Essen. Das Robert-Schmidt-Berufskolleg hat einen großen Gesundheitstag veranstaltet. Schüler testen Rauschbrillen – und: Wie fühlt es sich mit 70 an?

Mikail (26) schiebt einen Aktenwagen durch einen Parcours – und fährt prompt ein Warnhütchen um. Mit 1,2 Promille kann er die Spur kaum halten. Sein Mitschüler Tolga (16) hat bei 0,8 Promille Probleme, ein Hindernis zu übersteigen. Und das an einem Donnerstagmorgen, kurz nach neun im Robert-Schmidt-Berufskolleg im Moltkeviertel.

Tolga nimmt die etwas zu große Brille ab – und ist sofort wieder bei Sinnen. Die Jungs sind natürlich nüchtern zur Schule gekommen. Mit der „Rauschbrille“ simulieren sie den Alkoholeinfluss – ohne zu trinken, unter Aufsicht einer Polizistin und einer Psychologin. Denn es ist Gesundheitstag im Berufskolleg.

„Ich habe doppelt gesehen und musste echt langsam machen“

„Ich habe doppelt gesehen und musste echt langsam machen. Autofahren geht so sicher nicht mehr“, sagt Tolga und lässt sich von der Polizistin einen Stempel auf seinen Laufzettel geben. Alle rund 1300 Schülerinnen und Schüler, die an diesem Morgen durch das Schulgebäude schlendern, haben einen solchen Zettel in der Hand. Zehn Stempel müssen sie sammeln, denn der Gesundheitstag ist Pflicht. Viele von ihnen sammeln freiwillig mehr.

An 38 Stationen können sie sich über alle Aspekte eines gesunden Lebensstils informieren und viel ausprobieren. „Wir stellen das Thema Gesundheit in den Mittelpunkt des Tages und möchten unsere Schüler nachhaltig dafür sensibilisieren“, sagt Dirk Spitzenberg, Abteilungsleiter für medizinische Ausbildungsberufe.

E-Scooter-Simulation, Meditation, Slackline

Im ersten Stock riecht es nach Waffeln und Crêpes – in einer gesunden Variante, versteht sich. Dazu gibt es Ingwer-Shots, Obstbecher oder Schnittchen aus Vollkornbrot mit Rohkost. Die jungen Leute gehen vom Yoga zum Fitnesstest, nehmen an der Plank-Challenge teil oder tanzen beim Dance-Workout.

Besonders lang ist die Schlange bei der E-Scooter-Simulation. Wer sich traut, kann sich vor seinen Schulkollegen auf die Waage stellen und Gewicht, Körperfett und Muskelmasse messen lassen. Es gibt Reaktionstests, Meditationsworkshops und auf dem Schulhof den „MoviGo Parcours“: Slackline, Badminton, Basketball oder Seilspringen.

Der Gesundheitstag ist seit 2016 regelmäßig Bestandteil des Schulprogramms – in diesem Jahr das erste Mal nach der Corona-Zwangspause. Und auch wenn Spaß wichtig ist, hat dieser Tag einen ernsten Hintergrund: „Viele junge Menschen bewegen sich zu wenig, essen ungesund und leider sind auch Suchtmittel ein Thema“, sagt Dirk Spitzenberg. „Wir möchten, dass die Schüler mehr Verantwortung für ihre Gesundheit übernehmen.“

„Wie eine alte Oma“, kichern die Schülerinnen

Adella ist 19 Jahre alt, fühlt sich aber in Raum 211 an diesem Tag „mindestens wie 70“. Denn sie trägt den „Ager“, einen Anzug, der mit Hilfe von Gewichten, Brille und Kopfhörern die Gebrechen und Wehwehchen des Alters simuliert: Sehschwäche, Übergewicht, Bewegungseinschränkungen und Schwerhörigkeit. Alles gleichzeitig. Die Schülerin soll eine Schachtel vom Boden aufheben. Langsam bückt sie sich. „Wie eine alte Oma“, kommentieren ihre Mitschülerinnen und kichern. „Was kannst du tun, um möglichst lange fit zu bleiben?“, fragt die Expertin der AOK, einem der Partner des Gesundheitstages. „Klar, Sport machen!“, sagt die 19-Jährige und bekommt einen Stempel auf ihren Laufzettel. Ob sich durch den Gesundheitstag die Gewohnheiten ändern? „Wir geben Impulse und schaffen ein Bewusstsein – das ist bereits ein großer Schritt“, sagt Dirk Spitzenberg.

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