Essen/Tel Aviv. Eine Essener Reisegruppe saß in Israel fest. In der Nacht landeten die Jugendlichen und ihre Betreuer in Köln. Eine Chronik der Ereignisse.

Die sechs Essener Jugendlichen und ihre vier Betreuer, die in Tel Aviv den akuten Beschuss durch die radikal-islamische Hamas miterlebten, sind wieder sicher bei ihren Familien in Deutschland. Das bestätigte am Mittwochmorgen (11.10) der Teamleiter des Stadtverbandes der Essener Kinder- und Jugendverbände, Gordon Wenzek, im Gespräch mit unserer Redaktion.

Die Reisegruppe war am Dienstag vom Flughafen in Tel Aviv zunächst nach Istanbul geflogen. Dort startete am Abend dann ein Flieger in Richtung Köln, wo die Jugendlichen und die Betreuer in der Nacht landeten.

Lesen Sie hier die ganze Geschichte zur Rückkehr aus Israel unter der Überschrift:

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Essener Reisegruppe saß in Israel fest: Unsere bisherige Berichterstattung

Auf dem Weg zum Flughafen in Tel Aviv sei es zu keinen Zwischenfällen gekommen, „so dass wir problemlos in Windeseile den Flughafen erreicht haben“, so Wenzek am Dienstagmorgen.

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Oberbürgermeister Thomas Kufen teilte am Details zur geplanten Rückkehr mit. Für 16 Uhr sei zunächst ein Flug nach Istanbul geplant, von dort soll es um 22 Uhr weiter nach Köln gehen. Laut Essens OB soll die Gruppe dort um 0.30 Uhr ankommen. Darauf hofft auch Gordon Wenzek: „Wenn die Anschlüsse alle passen, wenn die Maschinen hier pünktlich abheben und keine Zwischenfälle sind.“

Abreise aus Tel Aviv: Es blieb ohne einen Alarm

Der Teamleiter nannte Details zur Abreise aus Tel Aviv: „Wir sind mit vielen Stunden Vorlauf durch unseren Fahrer zum Flughafen gefahren worden. Die Sicherheitsanweisung war: Sollte ein Alarm kommen wird er egal wo anhalten und alle sollten das Fahrzeug verlassen, breit ausstreuen, sich auf den Boden legen, Hände über den Kopf und mindestens zehn Minuten warten. Das Gute ist, es ist ohne diesen Alarm geblieben. Die Autobahnen waren alle frei.“

Ein durch eine Rakete beschädigte Haus befindet sich weniger als 100 Meter vom Domizil der Essener Gruppe in Tel Aviv entfernt.
Ein durch eine Rakete beschädigte Haus befindet sich weniger als 100 Meter vom Domizil der Essener Gruppe in Tel Aviv entfernt. © Stadtverband Essener Kinder- und Jugendverbände

Im Gegensatz zur Lufthansa, die lediglich Flüge annulliert habe, spricht Gordon Wenzek der Stadtverwaltung ein großes Lob ob der Bemühungen um eine sichere Rückkehr aus: „Die Stadt Essen, insbesondere das Team um Herrn Kufen, hat sich – ich kann es nicht oft genug sagen, da sind wir extrem dankbar für –, alles an Hebeln in Bewegung gesetzt.“ Am Montag hätte es sogar fast die Möglichkeit gegeben, über Jordanien auszufliegen: „Die Tickets waren schon bestätigt und gebucht, dann hat Israel aber plötzlich die Grenze geschlossen, das Ganze ist abgebrochen worden.“

Essener Teamleiter übt Kritik am Auswärtigen Amt

Kritik übt Wenzek an Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und dem Vorgehen des Auswärtigen Amts: „Das Auswärtige Amt empfiehlt, auf dem Landweg durch Palästinensergebiet zur Grenze nach Jordanien zu reisen.“ Dort solle es fußläufig über die Grenze gehen. „Nach dem Übertritt sollte man mit jordanischen Transportunternehmen nach Amman gelangen“, beschreibt Wenzek den empfohlenen Weg am Dienstagnachmittag. „Wir hatten zunächst auch Flüge heute früh von Amman, sind aber an der Info gescheitert, dass die Grenze dicht gemacht wurde.“

Nicht nur dieser Umstand lässt ihn sehr an dem vom Auswärtigen Amt empfohlenen Weg zweifeln. Für einen der Übergänge sei zudem ein Vorab-Visa erforderlich gewesen. Also eine behördliche Hürde, die in dieser Kriegssituation sicherlich nicht förderlich sei.

