Essen-Katernberg. Warum ein Blick ins Schaufenster zeigt, was Essen-Katernberg zu bieten hat. Und was PACT Zollverein mit der Aktion zu tun hat.
Mit dem Projekt „Katernberg, lass dich blicken“ will die PACT Werkstadt in Essen-Katernberg jeweils zwei Monate lang lokalen Akteurinnen und Akteuren aus dem Stadtteil eine Plattform geben: Projekte, Lebensgeschichten, Haltungen, Probleme und Anliegen aus der näheren Umgebung sollen in Form einer Schaufenster-Ausstellung sichtbar gemacht werden. Anders formuliert: An den Fensterscheiben der Werkstadt treffen Themen des Stadtteils, künstlerisch aufgearbeitet, auf die lokale Stadtgesellschaft. Zur Unterstützung werden jetzt Studierende aus dem künstlerischen Bereich gesucht.
PACT Zollverein: Mehr Kontakt zur Bevölkerung in Essen-Katernberg
„Die Werkstadt ist aus dem Bedarf entstanden, mehr Kontakt zur Nachbarschaft herzustellen“, erklärt Projektleiterin Laura Hermeling. PACT Zollverein, kurz für „Performing Arts Choreographisches Zentrum NRW Tanzlandschaft Ruhr“, hat seinen Sitz auf dem Gelände des UNESCO-Welterbes Zollverein und versteht sich als Initiator, Motor und Bühne für Entwicklungen in den Bereichen Tanz, Performance, Theater und Bildende Kunst. Hermeling: „Wir haben uns vor etwa sieben Jahren gefragt: Was können wir als Kulturinstitution in einem Stadtteil beitragen?“
Als die Räume einer ehemaligen Apotheke an der Viktoriastraße/Ecke Schonnebeckhöfe freiwurden, habe man zugegriffen und quasi eine Zweigstelle mitten im Stadtteil eröffnet. Ein junges Team organisiert hier alle möglichen Begegnungsformate von Lesungen, Konzerten und Filmabenden über Angebote für Kinder bis hin zu Workshops in Sachen Fahrradreparatur, Kochen, Linoldruck oder Songwriting. „Der Arbeitskreis Kunst und Soziales trifft sich hier, um gemeinsam Projekte, Stadtfeste und verschiedene Aktionen zu organisieren“, so Hermeling weiter. „Und wir haben immer freitags eine offene Kinderwerkstatt. Da können die Kinder für zwei Stunden vorbeikommen. Da haben wir eine Pädagogin vor Ort, die verschiedene Sprachen spricht und die immer Programm für die Kinder macht.“
Engagement in Essen-Katernberg: Von Imkern bis zum Blumenladen
Wichtig sei dabei vor allem, dass man bei der Arbeit auf die Bedarfe des Stadtteils reagiere, fügt Mina Mahmoudian hinzu. Sie ist Projektleiterin im Bereich Urbane Beziehungen. „Wir schauen, welche Anliegen und Themen gibt es im Stadtteil, aber auch welches Engagement, welche Probleme, Herausforderungen und Kompetenzen, und wie können wir die sichtbar machen?“ Daraus entstanden ist bereits im November vergangenen Jahres das Projekt „Katernberg, lass dich blicken“, das derzeit für eine bunt dekorierte Schaufensterscheibe der Werkstadt sorgt. Zeichnungen von Kindern sind da zu sehen, vor allem Herzen aber auch Bilder, die die beiden Verantwortlichen zeigen.
Im November konnte sich als erster Kooperationspartner der Imkereiverein Essen-Katernberg und Umgebung im Schaufenster präsentieren. Mit nachhaltigem Erfolg: Den Honig der lokalen Imker gibt es jetzt in der Werkstadt zu kaufen. Zwei Monate lang dauerte diese erste Ausgabe von „Katernberg, lass dich blicken“, bis Monika Iletschko, Floristin und Inhaberin des Blumenladens „Blütenzauber“, an der Reihe war. Sie gestaltete das Fenster selbstständig mit Waren aus ihrem Laden. „Mit der Ausstellung hat sich Katernberg dann leider auch von diesem Blumenladen verabschiedet“, bedauert Mahmoudian. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie hatten dem kleinen Unternehmen derart zugesetzt, dass es wirtschaftlich nicht mehr zu betreiben war. Iletschko musste nach 16 Jahren schließen – bis heute steht das Ladenlokal an der Katernberger Straße leer.
