Essen. Chagall trifft ChatGPT: Folkwang Museumsverein in Essen spricht über die Rolle der Kunst im digitalen Zeitalter und andere Zukunftsfragen.
Von Miró und Matisse zu NFT und Blockchain-Wallet: Die Kontraste beim diesjährigen Jahresempfang des Folkwang Museumsvereins waren gewaltig. Nach dem Rundgang durch die aktuelle Grafik-Ausstellung „Chagall, Matisse, Miró – Made in Paris“ ging es in für manche noch recht unbekannte Gefilde: „Jenseits der Komfortzone – Die Rolle der Kunst im digitalen Zeitalter und der Umgang mit digitalen Medien im Museum“ lautete der Titel des Festvortrags von Sabine Himmelsbach, die als Direktorin im Haus der Elektronischen Künste (HEK) in Basel schon mittendrin ist im Thema – und im Web.3.
Nicht erst seit der Chatbot ChatGPT die Debatte über den Einsatz künstlicher Intelligenz noch einmal kräftig befeuert hat, stehen auch Museen vor der Frage, wie mit der Kunst aus Daten und Pixeln umzugehen ist. Ulrich Blank, Vorsitzender des Folkwang Museumsvereins, hatte das Thema KI zunächst noch augenzwinkernd eingeführt – mit einer von ChatGPT floskelreich zu Papier gebrachten Begrüßungsrede.
Kryptokunst sorgt für Wirbel auf dem Kunstmarkt
Dass KI mehr kann als Textbausteine zusammenfügen, steht für Sabine Himmelsbach fest: „Wir können uns dem Digitalen nicht mehr entziehen.“ Spätestens der Hype um die millionenschwer verkaufte Kryptokunst eines amerikanischen Digitalkünstlers namens Beeple dürfte auch so manchen Sammler aufmerksam gemacht haben. Inzwischen sei der Höhenflug der Kryptowährung aber wieder abgeflaut. „Es wurde viel über Geld gesprochen, nicht über Inhalte“, sagt Himmelsbach die in ihrem Vortrag viel Informatives über den Umgang mit digitaler Kunst bereit hielt – von der Frage des fälschungssicheren Eigentümernachweises bis zur Flut von Internet-Plattformen, die die digitalen Werke verkaufen. Gehört die kreative Zukunft also den Pixeln und nicht mehr dem Pinsel? KI könne die menschliche Kreativität „unterstützen und bereichern, aber nicht ersetzen“, zeigt sich die Schweizer Museumschefin überzeugt.
Im Museum Folkwang hat man mit der Ausstellung „Color, Code, Communication“ jedenfalls schon gezeigt, dass digitale Kunst in der analogen Museums-Welt durchaus ihren Platz hat. Die Ausstellung von Rafael Rozendaal war die erste monografische Ausstellung eines NFT-Künstlers in einem europäischen Museum.
Der Umgang mit digitalen Medien sei nicht die einzige Herausforderung für die Museen der Zukunft, betont Folkwang-Direktor Peter Gorschlüter. Habe man vor wenigen Jahren noch die Öffnung des Museums hin zur Stadt und die Digitalisierung der Häuser als große Zukunftsthemen gesehen, seien inzwischen viele neue Aufgaben hinzugekommen. Nachzulesen in den frisch überarbeiteten Richtlinien des Internationalen Museumsrat (ICOM). Nicht nur die klassischen Aufgaben wie das Erforschen, Sammeln, Bewahren und Ausstellen stehen da auf der Liste. Museen sollen nun auch „Diversität und Nachhaltigkeit fördern, „ethisch, professionell und partizipativ“ mit Communities kommunizieren und nicht zuletzt „Bildung, Freude, Reflexion und Wissensaustausch“ ermöglichen. Große Aufgaben, bei der ein bisschen KI am Ende vielleicht ganz hilfreich sein kann.