Essen-Werden. Mit dem Projekt Quartierbus in Werden ist die Ruhrbahn nach eigenen Angaben zufrieden. Im Detail klingt das Zwischenfazit aber durchwachsen.
Die Ruhrbahn ist mit dem Anfang 2021 gestarteten Projekt Quartierbus in Werden nach eigenen Angaben zufrieden, zieht aber im Detail ein eher durchwachsenes Zwischenfazit. „Die Fahrgastzahlen zeigen nach einem mäßigen Start mittlerweile ein stabiles Bild auf den drei Linien“, erklärte Ruhrbahn-Sprecherin Simone Klose.
Es gebe aber Unterschiede. So registriere man im Schülerverkehr „hohe Auslastung, aber keine Überbesetzung“. Der Einkaufs- und Freizeitverkehr weise hingegen „noch Potenziale auf“, heißt es, was zwar hübsch klingt, aber wohl doch mindestens Ernüchterung zum Ausdruck bringt. Immerhin: „Fahrten leerer Busse können wir nicht bestätigen.“
Die angeblichen oder tatsächlichen Leerfahrten basieren auf Beobachtungen von Werdener Bürgern, die sich anlässlich der Personalkrise der Ruhrbahn zu Wort meldeten. „Hier in Werden kreisen Quartierbusse durch die Werdener Nebenrouten, die meistens leer sind“, schreibt Christian Barczewski. Seiner Ansicht nach liege hier „enormes Sparpotenzial für die Ruhrbahn“.
Personal für Quartierbusse stammt von Subunternehmen
Wird hier tatsächlich Personal gebunden, das auf anderen, stärker frequentierten Linien womöglich mehr Nutzen entfalten würde – Linien, die derzeit wegen hoher Krankenstände und sonstiger Engpässe teilweise ausfallen müssen? Die Ruhrbahn verneint das. „Die Quartierbuslinien werden von Fahrerinnen und Fahrern eines Subunternehmers gefahren, die speziell auf diese Linien geschult sind“, so Simone Klose. Hier könne man also nicht einfach Fahrer nach Belieben hin- und herschieben.
Die extra für das Projekt angeschafften Minibusse bieten maximal 33 Fahrgästen Platz. Was die tatsächliche Auslastung betrifft, erhebt die Ruhrbahn zwar nach eigenen Angaben regelmäßig Zahlen, will diese aber nicht nennen. „Die uns vorliegenden Fahrgastzahlen dienen ausschließlich der Abstimmung mit dem Aufgabenträger und werden wie mit der Stadt Essen vereinbart während der Pilotphase nicht veröffentlicht“, erklärte die Ruhrbahn-Sprecherin auf Nachfrage. Die Angabe der Ruhrbahn, das Projekt sei durchaus erfolgreich, lässt sich somit nicht überprüfen.
Linie zur Ruhrlandklinik war besonders umstritten
Das Quartierbus-Projekt mit den Linien 182, 192 und 190 startete in der Hochphase der Corona-Pandemie im Januar 2021 und trat mit dem Anspruch an, einen Beitrag zur Verkehrswende zu leisten, die die Stadt Essen sich vorgenommen hat. Sinn der Minibusse ist es, auch solchen Quartieren in Heidhausen und Fischlaken eine Busverbindung anzubieten, die eher abgelegen sind, in denen aber dennoch ein vermuteter Bedarf existiert. Es gab auch eine Bürgerinitiative, die eine Ausweitung der Haltestellen wünschte und erreichte.
Während die Busse 182/192 als gegenläufige Ringlinie angelegt sind, fährt der 190er zur Ruhrlandklinik und zurück. Diese Linie war zeitweise besonders umstritten, wurde dann aber leicht modifiziert weitergeführt. Start- und Endpunkt ist für alle Linien der S-Bahnhof Werden.
Durch ihr Erscheinungsbild und die Fahrzeuggröße sei die Akzeptanz der derzeit sechs gelben Minibusse bei den Bürgern und Nutzern gut, so die Ruhrbahn. „Die Fahrzeugreserve soll durch zusätzliche Neufahrzeuge, die sich in der Beschaffung befinden, aufgestockt werden.“ So solle dann ein typenreiner Einsatz auf den Werdener Linien gewährleistet werden.
Derzeit sechs Minibusse vom Typ Mercedes-Sprinter
Die Ruhrbahn hat für das Konzept der Quartierlinien eigens sechs Sprinter-Busse von Mercedes gekauft. Herkömmliche Fahrzeuggrößen seien für teils sehr enge Nebenstraßen nicht geeignet. Es handelt sich um Minibusse des Typs Sprinter City 75. Mit einem Fassungsvermögen von bis zu 33 Fahrgästen sind sie deutlich kürzer und schmaler als ein Standardbus. Sie sind barrierefrei einsetzbar, weil sie über Klapprampen verfügen.
Der Fahrgastraum ist mit 14 festen und fünf Klapp-Sitzen sowie einem Rollstuhl- bzw. Kinderwagenplatz eingerichtet, zudem sind wie üblich Stehplätze vorhanden. Trotz ihrer Kompaktheit waren die Busse auch unter Corona-Bedingungen einsetzbar, denn die Klimatisierung erfolgt per Front- und Aufdach-Klimaanlage.
Pilotzeitraum wurde wegen Corona „unbestimmt verlängert“
Durch den coronabedingten Start sei der Pilot-Zeitraum „unbestimmt verlängert worden, um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten“, heißt es weiter. Und: „Mit der Stadt Essen ist eine weitere Beobachtung des Quartierbussystems vereinbart und es findet dazu ein regelmäßiger Austausch statt.“ Es drängt sich der Eindruck auf, dass ein Erfolg des Projekts auch aus politischen Gründen dringend gewünscht ist.
Laut Ruhrbahn „liegen zahlreiche Vorschläge zu Ausweitungen des Angebots vor“, die gesammelt würden, um sie zu einem späteren Zeitpunkt mit der Stadt Essen zu bewerten. Konkret nachgefragt, ist dann nur noch von „vereinzelten Vorschlägen von Bürgerinnen und Bürgern zu ,ihrem’ Gebiet“ die Rede. Eine zeitnahe Ausweitung scheide aber bedingt durch die Fahrzeuganzahl aus. Immerhin könne man von großer Strahlkraft berichten: „Das Konzept Quartierbus ist inzwischen über die Stadtgrenzen von Essen hinaus bundesweit bekannt. Aus anderen Regionen liegen uns sogar Anfragen vor, die das Konzept gegebenenfalls übernehmen wollen“, berichtet Simone Klose.