Essen. Intendantin legt Schwerpunkt auf Frauen in der Musik. Nach 200 Jahren erlebt „Fausto“ von Louise Bertin seine deutsche Erstaufführung.
Verdi, Wagner, Bizet gehören zu den meistgespielten Komponisten des Opernrepertoires. Doch die Frau, die als erste in Frankreich den „Faust“-Stoff vertonte, ist in Vergessenheit geraten. Einzig Berlioz, Gounod und Boito tauchen mit ihren Fassungen von Goethes Tragödie in den Spielplänen auf. Aber nicht das Werk der Französin Louise Bertin, die ihre Oper vor den Männern herausbrachte. Das wird sich in dieser Saison ändern. Aalto-Intendantin Merle Fahrholz hat einen Schwerpunkt auf Frauen in der Musik gelegt.
Merle Fahrholz war Louise Bertin schon länger auf der Spur. Zunächst stieß sie auf ihr Hauptwerk „La Esmeralda“, eine Oper, zu der Victor Hugo das Libretto nach seinem Roman „Der Glöckner von Notre Dame“ geschrieben hatte . „Ich habe von Anfang an Tatjana Gürbaca mit ins Boot geholt“, berichtet die Intendantin. Die Regisseurin, die mit „Lohengrin“ in Essen einen Coup gelandet hatte, ist dem Haus bereits seit 2016 verbunden.
Verschollenes Material vor einigen Jahren wiederentdeckt
Als dann vor einigen Jahren das lange verschollene Material zu „Fausto“ in der französischen Nationalbibliothek wiederentdeckt wurde, entschied sich Merle Fahrholz dafür und griff zu: „Für Deutschland ist ,Faust‘ einfach interessanter.“ Die äußerst begeisterungsfähige Regisseurin zog auch bei diesem gewagten Projekt mit - obwohl zunächst die Materialien nur stückweise zur Verfügung standen. „Das war ein Puzzlespiel“, betont Merle Fahrholz.
Louise Bertins Opern haben die Uraufführungen nicht lange überlebt. Das war Anfang des 19. Jahrhunderts so und es ist heute nicht anders. „Es ist grundsätzlich schwer, mit einer Uraufführung auf die Bühne zu kommen. Für Frauen und Männer. Wir haben einige tolle Komponistinnen. Aber sie sind nicht so bekannt geworden wie die Großen des Repertoires“, betont die 41-Jährige, die das auch mit der ersten Ausgabe des Komponistinnen-Festivals „her:voice“ im Mai ändern will.
Erste Ausgabe des Komponistinnen-Festivals „her:voice“
Namhafte Musikwissenschaftlerinnen aus Graz, Wien, Bayreuth, Zürich und Detmold geben in vier Symposien einen Überblick über das musikalische Schaffen von Frauen in der Vergangenheit und in der Gegenwart. Allein sie stoßen schon auf ein reges Interesse. Dirigentinnen, Komponistinnen und Musikerinnen ermöglichen mit Gesprächen, einer Liedmatinee, Konzerten und Opernaufführungen wie „Fausto“ Unbekanntes zu erleben.
Dass Louise Bertin es einzig mit dem Frauenlabel auf die Bühne geschafft hat, diesen Eindruck will Merle Fahrholz unbedingt vermeiden. Sie ist ständig auf der Suche nach neuen Stoffen und mit Forschungsinstitutionen im Austausch, sagt sogar: „Wenn Sie eine Partitur auf dem Dachboden finden, immer her damit.“ Wichtig ist für sie, dass die entdeckten Werke eine Qualität haben, die „auf die Bühne gehört“. Weitere Opern von Frauen sind in den kommenden Spielzeiten geplant.
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