Essen-Rüttenscheid. Zwei Kulturen, ein Geschmack: In Essen-Rüttenscheid eröffnet ein Fine-Dining-Restaurant mit südamerikanischen Einflüssen. Winkt hier ein Stern?
Leicht versteckt an der Wegenerstraße 3, einer Seitenstraße der Rü, liegt das Gebäude, in dem einst die „Rotisserie du Sommelier“ beheimatet war. Seit einigen Tagen ziert ein neuer, ein geschwungener Schriftzug die Fassade: „Teko“ steht da zu lesen mit dem Zusatz „by Lange Rodriguez“. Hier erfüllt sich der Koch Hans Robert Lange Rodriguez seinen langersehnten Traum: den eines eigenen Restaurants, modern, regional, saisonal, weltoffen und hochklassig. Eröffnung ist am Freitagabend.
Schon die Einrichtung ist bemerkenswert: Die Tische und Stühle, die Theke, die Lampen und Bilder, selbst das, wie er selbst sagt, „Wohnzimmer“ im Eingangsbereich mit dem gemütlichen Sofa sind Kombinationen aus Holz und Stahl. Sie stammen aus dem Möbelloft auf der Kokerei Zollverein, sind modern mit Reminiszenzen an das alte, das industrielle Ruhrgebiet. Und mittendrin steht er, strahlend vor Freude über das erste eigene Restaurant, das er in Räumen entwickelt hat, die er seit Jahren genauestens kennt und denen er jetzt seinen eigenen Stempel aufdrücken kann.
Kulinarik mit deutsch-bolivianischen Einflüssen
„Mein Vater ist Deutscher, meine Mutter kommt aus Bolivien“, erklärt er seine kulinarischen Wurzeln. „Ich kombiniere beide Einflüsse.“ Bei Studentenjobs während seines Wirtschaftsstudiums in La Paz in Bolivien und an der Ruhr-Uni in Bochum entdeckte Lange Rodriguez die Leidenschaft fürs Kochen. Nach dem Bachelor-Abschluss machte er dem entsprechend eine Lehre – genau in diesen Räumen in der „Rotisserie du Sommelier“ von Thomas Friedrich.
Von dort aus ging es weiter quer durch die Sterne-Küche – unter anderem in Essen bei Nelson Müller und bei Knut Hannappel. Er machte seinen Küchenmeister am „Basque Culinary Center“ im spanischen Bilbao, einem Hotspot für innovative Kochkunst, wo er auch die Leidenschaft für das Fermentieren entwickelte. „Es ist die einzige Universität für Gastronomen in Europa“, sagt er. „Ich konnte dort noch mehr Fachwissen sammeln.“ Fachwissen, mit dem er später nach Bolivien ging, um gemeinsam mit seiner Frau, Chantal Kretschmann, die jetzt auch bei „Teko“ seine Restaurantleiterin ist, ein Hotelprojekt in einem Dorf an der brasilianischen Grenze zu beginnen. „Ich habe zwei Länder, zwei Kulturen, um die ich mich kümmern muss. Ich wollte Bolivien etwas zurückgeben.“ Zwei Jahre betrieben sie ein kleines Ausbildungs-Hotel: Lange Rodriguez führte die Einheimischen in die Tiefen der Kulinarik ein, die gelernte Restaurantkauffrau Kretschmann schulte sie im Service.
Von Bolivien zurück ins Ruhrgebiet
Als Corona kam, war das Projekt nicht weiterzuführen. Sie gingen zurück nach Deutschland. Im Mülheimer Restaurant „Am Kamin“ erkochte Lange Rodriguez drei „F“ im Feinschmecker und zwei Hauben im Gault & Millau. Ein Stern schien in reichbarer Nähe, und wer ihn kennt, weiß: Er hat den Ehrgeiz, diese Auszeichnung zu erkochen. Es ist sein Traum. Doch Lange Rodriguez kehrte als Küchenchef zurück in die „Rotisserie“ in Rüttenscheid, brachte seine eigene, südamerikanische Note in die französische Küche von Thomas Friedrich. Mit Erfolg: Derzeit hat Lange Rodriquez 2,5 F, kämpfte sich in diesem Jahr unter die 16 Auserwählten für den renommierten Titel „Koch des Jahres“ und belegte dort bei der Challenge „Omas Küche“ den ersten Platz.
Nun hat Friedrich hat das Restaurant an seinen ehemaligen Auszubildenden und Küchenchef weitergegeben. Und der eröffnet mit einem neuen Konzept. „Daran haben wir seit ungefähr einem Jahr geplant“, erzählt er. „Teko“ ist der Name des Restaurants, was so viel bedeutet wie Kultur. „Die Aromen und Akzente sind weltoffen, stammen aber immer wieder aus Deutschland, und die Schärfe kommt aus Südamerika. Ich möchte, dass die Menschen nicht nur als Gast zu uns kommen, sondern sich als Familie wohlfühlen. Hier zu essen soll ein Erlebnis sein, über das man nach drei, vier Monaten oder vielleicht nach einem Jahr immer noch spricht.“
Eine vegetarische Speisenkarte und eine „normale“
Zwei Speisenkarten wird es geben – eine „normale“ und eine vegetarische. Veganer werden gebeten, sich vorher anzumelden. Fjordforelle ist da zu finden, Jakobsmuschel mit Quitte, Kürbis und Honig, aber auch Ochsenfilet und die süßsaure Kalamansi, eine Kreuzung aus Mandarine und Kumquat. Wer auf Fleisch verzichten möchte, kann die Jakobsmuschel durch Kürbis ersetzen oder das Ochsenfilet durch Amaranth, ein uraltes Getreide, das in Mittelamerika ein fester Bestandteil der Ernährung ist.
