Essen-Borbeck. Im Zentrum von Essen-Borbeck stehen Läden leer, auch Fördergelder konnten das bisher nicht ändern. Welchen Weg die Händler jetzt vorschlagen.

Im Borbecker Zentrum sind einige Ladenlokale verwaist, die Scheiben sind abgeklebt oder dreckig. Solche Leerstände stören viele in Borbeck, vor allem auch die übrigen Händlerinnen und Händler, die sich ein attraktiveres Umfeld für ihre Geschäfte wünschen. Ein Förderprogramm konnte bisher keinen Anreiz für neue Ladenansiedlungen schaffen, jetzt will die Händlervereinigung auf einem anderen Weg versuchen, wieder neues Leben an die Marktstraße sowie die umliegenden Straßen und Plätze zu bringen.

Ein Einkaufsstandort solle Borbeck weiter bleiben, aber so gut wie niemand glaubt hier an eine Trendwende, die das Zentrum wieder zu dem machen könnte, was es früher einmal war in Bezug auf das Geschäftsleben. „Wir brauchen für Borbeck vielleicht eine andere Entwicklung“, sagt Kevin Kerber, stellvertretender Bezirksbürgermeister und auch Zweiter Vorsitzender des Initiativkreises Centrum Borbeck (Cebo). „Wir müssen zukunftsorientiert denken.“ Seiner Meinung nach könne Borbeck als Gesundheits- und Servicestandort punkten.

Leerstehende Ladenlokale gibt es mehrere in Essen-Borbeck. Ein Förderprogramm zur Neuvermietung hatte bisher keinen Erfolg.
Leerstehende Ladenlokale gibt es mehrere in Essen-Borbeck. Ein Förderprogramm zur Neuvermietung hatte bisher keinen Erfolg. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Die Idee: Wenn einige der Mieter, die aktuell in den oberen Geschossen verschiedener Immobilien zum Beispiel Arzt- und Therapiepraxen betreiben, in die leerstehenden Ladenlokale in den Erdgeschossen zögen, hätte das gleich mehrere Vorteile. Es würde Wohnraum frei und die Leerstände würden verschwinden, was das Borbecker Zentrum beleben und gleichzeitig auch zur Sauberkeit und Attraktivität beitragen würde, so Kerber.

Borbecker Geschäft für Haushaltsgeräte ist heute eine Kita

Erfahrungen aus Eigentümersicht hat Michael Balster bereits gesammelt: Wo er und seine Frau Petra bis vor einigen Jahren ihr Fachgeschäft für Küchen- und Haushaltsgeräte führten, wird mittlerweile gespielt, getobt, gesungen, geweint und gelacht. Die Immobilie an der Marktstraße beherbergt jetzt eine Fröbel-Kita. Und diese Entscheidung würde er jederzeit wieder so treffen, sagt Balster.

Wo Familie Balster früher Haushaltsgeräte verkaufte, ist jetzt eine Fröbel-Kita zu finden.
Wo Familie Balster früher Haushaltsgeräte verkaufte, ist jetzt eine Fröbel-Kita zu finden. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Als klar war, dass es innerhalb der Familie keine Nachfolge für das Geschäft geben würde, überlegten die Balsters, was langfristig mit den Räumlichkeiten geschehen solle. Akut sei die Situation nicht gewesen, der Betrieb hätte auch noch einige Jahre weitergehen könne, so Balster, er und seine Frau hätten bei der aus ihrer Sicht besten Option zugegriffen.

Die Fröbel-Kita an der Marktstraße sehen in Borbeck viele als Vorbild für die Neuvermietung ehemaliger Ladenlokale.
Die Fröbel-Kita an der Marktstraße sehen in Borbeck viele als Vorbild für die Neuvermietung ehemaliger Ladenlokale. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

„Wir wollten eine gut durchdachte Situation schaffen“, schildert er. Das hätte auch ein neues Geschäft für Haushaltsgeräte sein können oder seniorengerechtes Wohnen, es ergab sich aber eben die Vermietungsoption an Fröbel. Etwas für die jungen Familien oder die älteren Menschen im Stadtteil zu tun, sei ihm wichtig gewesen, so Balster, und auch ein Nutzungszweck, der gut ins Wohnumfeld seiner eigenen Mieterinnen und Mieter in den Obergeschossen passe, es aufwerte.

Mehr Dienstleistungen statt Einzelhandel im Borbecker Zentrum

Aus dem Einzelhandelsstandort Borbeck verstärkt ein Dienstleistungszentrum zu machen, hinter dieser Idee steht auch Balster – im Sinne der Eigentümer, der Bewohner und der Händler zugleich. „Wir müssen etwas für den Standort tun, damit er sauber und besuchenswert ist“, sagt er. Tatsächlich gibt es in Borbeck viel Lob für den Weg, den er gegangen ist.

„Wir brauchen mehr Leute, die den Mut haben, nach vorne zu gehen“, sagt etwa Kerber. „Sie brauchen aber auch Unterstützung.“ Die könne seiner Meinung nach ein Runder Tisch bieten, an dem Immobilienbesitzer mit Mietern aus Handel, Gesundheits- und Dienstleistungssektor zusammenkommen, um Ideen und Erfahrungen auszutauschen. Genau das sei nun geplant, parallel könne und solle das Bestreben weitergehen, auch noch einige neue Geschäfte anzusiedeln.

Stadt Essen beantragt neue Fördergelder für Borbeck

Der Versuch, leerstehende Ladenlokale über das „Sofortprogramm Innenstadt“ neu zu beleben, hatte bislang keinen Erfolg. Rund 300.000 Euro waren bisher insgesamt im Fördertopf für Borbeck. Bis zu 80 Prozent Mietnachlass für maximal 24 Monate können damit gewährt werden, wenn Ladenlokale neu vermietet werden Bis Ende 2023 sind Bewerbungen noch möglich. „Für das Nachfolgeförderprogramm hat die Stadt Essen einen Antrag gestellt, auch für Borbeck“, teilt Svenja Krämer mit, Citymanagerin bei der Essen Marketing GmbH (EMG). Auf eine Bewilligung warte man noch.

In der Essener Innenstadt ist die Neuvermietung einiger Ladenlokale entlang der Limbecker Straße zwar geglückt. Insgesamt war der Erfolg des „Sofortprogramms zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in Nordrhein-Westfalen“ wie es mit vollem Titel heißt, aber auch dort nicht so groß wie erhofft. Die Stadt musste einen großen Teil der Fördermittel zurückzahlen. In Steele hat das Förderprogramm für einige Eröffnungen sowie eine Kunst-Aktion sorgen können – allerdings haben sich die Läden nicht alle neu angesiedelt, einige sind auch innerhalb des Stadtteils umgezogen, was nicht zur anfänglichen Idee des Sofortprogramms passt.

Trotz aller Schwierigkeiten will Essen es mit einer Verlängerung des Förderzeitraums versuchen. EMG-Citymanagerin Svenja Krämer attestiert Borbeck im Vergleich zu anderen Mittelzentren die größten Herausforderungen, unter anderem aufgrund der Lage zwischen Centro Oberhausen, Rhein-Ruhr-Zentrum und der Essener Innenstadt mitsamt Limbecker Platz. Zugleich betont sie aber auch, das es weiter ein wichtiges Mittelzentrum sei, daher gehen die Bestrebungen weiter.

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