zur Größe der Kurse und Schwimmhalle dargelegt werden. Wegen der fehlenden Genehmigung gebe es einen Austausch zwischen Betreiber und Bauaufsicht, zumal sich das Gebäude in einem Wohngebiet befinde.

Die Überprüfung sei aufgrund der Hinweise der Anwohnerinnen und Anwohner erfolgt, so Leise. Die Bauaufsicht der Stadt habe ein ordnungsbehördliches Verfahren eingeleitet. Auskünfte zu weiteren Schritten seien erst nach dessen Abschluss möglich. Laut Nicole Cantürk muss der Antrag auf eine gewerbliche Nutzung der Räume bis Ende Februar eingereicht werden.

Die Parksituation im Umfeld ist sehr angespannt

Die von den Anwohnern kritisierten Verkehrs- und Parkprobleme im Umfeld der Schwimmschule bestätigen weder Betreiber noch Stadt. Aus verkehrsrechtlicher Sicht sind, so Stadtsprecher Leise, bei der Verkehrsüberwachung des Ordnungsamtes keine Auffälligkeiten bei der Parksituation bekannt. Auch zum Thema Lärmbelästigung gebe es keine Erkenntnisse.

Die Stadt ist laut Burkhard Leise nicht in der Haftung, falls in der Schwimmschule etwas passieren sollte. Verantwortlich sei der Betreiber. Direktes Handeln seitens der Stadt sei nur bei akuter Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich, wenn zum Beispiel Teile vom Gebäude zu fallen drohten. Eine solche Gefahr liege nicht vor, so dass der Betrieb vorerst weiterlaufe. Man warte jetzt das Ergebnis des Prüfverfahrens ab.

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