Essen. Auf ihrer Weihnachts-Blitz-Tournee hat die Kultband „Extrabreit“ ein gefeiertes Konzert im Essener Turock gespielt. Ein Song durfte nicht fehlen.

Wer sich auf die Adventszeit einstimmen möchte, der geht derzeit vielleicht nicht nur auf einen der vielen Weihnachtsmärkte. Für Rockfans ist die Extrabreit-Weihnachts-Blitz-Tournee eine adventliche Tradition, die allerdings nichts mit stiller Nacht zu tun hat. „Hurra, hurra die Schule brennt!“ heißt einer ihrer frühen Erfolgstitel. Im restlos ausverkauften Turock brannte hingegen die Luft, genau genommen eine schwere Mischung aus reichlich Kunstnebel und Bierdunst, in der rund 500 Fans ausgelassen feiern.

„Extrabreit“-Sänger Kai Havaii freut sich über „die volle Hütte“

Sichtlich erfreut zeigt sich Kai Havaii über „die volle Hütte“. „Das sah vor zehn Jahren noch ganz anders aus“, so der 65-jährige Extrabreit-Frontmann. In der Tat scheint es, als hätten es die Hagener auf der Ziellinie noch geschafft, sich von ihrem Neue-Deutsche-Welle-Image, das viele definitiv als Stigma sehen, zu befreien.

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Mit „Extrabreit“ und „Her mit dem Abenteuer“, das stark an „Pretty Vacant“ der Sex Pistols angelehnt ist, demonstriert die Band vom Start weg, dass sie stilistisch überall hingehört, aber nicht in die NDW-Schublade. So segelten nicht nur die Toten Hosen „Unter falscher Flagge“, sondern auch Extrabreit. Der Etiketten-Schwindel, den sich zu Beginn der 1980er Jahre vermutlich clevere Marketing-Strategen ausgedacht hatten, sorgte zumindest für einen gigantischen Erfolg inklusive zweier Goldener Schallplatten.

Das Publikum reicht vom jungen höflichen Punk bis zum ergrauten Herrn

Das Publikum im Essener Turock reicht dabei vom jungen höflichen Punk, der sich entschuldigt, wenn er leicht seinen Nebenmann anrempelt, bis zum ergrauten, respektive erglatzten, Fan der vermutlich Anfang der Achtziger seine Penne gern in Flammen gesehen hätte.

Was neben Kai Havaii die weiteren „Ur-Breitlinge“ Stefan „Kleinkrieg“ Klein (Gitarre) und Rolf Möller (Schlagzeug), unterstützt von Gitarrist Bubi Hönig und Bassist Lars „Larsson“ Hartmann abliefern, ist trotz der NDW-Ironie von „Glück und Geld“ überwiegend Punk affin. Es gehört, sofern man überhaupt Einordnungen in Schubladen mag, in die gleiche wie Die Ärzte oder die Toten Hosen. Ihre Basis ist klassischer Rock`n`Roll, wie etwa bei „Geisterbahn fahren“.

Die Refrains animieren zum Mitgrölen

Die Lieder reflektieren bisweilen bluesige Düsternis, enthalten aber auch hardrockige Klangmuster mit kräftig pumpenden Basslinien. Der punkige Anstrich resultiert im Wesentlichen aus eingängigen, zum Mitgrölen animierenden Refrains. Zwei Gitarristen, deren spielerisches Repertoire über weit mehr als drei Akkorde hinaus geht, liefern Finesse bei ihren Soli, sorgen aber auch für eine klare Kante beim bestens abgestimmten Rhythmusspiel. Dieses Rezept nutzen auch die englischen Punk-Heroen von The Vibrators.

Auf dem Gabentisch überrascht nichts wirklich Neues. Neben zahlreichen Hit-Klassikern aus 40 Jahren wie „Polizisten“ oder „Hart wie Marmelade“, präsentiert Extrabreit auch Titel 2020er Albums „Auf EX!“ wie „Vorwärts durch die Zeit“ oder „Mary Jane“, das tatsächlich zeitlos klingt.

Auch Cover der Songs von Hildegard Knef und Hans Albers gehören zum Repertoire

Zeitlich weit in der Vergangenheit liegen jedenfalls die Cover von Hildegard Knefs „Für mich soll`s rote Rosen regnen“ sowie „Flieger, grüß mir die Sonne“ von Hans Albers. Zu diesen Liedern zeigt sich der Fan-Chor in Bestform. Nach rund zwei Stunden inklusive mehrerer Zugaben verabschiedet sich die Band. Und der extrabreite Applaus macht deutlich, dass sich viele Fans schon auf Weihnachten im nächsten Jahr freuen. Maßgeblich wegen der Weihnachts-Blitz-Tournee von Extrabreit.

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