Essen-Frohnhausen. Die Bio-Branche bekommt die Finanznot vieler Menschen zu spüren. Wie Claudia Prehn die Zukunft ihres Ladens in Essen sieht.
Im kleinen Bioladen gegenüber des Frohnhauser Markts sind die Sorgen groß: Die Bio-Branche steckt seit Längerem in der Krise, besonders hart trifft das inhabergeführte Geschäfte. Claudia Prehn steht in ihrem Laden fünf Tage die Woche selbst hinter der Theke. In ihrer Schürze hat sie für jeden Kunden ein Lächeln und einen Plausch übrig, sie sorgt für eine schöne Atmosphäre, obwohl sich die Gedanken in ihrem Kopf überschlagen.
Neue Ware bestellen, Regale auffüllen, Obst und Gemüse sortieren, Kassieren, die Kundschaft beraten und viele Aufgaben mehr versucht Prehn derzeit parallel zu managen. Die Schichten sind lang geworden, seit sie Personalkosten einsparen muss. Oft sei sie 14 Stunden am Stück im Bioladen, nur an einigen Tagen habe sie Unterstützung von Aushilfen, fest angestellte Mitarbeiter gibt es momentan nicht – dafür reicht der Umsatz nicht. Aus Überzeugung versucht Prehn durchzuhalten bis zum ersehnten Umschwung, gleichzeitig muss sie sich fragen, wie lange die Kraft ausreicht.
Bioladen in Essen-Frohnhausen feiert 20-Jähriges
Eigentlich gibt es für Claudia Prehn gerade einen Grund zum Feiern: Bunte Luftballons und Sektflaschen sind noch vom Fest übrig, das es zum 20-Jährigen ihres Ladens gab. Wegen der angespannten wirtschaftlichen Lage mischt sich in die Freude darüber aber auch eine bittere Note unter. „Nach so langer Zeit ist es eine traurige Essenz, es treibt mich persönlich um, weil viel Leidenschaft und Liebe in dem Laden stecken“, sagt Prehn.
Die 58-Jährige war anfangs selbst Angestellte im Frohnhauser Bioladen, 2003 hat sie ihn übernommen. „Ich bin für nachhaltige, gut produzierte Lebensmittel angetreten“, sagt sie. Auf einer Fläche von 80 Quadratmetern gibt es Obst und Gemüse, Wein, Käse, Backwaren, Molkereiprodukte, Kosmetik, Müsli, Gewürze, Pasta und viel mehr. Ungefähr 2500 verschiedene Artikel seien es aktuell, so Prehn.
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Die Bio-Lebensmittel müssen sich Haushalte finanziell erlauben können, deshalb ist das Einkaufsverhalten im Bioladen ein anderes als im Supermarkt. „Es gibt Leute, die hier ihren Wocheneinkauf machen, die meisten aber kaufen einige Lieblingsprodukte“, sagt Prehn. „Seit zwei Jahren haben wir zudem einen Umsatzrückgang in der gesamten Branche. Wenn die Menschen sparen müssen, kann man noch so viel Überzeugungsarbeit für gute Produkte leisten.“
Wachsende Konkurrenz durch Biomarkt-Ketten und Supermärkte
Vor allem die vergangenen beiden Sommer seien hart gewesen. Einerseits sei bei manchen das Haushaltsgeld knapper geworden, andererseits hätten nach Corona viele Menschen Reisen nachgeholt, seien im Sommer gerne draußen unterwegs gewesen und hätten auswärts gegessen, so dass Kühlschrank und Vorrat zuhause nicht so oft gefüllt worden seien. Was das Geschäft in den 20 Jahren, in denen Prehn den Laden betreibt, auch härter gemacht hat, ist die Konkurrenz durch Biomarkt-Ketten und das Bio-Sortiment in Supermärkten.
Zudem gebe es sicher Stadtteile mit mehr Kaufkraft, sagt Prehn, aber am Standort ihres Ladens halte sie fest. „Wenn man es in Frohnhausen schafft, das Publikum für sich zu gewinnen, dann gibt es keine treuere Kundschaft.“ Viele Kundinnen und Kunden kennt sie seit vielen Jahren, persönliche Gespräche gehören zum Einkauf dazu. „Das macht den Laden aus und es gibt mir die Flügel, um weiterzumachen“, so Prehn. Deshalb schließt sie weiter an fünf Tagen pro Woche ihren Laden auf.