Essen. Die Notdienstpraxis Essen-Borbeck zieht zur Notaufnahme ins Philippusstift: Nun entscheidet eine Anlaufstelle über die Behandlung der Patienten.
Neustart für die Notdienstpraxis in Essen-Borbeck: War diese bisher lediglich auf dem Gelände des Philippusstifts angesiedelt, zieht sie jetzt direkt in die – erweiterte – Zentrale Notaufnahme (ZNA) des Krankenhauses. So soll die Zusammenarbeit zwischen beiden Angeboten verbessert, die Wege für die Patienten verkürzt werden. Ab 1. Januar 2024 haben diese nun eine einzige Anlaufstelle, die über ihre weitere Behandlung entscheidet.
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An der gemeinsamen Anmeldung sitzen in der Regel eine Pflegefachkraft sowie eine Medizinische Fachangestellte aus der Notdienstpraxis: „Die schauen, ob es sich eher um etwas für eine stationäre Aufnahme handelt oder nicht“, erklärt Guido Schwarz, leitender Arzt in der Notaufnahme. Dort sollen keine Bagatellfälle mehr landen, nur weil der Patient nicht mit den Zuständigkeiten vertraut ist.
Notdienstpraxis springt ein, wenn Hausarztpraxen geschlossen sind
Die Notaufnahme ist Teil des Krankenhauses und jeden Tag rund um die Uhr geöffnet. Sie wird auch von Rettungsfahrzeugen angesteuert, die akute Notfälle wie Schlaganfall-Patienten bringen sowie Schwerverletzte, darunter Opfer von Arbeits- oder Schulunfällen. Sie werden nach der Erstversorgung auf die Stationen verlegt.
Die Notdienstpraxis wiederum wird von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) getragen und mit niedergelassenen Ärzten betrieben. Sie deckt die Versorgungslücke, wenn die Arztpraxen geschlossen sind; ist also mittwoch- und freitagnachmittags, an Wochenenden, Feiertagen und abends bis 22 Uhr geöffnet. Hier werden Beschwerden behandelt, mit denen man sonst zum Hausarzt geht. Im laufenden Jahr kamen im Schnitt gut 150 Patienten pro Woche in die bisherige Notdienstpraxis, sagt Christopher Schneider, Pressesprecher der KVNO in Düsseldorf. „Das Gros davon an den Wochenenden und mittwochnachmittags.“
Wechsel in die Notaufnahme ist nahtlos möglich
Jetzt müssten die beiden Einrichtungen unter einem Dach zusammenwachsen, ergänzt Schwarz. „Der Informationsfluss zwischen den Ärzten in beiden Sektoren ist bei diesem Modell aber viel besser.“ Und: Wenn ein Arzt der Notdienstpraxis feststellen sollte, dass ein Patient doch eine stationäre Behandlung benötige, sei ab sofort ein „nahtloser Sektorenwechsel“ möglich.
Von der Politik seien die „Portalpraxen“, bei denen niedergelassene und Klinikärzte Hand in Hand arbeiten, daher ausdrücklich erwünscht, erklärt Schneider. „Wo es räumlich möglich ist und die Krankenhäuser es möchten, sollen Portalpraxen entstehen.“
Notaufnahme im Philippusstift wurde umgebaut und erweitert
Im Philippusstift hat man die Zentrale Notaufnahme umgebaut und so Raum für den Untermieter Notdienstpraxis geschaffen. Für den Wartebereich etwa ist ein Atrium überdacht worden. Statt zehn Untersuchungsplätzen in acht Räumen gibt es nun 13 Plätze in zehn Räumen; zwei davon nutzen die Ärzte der Notdienstpraxis, wenn sie vor Ort sind. Die KVNO hat sich an den Umbaukosten beteiligt und zahlt nun Miete. „Wir sind von der Terrasse ins Wohnzimmer gezogen“, formuliert Schneider.
Ein halbes Dutzend Notdienstpraxen in Essen
Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) betreibt in Essen drei allgemeine Notdienstpraxen im: Philippusstift Borbeck sowie in den Alfried-Krupp-Krankenhäusern Rüttenscheid und Steele. Dazu kommen die Kinderarztpraxis am Elisabeth-Krankenhaus in Huttrop, die HNO-Praxis im „Krupp“ Rüttenscheid und die Augenärztliche Praxis in der Uniklinik in Holsterhausen.
Die Portalpraxis im Philippusstift, Hülsmannstraße 17 in Borbeck, ist wie folgt geöffnet: Mo/Di/Do: 19 bis 22 Uhr; Mi und Fr: 13 bis 22 Uhr; Sa/So/Feiertage: 8 bis 22 Uhr.
Notdienstpraxen können neben Verordnungen auch AU-Bescheinigungen ausstellen. Das kommt laut KVNO aber selten vor, da die Patienten am nächsten Werktag zum Haus- oder Facharzt gehen sollen. Von gut 80 Notdienstpraxen im KVNO-Gebiet sind 30 Portalpraxen, also an die Notaufnahme eines Krankenhauses angegliedert.
Bis zur Übernahme durch die KVNO wurde die Notfallpraxis in Borbeck von einem Ärzteverein betrieben und hatte deutlich umfangreichere Öffnungszeiten.
Profitiert hat auch die Notaufnahme, die nach dem Umbau deutlich besser ausgestattet ist: Es gibt nun einen zweiten Schockraum sowie einen Isolationsraum, der direkt an die Fahrzeughalle grenzt: So müssen Patienten mit Tuberkulose, Masern oder bakterieller Meningitis, die mit dem Rettungswagen kommen, nicht durch die Notaufnahme getragen werden.
Zentrales Monitoring als Meilenstein für die Patientensicherheit
Auf der neuen Beobachtungsstation mit acht Betten und Bad liegen Patienten, von denen noch nicht sicher ist, ob man sie wieder nach Hause gehen lassen kann oder stationär aufnehmen sollte. Oder solche, die auf ein freies Bett auf der Station warten. Hervorheben möchte Schwarz das zentrale Monitoring, mit dem man Patienten im Blick hat, die in einem anderen Raum liegen und am Monitor hängen. „Das ist der größter Meilenstein in Sachen Patientensicherheit.“
Weiterer Pluspunkt: Das neu in der ZNA eingerichtete Labor mit Laborassistenten. Das Zentrallabor des Philippusstifts liegt im Ruhrturm in Huttrop , fast zehn Kilometer entfernt. Das Labor vor Ort trägt – wie Röntgen oder Ultraschall – zu einer schnellen Diagnostik, sofortigen Therapieeinleitung und wenn nötig stationären Aufnahme bei.
Laborwerte liegen schnell vor
Das sei auch für die Notdienstpraxis ein Vorteil: „Da sitzen manchmal auch Patienten, für die die diagnostischen Mittel eines Krankenhauses erforderlich sind.“ Nach einer Untersuchung am Donnerstagnachmittag bekomme der Hausarzt die Laborwerte häufig nicht mehr vor dem Wochenende. „Wir haben hier schnell die Ergebnisse, um eine Diagnose zu prüfen.“
Den oft geäußerten Verdacht, die Notfallsysteme würden von vielen Patienten missbraucht, weist Schwarz übrigens zurück: „Ich habe hier keine Touristen, die zweimal die Woche kommen.“ Die ZNA gebe ja auch keine Rezepte oder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus. „Der Mensch, der zu uns kommt, braucht aus irgendeinem Grund Hilfe.“
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