Essen. Volles Haus für Timm Beckmann und seine „Liga der außergewöhnlichen Musikerinnen“. In Essen treffen die „Kernölamazonen“ dabei auf „Wildes Holz“

Na also, geht doch wieder! Timm Beckmanns „Liga der außergewöhnlichen Musikerinnen“ in der kuscheligen Kaue der Zeche Carl war nach der längeren Sommerpause gleich zweimal ausverkauft bis auf den letzten Notsitz. Offenbar hat auch ein spürbar jüngeres Publikum endlich wieder Lust auf gepflegte Unterhaltung, die der studierte Pianist mit Zweitinstrument Blockflöte traditionsgemäß als feine Mischung aus gewitzt dargebotener Klassik und aberwitziger Musik-Comedy servierte. Natürlich fabelhaft begleitet von den „Fills“, einem um Klarinette und Oboe erweiterten Streichquartett der Essener Philharmoniker.

Mozarts populäres Klarinettenkonzert zum Auftakt passte da bestens zu Timm Beckmanns wortgewaltiger Analyse des niedrigschwellligen CD-Angebots des Plattenindustrie. Der Titel „Ich mag keine Klassik, aber das gefällt mir!“ bot ihm reichlich Gelegenheit für bissigen Spott über die ewiggleiche Hitparade von der abgedroschenen „Elise“ bis zum von ihm kunstvoll am Flügel gejaulten „Ave Maria“.

„Born to be wild“, das sind „Wildes Holz“ mit Mandoline, Bass und Blockflöte

Weitaus Originelleres bot dagegen die geniale Combo „Wildes Holz“. Saukomisch und hochmusikalisch, wie Tobias Reisige auf seinen Blockflöten (die er mit Timm Beckmann einst studierte) solche Rockklassiker wie Lou Reeds „Walk on the wild side“ oder den AC/DC-Hit „Highway to hell“ absolvierte. Satt und süffig getragen vom fein schruppenden Gitarristen Johannes Behr und dem starken Bass von Markus Conrads, der auch an der Mandoline für Begeisterung sorgte. Ihr Bekenntnis „Born to be wild“ glaubte man sofort – getrommelt (auf dem Bass) und gepfiffen (auf der Blockflöte, wo sonst), das war eine starke Show.

„Born to be wild“, das sind, sehr erkennbar, die Herren von „Wildes Holz .
„Born to be wild“, das sind, sehr erkennbar, die Herren von „Wildes Holz . © Bahnhof Langendreer | harald hoffmann

Die boten auch die eigens aus Wien angereisten „Kernölamazonen“ mit männlicher Klavierbegleitung, die zunächst mit schöner österreichischer Klangfärbung über emanzipierte Rollenbilder witzelten. So deklinierten sie „Zehn kleine Männlein“ mit der schönen Zeile „Fünf kleine Männlein markierten ihr Revier, einer traf den Weidezaun“ – haha, genau. Um dann stimm- und tanzgewaltig eine Tour de force durch die nahezu komplette Musical-Geschichte samt „Rocky Horror Show“zu kredenzen. Das war ganz großes Kino in erfrischender Vitalität.

„Griechischer Wein“ – und das Publikum singt lauthals mit

Der Klavier-Kabarettist William Wahl dagegen war für feinsinnigen Wortwitz und schräge Mitsing-Reime gut. Mit dem von Timm Beckmann fürs gemeinsame Finale aller Beteiligten ausgesuchte „El Condor Pasa“ (Flöte!) haderte William Wahl freilich, um es schließlich resolut auf „Griechischer Wein“ zu trimmen – lauthals begleitet vom einstimmig wie Udo Jürgens singenden Publikum. Das war überzeugt, nach gut drei Stunden großer Unterhaltung eines der besten „Liga“-Konzerte aller Zeiten erlebt zu haben.