Und dann sind da noch die zahlreichen Gläser, die in der Küche und im Gastraum stehen und in denen fermentiertes Gemüse und Früchte zu sehen sind. Denn das Fermentieren ist ein Steckenpferd von Lange Rodriguez. Die Zutaten dazu stammen aus dem eigenen Garten, wie auch das Brot selbst gebacken ist. Vieles kommt aus der Region, die Karte wird saisonal, sprich: Alle sechs Wochen wird durchgewechselt.
Fine Dining auf Sterne-Niveau
In seiner Laufbahn hat Lange Rodriguez als Chef de Partie schon an allen Küchenstationen gearbeitet und bei den Besten gelernt, ob nun an der Fleisch-, Fisch-, Gemüse- oder Saucenstation. Und so ziehen sich Gaumengenüsse der ganz besonderen Art durch alle Gänge bis hin zum Dessert, das mit sehr ausgefallenen Varianten aufwartet. Das ist nicht einfach Süßes, sondern beinhaltet alle Geschmacksrichtungen. Auch hier taucht etwa die Kalamansi wieder auf in Kombination mit Kakao, Mais und Petersilien-Eis.
Fine Dining auf hohem Niveau: Die Gäste haben die Auswahl zwischen einen Drei-, einem Fünf- und einem Sieben-Gänge-Menü, ersteres liegt bei 75 Euro mit und 65 Euro ohne Fleisch. Für das Sieben-Gänge-Menü werden 115 Euro aufgerufen – die Weinbegleitung zu jedem Gang kommt indes noch hinzu. Als Alternative zum Wein hat sich der Koch ebenfalls etwas Spezielles einfallen lassen: fermentiertes Obst und Gemüse als Getränk, und zwar ganz spezielle Mischungen. Lila-Mais mit Nelke und Zimt beispielsweise oder Eukalyptus mit grünem Apfel und Zimt.
In Essen-Rüttenscheid wird Kochkunst zelebriert
Preislich liegt das Teko im obersten Segment, doch dafür wird auch einiges geboten. Hier wird das Essen zelebriert, die Angestellten und der Chef verstecken sich nicht in der Küche. Für die Vorspeise, so schwebt es Lange Rodriguez vor, kommen die Gäste in die Küche, lernen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei der Arbeit kennen und erhalten genau dort, wo er entsteht, einen angerichteten Löffel. Und ein Glas Wein, versteht sich. Dieser Besuch wird zum Abschluss des Abends erwidert – und zwar zum Kaffee. Denn Lange Rodriguez ist auch Kaffee-Sommelier, bietet zum Abschluss das „Pottschwarz-Erlebnis“, wo er selbst an den Tisch kommt und vor den Augen der Gäste den Kaffee brüht.
„Teko by Lange Rodriguez“
Das neue Restaurant an der Wegenerstraße 3 hat am 20. Oktober eröffnet. Es liegt in einer Seitenstraße zwischen Rüttenscheider und Alfredstraße.
Öffnungszeiten: Mi – Sa, 17.30 – 22 Uhr. Eine Reservierung ist zu empfehlen unter 0201 9596930 oder per Mail unter info@teko-by-langerodriguez.de.
Weitere Informationen und die Speisenkarte gibt es im Internet unter www.teko-by-langerodriguez.de. Auch bei Facebook und Instagram ist Lange Rodriguez sehr aktiv.
„Auch das ist Teko“, sagt er. „Teko ist nicht nur Kultur. Für das Guaraní-Volk in Südamerika bedeutet Teko auch, sich sozial zu organisieren, zu kommunizieren, sich als Person und als Gruppe zu fühlen. Wenn wir hier zusammensitzen, gemeinsam etwas trinken und miteinander sprechen – schon das ist Teko.“ Hans Robert Lange Rodriguez steht für genau das. So aufgeschlossen, so kommunikativ, so begeistert von dem, was er tut, und von dem, was ihm in seinem ersten eigenen Restaurant noch bevorsteht. So einen möchte man in der Küche besuchen, so eng sie auch sein mag. Und so einen möchte man am eigenen Tisch beobachten, wie er Kaffee zelebriert und dabei erklärt, was es damit auf sich hat und was er sich bei diesem Menü eigentlich gedacht hat. Kaum ein Zweifel mag bestehen, dass „Teko by Lange Rodriguez“ ein Anwärter auf einen Stern sein könnte. Es verspricht nicht nur Fine Dining, sondern ein Erlebnis, das man sich einfach mal gönnen sollte. Und an das man anschließend noch lange denken wird.