Aktuell im Schaufenster in Essen-Katernberg: „Tausche Bildung für Wohnen“
In diesem Monat nun stellt sich der gemeinnützige Verein „Tausche Bildung für Wohnen“ im Schaufenster vor. Der Verein setzt sich für eine liebevolle und spielerische Lernförderung ein und eröffnet damit alternative Möglichkeiten zum klassischen Bildungssystem. „Im Prinzip ist unsere Tauschbar am I. Terwestenweg 9 wie ein Stadtteil-Wohnzimmer“, erklärt Stephan Köppen. Vom Wohnungsbau-Unternehmen Vonovia hat der Verein mietfreien Wohnraum zur Verfügung gestellt bekommen. „Das ist richtiges Sponsoring“, so Köppen. „Vonovia hat den Anspruch, damit Stadtteilarbeit zu machen.“ In den zur Verfügung gestellten Räumen wohnen über einen Zeitraum von einem Jahr junge Menschen aus dem Bundesfreiwilligendienst, die dafür als Gegenleistung Kindern und Jugendlichen aus dem Stadtteil Nachhilfeunterricht erteilen. „Wir haben auch Studierende, die ehrenamtlich arbeiten und die im Stadtteil unterwegs sind. So vermischen wir hier im Quartier bildungsnahe und bildungsferne Schichten.“
„Katernberg, lass dich blicken“
Die PACT Werkstadt befindet sich an der Viktoriastraße 5 in Essen-Katernberg. Das vollständige Programm findet sich im Internet unter www.pact-werkstadt.de.
Eine Lesung mit den Autorinnen Esra Canpalat und Jehona Kicaj findet am Donnerstag, 29. Februar, um 19 Uhr statt. Sie lesen aus dem Buch „Und so blieb man für immer“, das sich mit den so genannten Gastarbeitern beschäftigt. Eintritt frei, Anmeldung per WhatsApp unter 0171 9766389 oder per Mail: werkstadt@pact-zollverein.de.
Die Tauschbar des Vereins „Tausche Bildung für Wohnen“ sitzt am I. Terwestenweg 9 in Essen-Katernberg. Kontakt: 0178 5769883, Mail: essen@tauschebildung.org
Auf ein weiteres Projekt ist man besonders stolz: In Kooperation mit der Bonnekamp Stiftung hat der Verein „Tausche Bildung für Wohnen“ Zugang zu einem Naturparadies am Rand von Katernberg. Die Bonnekamphöhe ist ein drei Hektar großer Naturgarten, in dem viele Obst- und Gemüsekulturen nach permakulturellen Prinzipien angebaut werden. „Wir haben von der Stiftung etwa ein Drittel dieser Fläche zur Verfügung gestellt bekommen, um dort Natur-, Umwelt- und Wildnispädagogik im weitesten Sinn zu machen“, so Köppen. „So können wir die Kinder auch wieder raus in die Natur bringen. So etwas gibt es in keiner großen Stadt, nur in Essen. Diese Projekte und unsere Arbeit generell hier in diesem kleinen Fenster der Werkstadt zu präsentieren, ist für uns deshalb eine großartige Möglichkeit.“
Zusammenarbeit mit Studierenden der Essener Folkwang Hochschule
Für zukünftige Ausstellungen haben die Macherinnen der Werkstadt übrigens noch ein weiteres Ziel: Sie wollen kreative Studierende der Folkwang Hochschule in ihre Projekte einbinden. „Schön wäre natürlich eine Kooperation mit der Uni“, sagt Hermeling. „Im Moment haben wir eine Ausschreibung, über die sich Studierende bei uns melden können.“ Ziel sei es, dass die Studierenden gemeinsam mit den Kindern das jeweilige Thema von „Katernberg, lass dich blicken“ künstlerisch umsetzen und damit die Fenster-Ausstellung gestalten.
Noch ist das Zukunftsmusik, aber erste Interessierte gibt es bereits. Das derzeitige Fenster der PACT-Werkstadt wurde von den Kindern gestaltet, die in der Tauschbar von „Tausche Bildung für Wohnen“ unterrichtet werden und die an Projekten des Vereins teilnehmen. Gemeinsam mit der Bundesfreiwilligen Kimberly Tieß haben sie die Ausstellung gestaltet. Die Zeichnungen sind noch bis Mitte März zu sehen, die nächste Ausstellung soll am 14. März eröffnet werden. Welcher Katernberger Akteur sich dann präsentieren wird, damit wollen die Verantwortlichen noch nicht herausrücken. Hermeling: „Das sieht man ja dann, wenn man hier vorbeikommt. Lassen Sie sich überraschen.“