Essener Reisegruppe hielt sich in einem „Safe Room“ auf

Die Israel-Reise des Stadtverbandes hatte die Beteiligten unter anderem nach Jerusalem, Caesarea, Haifa und Yad Vashem geführt. In Tel Aviv, seit 1991 Partnerstadt von Essen, waren die Jugendlichen und ihre insgesamt vier Betreuer in einer Appartementanlage untergebracht, als die Raketenangriffe der Hamas starteten. Im Gespräch mit unserer Reaktion am Sonntag (8.10.) sagte Gordon Wenzek: „Gegen 6.32 Uhr haben wir am Samstag den Sirenenalarm in Tel Aviv wahrgenommen. Die Fenster unseres Appartements waren geöffnet. Noch nicht einmal alle sind davon wach geworden. Wir haben das zunächst gar nicht einordnen können.“ Aufgrund des Beschuss aus dem Gazastreifen hielten sich die Essener in der Folge ständig in einem sogenannten „Safe Room“ auf.

Wie kommt die Reisegruppe in der Nacht von Köln wieder zurück nach Essen? „Durch die anderen Jugendverbände, das ist ein wirklich starkes Team: der Bund der Katholischen Jugend, das Rote Kreuz und Die Falken holen uns ab und dann kommen wir sicher nach Hause“, zeigte sich Wenzek vor dem Abflug optimistisch. (mit jop)

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Essener Jugendgruppe in Tel Aviv – Lesen Sie im Folgenden mehr über die Geschehnisse der letzten Tage:

„Es gab in der Nacht Raketenalarme in Tel Aviv, aber wir sind sicher. Uns geht es gut“, betonte Gordon Wenzek noch am Sonntag (8. 10.) im Gespräch mit dieser Redaktion. Wenzek ist als Teamleiter des Stadtverbandes der Essener Kinder- und Jugendverbände gerade mit sechs Jugendlichen und drei weiteren Betreuern in der Essener Partnerstadt zu Besuch. Inzwischen halten sich die Essener Reisenden aber nur noch im sogenannten „Safe Room“ der Appartementanlage auf. Denn: Tel Aviv steht gerade unter akutem Beschuss der Hamas, wie Wenzek der Redaktion am Montagvormittag (9.10.) über Messenger mitteilt.

Es werde weiterhin über verschiedene Kanäle versucht, Israel möglichst schnell zu verlassen. Nach den Angriffen der radikal-islamischen Palästinenser-Gruppe Hamas befindet sich das Land seit dem 7. Oktober im erklärten Kriegszustand.

Da war die Gefahr durch einen Krieg nach nicht absehbar: Die Essener Reisegruppe.
Da war die Gefahr durch einen Krieg nach nicht absehbar: Die Essener Reisegruppe. © Gordon Wenzek | Gordon Wenzek

Ein genaues Ausreisedatum kann Wenzek noch immer nicht nennen. Die Stadt Essen versuche über die deutsche Botschaft, eine sichere Rückkehr für die Gruppe zu organisieren. Eine Gruppe der Ev. Jugend, die in den Herbstferien einen mehrtägigen Besuch in der Essener Partnerstadt geplant hatte, konnte bereits nach Zypern ausgeflogen werden.

Besuche in Jerusalem, Haifa und Yad Vashem vor den Angriffen

Einen erschreckenden Verlauf nahm die mit so viel Enthusiasmus gestartete Reise des Stadtverbandes, die in dieser Woche mit den Besuchen in Jerusalem, Caesarea, Haifa und Yad Vashem begann. Eindrücke, die vielschichtiger nicht sein konnten. „Yad Vashem ist nicht nur ein Museum, sondern eine lebendige Erinnerung, die uns lehrt, für Toleranz und Menschlichkeit einzustehen. In einer Zeit, in der Zusammenhalt mehr denn je zählt, tragen wir die Verantwortung, die Geschichte weiterzugeben und eine Welt des Respekts aufzubauen“, schrieben die Teilnehmenden auf ihrer Facebook-Seite.

Jugendliche und Betreuer aus Essen in Jerusalem vor der Klagemauer. Das war am Donnerstag, da war die Welt für die Reisenden noch in Ordnung.
Jugendliche und Betreuer aus Essen in Jerusalem vor der Klagemauer. Das war am Donnerstag, da war die Welt für die Reisenden noch in Ordnung. © Gordon Wenzek

Keiner ahnte bei diesem Post am Donnerstag, welch ein Alptraum folgen würde: Militante Palästinenser feuerten im Gazastreifen überraschend Dutzende Raketen auf Ziele in Israel ab. Hunderte Menschen wurden getötet, die Angreifer haben Geiseln genommen. Israel hat seine Armee mobilisiert und fliegt seinerseits Luftschläge in Gaza.

