Essen. Ein Plastischer Chirurg aus Essen schenkt Patienten neuen Lebensmut: vom Brustaufbau nach der Krebs-Operation bis zur Geschlechtsangleichung.

Plastische Chirurgie kann nicht nur körperliche Wunden heilen: Wenn Krebspatientinnen eine neue Brust bekommen, ist das medizinisch nicht notwendig, schenkt aber vielen Frauen neuen Lebensmut. Wenn Prof. Björn Behr eine geschlechtsangleichende Operation durchführt, ist das chirurgisch hochkomplex – und versöhnt den Patienten mit seinem Körperbild.

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Behr ist 44 Jahre alt, stammt aus Wuppertal und hat zuletzt mehr als zehn Jahre am Bergmannsheil in Bochum gearbeitet. Am Huyssensstift in Huttrop, das zu den Evangelischen Kliniken Essen-Mitte (KEM) gehört, hat er schon in der Vergangenheit operiert. Seit September 2023 ist er dort Chefarzt, leitet die neue Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie.

Kliniken Essen-Mitte behandeln mehr als 2000 Frauen mit Brustkrebs im Jahr

Die KEM beheimaten eins der größten Brustkrebszentren landesweit, jährlich werden hier mehr als 2000 Frauen behandelt. „Eine eigene Klinik für Plastische Chirurgie ist hier ein Zugewinn“, sagt Behr. Denn die meisten der Patientinnen entscheiden sich für einen Brustaufbau.

Als „Goldstandard“ für ein natürliches und nachhaltiges Erlebnis – nicht nur bei Brust-OPs – bezeichnet der Mediziner das Verfahren mit körpereigenem Gewebe: Es sei durchblutet und so beschaffen, dass es im besten Fall „für den Rest des Lebens keine Komplikationen verursacht“. Häufig spiele die Natur mit: „Frauen mit einer relativ großen Brust haben oft einen Überschuss am Bauch, den wir für die Rekonstruktion verwenden können.“ Willkommener Nebeneffekt: „Der Bauch wird gestrafft.“ Bei sehr schlanken Frauen werde Fettgewebe aus der Innenseite des Oberschenkels verwendet.

An erster Stelle steht die Sicherheit, aber das Körperbild wird mit bedacht

Die Patientinnen wachen aus der Krebs-OP trotzdem zunächst mit einem Implantat auf: Denn das nimmt bei einer anschließenden Bestrahlung keinen Schaden. „Nach einem halben Jahr können wir es in einem weiteren Eingriff gegen das empfindlichere Eigengewebe tauschen“, erklärt Behr. Diese Variante für den Brustaufbau gebe es schon seit zwei Jahrzehnten. Die Technik sei anspruchsvoll und erfordere einen erfahrenen Operateur, weil hier zwei unterschiedliche Gewebe haarfein verbunden werden.

Selbstverständlich stehe die maximale Sicherheit im Kampf gegen den Brustkrebs an erster Stelle, betont Behr. „Aber für die meisten Patientinnen spielt auch die Integrität ihres Körpers eine große Rolle.“ Daher sei die Plastische Chirurgie bereits in der OP-Planung mit an Bord.

Mikrochirurgie lindert die Leiden von Patienten mit Lymphödem

Im Operationssaal: Prof. Dr. med. Björn Behr, Direktor der Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie an den Kliniken Essen-Mitte (l.), im Gespräch mit Prof. Dr. med. Dr. h.c. Martin K. Walz, Direktor der Klinik für Chirurgie und minimalinvasive Chirurgie. 
Im Operationssaal: Prof. Dr. med. Björn Behr, Direktor der Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie an den Kliniken Essen-Mitte (l.), im Gespräch mit Prof. Dr. med. Dr. h.c. Martin K. Walz, Direktor der Klinik für Chirurgie und minimalinvasive Chirurgie.  © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Spezialisiert ist das Team auch auf die Behandlung des Lymphödems. Es entsteht, wenn Lymphgefäße durch Bestrahlung oder Tumorwachstum geschädigt oder Lymphknoten bei der Tumor-OP entfernt werden. In der Folge kann sich Lymphflüssigkeit so stauen, dass Gliedmaßen anschwellen, Entzündungen und Wundrosen drohen. Es ist eine häufige – und bisher dauerhafte – Nebenwirkung vieler Krebserkrankungen.

Plastische Chirurgie hat vielfältige Einsatzgebiete

Prof. Dr. Björn Behr leitet die neue Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie im Huyssensstift der Ev. Kliniken Essen-Mitte (KEM). Das Team will mit aufwendigen mikrochirurgischen Techniken den Patienten ihr Körperbild und die Funktionalität zurückzugeben. Bei Rekonstruktionen – etwa beim Brustaufbau nach einer Krebs-OP – wird bevorzugt mit körpereigenem Gewebe gearbeitet, weil bei diesem Verfahren die Lebensqualität der Patienten höher sei.

Einsatzgebiete der plastischen Chirurgie sind neben Krebserkrankungen etwa Unfälle, chronische Krankheiten sowie transgender-chirurgische Eingriffe. Die Klinik führt auch außerdem körperformende und ästhetische ebenso wie handchirurgische Eingriffe von Arthrose bis Karpaltunnelsyndrom durch.

Um das Lymphsystem wieder funktionsfähig zu machen, schaffe man mikrochirurgisch neue, feine Verbindungen, erklärt Behr. „Durch diese neuen Techniken kann das bisher als schicksalhaft erachtete, durch das Lymphödem verursachte Leiden deutlich vermindert werden. Das Tragen von Kompressionswäsche ist nicht mehr in jedem Fall notwendig.“

Viele Transmänner warten auf die Operation, die ihnen einen Phallus schenkt

Große Last von den Patienten nehmen, können auch geschlechtsangleichende Behandlungen, bei denen die Plastischen Chirurgen mit anderen Disziplinen zusammenarbeiten: Wenn ein Mann, der im Körper einer Frau geboren wurde, am Ende eines langen Angleichungsprozesses ein neues Genital erhält, stehen drei Chirurgen und ein Urologe am OP-Tisch. In einer sieben- bis achtstündigen Operation bauen sie aus der zarten Haut am Unterarm einen Phallus auf, in dessen Inneren eine funktionsfähige Harnröhre steckt.

Für die meisten ist das eine Erfüllung.“
Prof. Dr. med. Björn Behr über geschlechtsangleichende Operationen für Transmänner

Im Jahr 2021 hat Behr den komplizierten Eingriff zum ersten Mal in der Klinik für Urologie des Huyssensstifts durchgeführt, quasi als Gast. Nun, da er selbst als Klinikdirektor im Haus ist, möchte man den Bereich erweitern. Das Interesse ist da: Aktuell stehen viele Transmänner auf der Warteliste für den Eingriff, der ihren Körper ihrer Identität anpassen soll. „Für die meisten ist das eine Erfüllung.“

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