Essen-Steele/Altenessen. Premiere auf dem Steeler Weihnachtsmarkt: Mitglieder des Modell-Eisenbahn-Clubs aus Altenessen bauen eine Anlage samt Lokomotiven auf.
Eisenbahnen in verschiedenen Größen sind auf dem Steeler Weihnachtsmarkt Tradition. Doch zum ersten Mal mischt der Modell-Eisenbahn-Club (MEC) beim beliebten Winterbudenzauber im Essener Südosten mit. Entsprechend groß ist die Vorfreude der aktiven Mitglieder, die der Einladung des Organisators Leon Finger vom Initiativkreis Steeler City gern folgten.
Knapp zwölf Quadratmeter misst die Anlage, die Mitglieder des Modell-Eisenbahn-Clubs Essen in der ehemaligen Commerzbank am Kaiser-Otto-Platz aufbauen. Zum 47. Steeler Weihnachtsmarkt (2. November bis 30. Dezember) fahren im Vorraum der Anfang 2023 geschlossenen Filiale erstmals verschiedene Züge. Per Knopfdruck lassen sich die schmucken Lokomotiven von außen starten.
Probelauf für Weihnachtsmarkt in Essen-Steele im Altenessener Clubheim
Gibt es für Modelleisenbahnfreunde Schöneres als eine ansprechende Anlage mit allem Drum und Dran in einem leerstehenden Laden zu gestalten? Natürlich nicht. So fand sich schnell ein Kreis eifriger Modellbauer, der in den vergangenen Tagen nach Feierabend und am Wochenende dem liebsten Hobby nachging. In geheimer Mission, weitgehend unbemerkt hinter einer zugehängten Scheibe.
Damit der Aufbau der wetterfesten Lehmann-Garten-Bahn (LGB) in Steele möglichst reibungslos funktioniert, gab es vor dem Transport zahlreicher Gleise, Loks und Waggons einen Probelauf im Altenessener Clubheim an der Gladbecker Straße. „Wir haben die Schienen für die Strecke einmal ausgelegt, um zu schauen, ob auch wirklich alles passt. Vor allem mit den Gebäuden, die mit auf die Anlage kommen“, erklärt Clubmitglied Matthias Balter, der das Projekt organisiert hat.
Gezeigt wird ein Modell der Zeche Langenbrahm in Essen-Rellinghausen
Denn neben zwei Gleisstrecken für Personen- und Güterzüge im Maßstab G (1:22,5) gibt es ein weiteres Highlight für Gäste des Weihnachtsmarktes: ein Modell der Zeche Langenbrahm in Rellinghausen. Ein Eigenbau von Hans-Günter Papirnik. Dieser ist detailliert und in der Größe passend zur Eisenbahn angefertigt, allerdings keine „originalgetreue Nachbildung“, wie dessen Konstrukteur einräumt. Doch das Funktionsmodell bestehe aus den wichtigsten Gebäuden einer Übertageanlage: Förderturm, Kohlelager, Kohlenwäsche, Maschinenhaus, Schachthalle, Verwaltung, Waschkaue und Werkstatt. Und einen Lokschuppen gibt es auch. „Die Kohle muss ja abtransportiert werden.“
Kontakt zum Modellbahnclub
Der Modellbahnclub wurde 1949 gegründet. Nach einigen Standortwechseln zog der MEC im Jahr 2004 ins Clubheim an der Gladbecker Straße. Rund 40 Mitglieder treffen sich regelmäßig zu Modellbauprojekten.
Ein zweites Standbein des MEC ist das Eisenbahnmuseum in Bochum-Dahlhausen. Hier betreibt der Club neben dem H0-Waggon einen Barwagen, der für historische Zugfahrten durch das Ruhrtal nach Wetter-Wengern genutzt wird. Kontakt zum MEC:info@mec-essen.de.
Aus stabiler Architekten-Pappe hatte Papirnik, früher Sonderpädagoge im Franz-Sales-Haus, seine Zeche gebastelt. Seitdem sind ein paar Jahre vergangen, aber der Weihnachtsmarkt ist eine gute Gelegenheit, das Modell wieder einmal auszustellen. Bis Ende Dezember wird es Alt und Jung – bisweilen sogar in Bewegung - an Bergbauzeiten an der Ruhr erinnern und spezieller an die Geschichte des 1966 stillgelegten Steinkohlebergwerks „Zeche Langenbrahm.“
„Glück auf“ grüßt das Schild vor der Miniatur-Schachthalle der Essener Zeche
Für Kenner: Der Förderturm hat ein „deutsches Strebengerüst“, somit keine senkrechten Stützen. „Die Streben sind bei dieser Bauform durch horizontale Träger mit dem Führungsgerüst verbunden und bilden den Grundrahmen für die Seilscheibenbühne“, weiß Papirnik. Den 1,10 Meter hohen Turm hat er nicht etwa aus festen Karton gebastelt, sondern aus Stahlprofilen geschweißt und mit Rostschutzfarbe im Zechenlook gestrichen.
„Glück auf“ grüßt das Schild vor der Miniatur-Schachthalle. An der Tür stehen zwei Bergleute wie auf dem Weg zur Schicht. Denn einige maßstabsgetreue Figuren zieren die Miniaturwelt. Weil es keine kleinen Kohlekumpel im Handel gab, baute Papirnik kurzerhand selbst welche für das hübsche Diorama. Einen Jugendlichen mit Ghettoblaster verwandelte er in einen Bergmann mit Werkzeugkasten auf der Schulter. „Die Figur trug ursprünglich eine Kappe verkehrt herum auf dem Kopf. Die habe ich gedreht und mit einer Lampe am Helm versehen“, sagt der 66-Jährige. Das bunte Outfit änderte er mit Pinsel und Farbe in einen weißen Arbeitsanzug ab.
Solche Dinge bereiten dem Überruhrer sichtlich Freude. Im MEC fühlt es sich in bester Gesellschaft. „Wir sind alle froh, dass wir hier spielen dürfen“, beschreibt Matthias Balter die gute Stimmung beim Tüfteln hinter der zugehängten Panzerglasscheibe. Dass sich in dem leerstehenden Ladenlokal etwas tut, hatte viele Passanten neugierig gestimmt.
Geplant haben die Essener immer wieder Veränderungen an Fahrzeugen
„Was wir hier machen, sollte so lange wie möglich geheim bleiben“, ergänzt Matthias Dahlmann vom Berg, der als Clubmitglied ebenfalls beim Bau mitwirkte. Sonst ist der Burgaltendorfer bei Modellbahnen lieber eine Nummer kleiner unterwegs: Mit dem Halbnull-Maßstab (1:87) kennt er sich bestens aus. So gut, dass er im Bochumer Eisenbahnmuseum mit einigen Kollegen den H0-Wagen betreut. Der ausrangierte D-Zug-Wagen ist Baujahr 1923 und lockt in seinem Inneren mit einer 20-Quadratmeter-Anlage.
Noch fehlt zu dem Zeitpunkt etwa der Schotter auf dem grünen Rasenteppich. „Das Gleisbett kommt, wenn alles funktioniert“, sagt Matthias Balter. Das Anschalten von draußen ist vorbereitet, der Knopf schon installiert. Damit die MEC-Eisenbahn den jungen und alten Weihnachtsmarktbesuchern bis Ende Dezember nicht langweilig wird, lassen sich die Modellbauer einiges einfallen. Geplant sind immer wieder Veränderungen an Fahrzeugen und bei der Dekoration. Selbst ein „Wintereinbruch“ in der Schienenwelt sei nicht ausgeschlossen ...