Im Appartementhaus gibt es einen extra „Safe Room“

„Gegen 6.32 Uhr haben wir am Samstag den Sirenenalarm in Tel Aviv wahrgenommen“, berichtet der Essener Teamleiter. „Die Fenster unseres Appartements waren geöffnet. Noch nicht einmal alle sind davon wach geworden. Wir haben das zunächst gar nicht einordnen können.“ Die Gruppe sei ins Erdgeschoss gelaufen. Erst allmählich realisierten die Essener, dass es sich um einen Angriff auf Tel Aviv handelte.

In der Appartement-Anlage gibt es einen „Safe Room“: Der drei mal drei Meter große Raum ist mit Panzerglas und Stahlbetonwänden gesichert.
In der Appartement-Anlage gibt es einen „Safe Room“: Der drei mal drei Meter große Raum ist mit Panzerglas und Stahlbetonwänden gesichert. © Gordon Wenzek

Wenzek: „Als wir kurze Zeit später einen Schaden an der Wasserleitung bemerkten, informierte uns ein Nachbar über einen Safe Room im Gebäude.“ Der drei mal drei Meter große Raum ist mit Panzerglas und Stahlbetonwänden gesichert. Für den Fall eines Raketenangriffs. „Man hat eine Minute und 25 Sekunden Zeit, in den Raum zu kommen.“

Rund um das Appartement der Gruppe gebe es eine Sicherheitszone. Der Ausgang sei natürlich eingeschränkt. „Und daran halten wir uns.“ Die Jugendlichen hätten sich, um die Situation besser verstehen zu können, umfangreich informiert und die Lage diskutiert. Gespräche mit den Betreuern seien ein wichtiges Element, selbstredend auch der Kontakt zu den Familien daheim, um das Geschehen zu verarbeiten. Diese Ausnahmesituation werde nach der Rückkehr auf jeden Fall auch psychologisch mit den Jugendlichen aufgearbeitet, sagt Wenzek. Vor allem, da die Angriffe sichtbar miterlebt würden.

Angriffe werden anhand der Knallgeräusche identifiziert

„Anhand der Knallgeräusche können wir mittlerweile unterscheiden, ob es Raketen der Hamas sind oder die Israelis angreifen. Wir sehen von unserem Appartementhaus die Transport- und Kampfhubschrauber aufsteigen“, beschreibt der Essener das Szenario. Am nächtlichen Himmel seien die Explosionen gut sichtbar gewesen. „Wir Betreuer haben deshalb extra nachts einen Wachdienst eingerichtet, damit wir im Falle eines Falles schnell den Sicherheitsraum erreichen können.“

Tel Aviv, das in den bisherigen Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern nicht sehr betroffen gewesen sei, habe nun einige Schäden im Stadtgebiet zu verzeichnen. Ein Haus, weniger als 100 Meter entfernt vom Domizil der Essener, sei getroffen worden. Wenzek: „Die Rakete kam von Süden, ist oben in das Dach eingeschlagen und auf die Straße runter und hat auch dort ein Loch erzeugt.“

Im Hintergrund laufen Bemühungen für die Ausreise

„Oberbürgermeister Thomas Kufen steht mit den Behörden in engem Kontakt. Wir versuchen, für unsere Reisegruppe schnell Ausflugsmöglichkeiten zu finden“, teilt Städtepartnerschaftsbeauftragter Michael Theisen mit und erläutert: „Noch ist unklar, ob und welche Airlines von Tel Aviv aus fliegen dürfen. Es laufen Gespräche mit der Lufthansa und dem Auswärtigen Amt.“

Eine große Ungewissheit für die Betroffenen: „Die Nacht verlief größtenteils ruhig, aber aufgrund von Flugstreichungen durch Lufthansa ist unsere Rückreise ungewiss. Wir hoffen auf eine zügige und sichere Heimreise“, heißt es aus Israel. Die Betreuung durch die deutsche Botschaft sei sehr gut. „Und wir sind Herrn Kufen sehr dankbar, dass er persönlich für uns ansprechbar ist.“ Er selbst sei gelernter Polizist, sagt Gordon Wenzek, mithin auf vieles vorbereitet, „aber das braucht man nicht in seinem Leben“.

Gruppe der Ev. Jugend ist nach Zypern ausgeflogen worden

Für die Gruppe der Ev. Jugend, die ebenfalls in den Herbstferien nach Israel zu einem Gegenbesuch im Rahmen der kirchlichen Partnerstadt-Aktion „#Culture-Clash“ gestartet war, ist die Reise (fast) beendet. Die Jugendlichen, die auf verschiedene Familien verteilt waren, konnten kurzfristig nach Zypern ausgeflogen werden. Nun werde ein Weiterflug nach Deutschland organisiert, so die Mitteilung von Michael Theisen.

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